Auf den Spuren der Großeltern und Eltern

Österreicher reisen durch das Banat und Siebenbürgen

Johann Hermann war der erste evangelische Pfarrer in Liebling. Er bekleidete das Pfarramt zwischen 1787-1837. Foto: die Verfasserin

Liebling - „Wir sind unterwegs auf den Spuren der Großeltern und Eltern unserer Pfarrgemeindemitglieder, die 1944 aus dem Banat, aus Liebling, aus Nordsiebenbürgen, aus der Gegend von Bistritz und aus der Nähe von Schäßburg, aus Felddorf, geflüchtet sind“, so der deutsche Pfarrer Frank Schlessmann der Evangelischen Kirchengemeinde Mattighofen in Österreich anlässlich des Treffens in Liebling. Seit 2009 organisiert und führt Frank Schlessmann jedes zweite Jahr eine Reisegruppe bestehend zumeist aus den Nachkommen der evangelischen Banater und Siebenbürger Deutschen, die 1944 vor den russischen Truppen geflüchtet sind und sich in der Gemeinde Mattighofen in Oberösterreich angesiedelt haben, nach Rumänien. „Jetzt sind zum Großteil die Kinder und Enkel mitgekommen, die sehen wollen, wo ihre Eltern, Großeltern und Urahnen gelebt haben, wie die Dörfer und Kirchen aussehen. Manche suchen das Haus ihrer Eltern und Großeltern oder die Gräber der Groß- und Urgroßeltern auf dem Friedhof“, fügt Frank Schlessmann hinzu.


„Vor sechs Jahren war ich das erste Mal hier. Es war schon sehr emotional für mich, denn ich dachte, meine Eltern sind vielleicht gerade auf dieser Straße oder in der Kirche gewesen“, sagt die 67-jährige bereits in Österreich geborene Karin Schinwald mit bewegter Stimme. Gemeinsam mit ihren Eltern flüchteten ihre Mutter und ihre erste Tochter, in Liebling geboren, 1944 aus ihrem Heimatort. Ihr Vater, damals „noch im Krieg“, konnte sich erst 1946 seiner Familie, die er über das Rote Kreuz fand, anschließen.

Einen ersten Gottesdienst hielt Pfarrer Frank Schlessmann in der 1823 errichteten evangelischen Kirche in Liebling für die 47 mitreisenden Gemeindemitglieder aus Mattighofen und Umgebung. An der Orgel: der evangelische Pfarrer Walter Sinn aus der Arader Ortschaft Semlak, der auch die Gemeinde in Liebling betreut. 4.160 deutsche Einwohner zählte Liebling 1944, davon ist etwa die Hälfte mit Wagen und Pferd nach Österreich in den Raum Braunau geflüchtet. Von den 2.158 Flüchtlingen kehrten 99 zurück. Derzeit leben nur noch 20 Deutsche in Liebling, zum großen Bedauern von Walter Sinn. Einem zweiten Gottesdienst ihres Pfarrers Frank Schlessman werden die Österreicher in Moritzdorf, in Nordsiebenbürgen, beiwohnen können, denn ihre Reise führt aus dem Banat über Siebenbürgen, nach „Hermannstadt, Schäßburg, Bistritz bis in die Bukowina nach Jakobini, wo wir uns mit den letzten Bukowiner Deutschen treffen werden“, schließt Frank Schlessmann.