Auf der Suche nach Freiheit

Ein Sänger aus Chile bereist die Welt und entdeckt Rumänien

Überall ist Javier mit seiner Gitarre dabei. Hier in Temeswar im Botanischen Garten an einem schönen Frühlingstag kurz vor seiner Abreise nach Serbien. Ursprünglich wollte er nur noch Budapest besuchen und dann zurück nach Hause fliegen. Dann hat er sich in Rumänien verliebt.

Es war im Winter als Javier Emilio Cisternas Najle seine Heimatstadt Constitucion verließ und nach Santiago aufbrach. Drei Monate Urlaub wollte sich der Englischlehrer gönnen, nahm dafür einen Rucksack, ein Zelt, rund 600 Dollar und seine Westerngitarre mit. Mehr sollte der talentierte Sänger nicht brauchen. Die Reise, die er plante, führte ihn schnell ins Ungewisse. Zuerst wollte er per Anhalter nach Argentinien fahren. Von dort brach er nach Bolivien auf und schließlich nach Peru. Das Geld, das er sich mühevoll zusammengespart hatte, war weg und auch über die drei Monate war er längst hinaus. Javier (26) sah sich so schnell nicht mehr nach Hause zurückkehren. Auf der Suche nach dem Unbekannten, nach einem Abenteuer, nach der Freiheit, würde es den jungen Mann zurück nach Bolivien verschlagen. „Du kannst alles haben: Geld, Partys und Frauen“, sagte dort ein Freund zu ihm. Alles was er brauchen würde, hätte er bereits bei sich: eine Gitarre und seine Stimme. Alles was er tun müsste, wäre singen und spielen. Auf den Straßen, in Clubs, auf Partys, wo immer sich die Gelegenheit bietet. Die Leute würden ihm schon Geld geben. Genug um über die Runden zu kommen.

Javier hörte auf seinen Freund und brach nach Brasilien auf. Lebte das Leben, ließ sich treiben. Schließlich lernte er eine junge Frau kennen. Eine Deutsche.

Ihr folgend brach der Sänger in die Alte Welt auf. Über den Atlantik nach Europa. Genauer gesagt nach Deutschland. Doch in dem Land fühlte sich Javier nicht heimisch. Die Mentalitätsunterschiede machten ihm zu schaffen. Darum entschied er sich nur noch eine Stadt in Europa zu besuchen. Nur noch ein Land ehe er nach Hause zurückkehren würde. Es verschlug ihn nach Budapest. Europäer empfand er als eher kalte Menschen, weniger herzlich, eben anders als er es aus Chile kannte. Dann traf er neue Freunde und auf eine andere Seite Europas. Er kam nach Rumänien, reiste nach Bukarest. Spielte dort auf der Straße, in der U-Bahn, in Clubs. Lernte neue Menschen kennen.

Und schließlich kam Javier Emilio Cisternas Najle über Umwege nach Temeswar, machte einen Zwischenstopp ehe er nach Serbien aufbrechen sollte. Hier hielt er im Rahmen der Veranstaltungen des Vereins Incubator107 ein Konzert. Inzwischen ist es wieder Frühjahr. Aus den drei Monaten sind drei Jahre geworden. Aus der Südamerika-Tour ist eine Weltumrundung geworden, eine Halbe, aber noch hat Javier seine Heimreise nicht angetreten. Denn der Englischlehrer aus Constitucion, Chile sucht nach der Freiheit, nach dem Abenteuer. Darum lässt er sich treiben, lässt sich von Fremden lotsen, erfüllt die Straßen fremder Städte mit seiner Musik.