BANATER KIRCHEN: Die verschwundene Perle Temeswars

Die Kirche des „Heiligen Johannes von Nepomuk“ in der Inneren Stadt (abgerissen 1911)

Ehem. Kirche der bosnischen Franziskaner, später der Piaristen (abgetragen 1911).
Foto: Archiv des Piaristenordens, Budapest; digitalie Kopie im Bistum Temeswar, etwa 1910/11

Der Orden der Minderen Brüder, der Franziskanerorden, übte seit Jahrhunderten seine Tätigkeit in Temeswar durch seine Mönche aus. Die Franziskaner der Ordensprovinz „Bosna Argentina“ sicherten in dieser Zeit, nebst ihren Brüdern der Ordensprovinz „Santissimi Salvatoris“, trotz großer Gefahren, die Seelsorge der Temeswarer Katholiken. Nach der Befreiung Temeswars und des Banats, 1716, von der osmanischen Herrschaft, gestalteten die Söhne des hl. Franziskus ihre Tätigkeit in der Stadt um. Im Oktober 1716, während der Stadtbelagerung, zerstörten oder beschädigten die Kanonen des habsburgischen Heeres die meisten Gebäude. Erst am 19. März 1733 wurde der Grundstein der neuen Kirche der bosnischen Brüder gelegt, die anscheinend ungefähr an der Stelle eines mittelalterlichen Gotteshauses errichtet wurde. Diese neue Kirche stand an der Ecke des Paradeplatzes (heute: Freiheitsplatz), neben dem Gebäude des Deutschen Magistraten (altes Bürgermeisteramt bzw. das sog. „Stadthaus“). Gleichzeitig mit der Kirche wurde auch ein neues Kloster mit Innenhof und Kreuzgang errichtet, ein Gebäude, das auch gegenwärtig in der Emanuil-Ungureanu-Straße (damals „Stadthausgasse“ genannt) zu sehen ist. Das ehemalige Kloster beherbergt zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Kunstvolkshochschule sowie das Kultur- und Kunstzentrum des Kreises Temesch.

Die Kirche, die in einem für Temeswar einzigartigen italienischen Barockstil errichtet wurde, ist am 8. Dezember 1736, am Hochfest der Unbefleckten Empfängnis, vom Tschanader Bischof Adalbert von Falkenstein geweiht worden. Zum Schutzpatron der Kirche wurde der Heilige Johannes von Nepomuk gewählt, insbesondere, da dieser schon 1722 zum Schutzpatron des Banats wurde und da am Platz neben dem Gebäude des Deutschen Magistraten eine Statue dieses Heiligen errichtet wurde. Die kaiserliche Verwaltung der Stadt, bzw. ein beträchtlicher Teil ihrer Mitglieder, die aus Böhmen stammten, verehrten diesen Heiligen und gründeten 1727 eine Bruderschaft, die geistlich von den bosnischen Franziskanern begleitet wurde. Diese frommen Temeswarer trugen den Namen „Bruderschaft der Unbefleckten Empfängnis und des Heiligen Johannes von Nepomuk“, deren Ziel, unter anderem, die Bekanntmachung dieses Heiligen und der guten, moralischen Sitten war.

Über dem Hauptaltar der Kirche, der in prunkvollen Barockstil errichtet wurde, befand sich ein großes Gemälde, das den Heiligen Johannes von Nepomuk im Beisein von Engeln darstellte, mit der Stadt Temeswar an seinen Füßen liegend, so wie diese in den Stichen des 18. Jahrhunderts dargestellt wurde. Über dieses Gemälde wurde viel gesprochen, wobei die meisten Fachleute der Auffassung sind, dass sie eigentlich für die Domkirche gedacht war und von Michael Angelo Unterberger, dem Leiter der Akademie der Bildende Künste in Wien, entworfen war. Unterberger hat unter anderem 1754 ein Gemälde, das den Heiligen Georg darstellt, für den Hauptaltar der Domkirche gemalt. Die Hypothese, dass von Unterberger nur eine Skizze und kein Gemälde des Heiligen Johannes von Nepomuk stammt, bleibt vorläufig unklar, zumal aus den vorhandenen fotografischen Dokumenten eine mehr als auffallende Ähnlichkeit zwischen der Skizze des Wiener Malers und das Gemälde des Hauptaltars der Nepomuk-Kirche besteht.

Am Hauptaltar befand sich auch ein barockes Tabernakel, das von zwei kleineren Gemälden flankiert wurde. Diese stellten die Jungfrau Maria und den Erzengel Gabriel dar - die zusammen die Szene der Verkündigung bildeten (diese Gemälde befinden sich nun im Diözesanmuseum Temeswar). Oberhalb des Tabernakels befand sich eine Kopie des wundertätigen Gnadenbildes von Maria Radna, die Ende 1750 angefertigt wurde und seitlich auch den Domherrn Johannes Szlezak, der im gleichen Jahr das Anerkennungsverfahren von Radna als Wallfahrtsort geleitet hat, darstellte. Leider sind sowohl das große Gemälde des Heiligen Johannes von Nepomuk, als auch das kleine Gemälde, die Kopie des Gnadenbildes der Heiligen Jungfrau Maria aus Radna, spurlos verschwunden.

Am 13. Mai 1770 wurde die Kirche des Heiligen Johannes von Nepomuk vom mitregierenden Kaiser Josef II. betreten, der die Stadt und das Banat zum zweiten Mal besuchte. Da am gleichen Tag der Geburtstag der Kaiserin Maria Theresia, die Mutter des jungen Monarchen war, nahm dieser an einer feierlichen Messe, auf die Gebetsintention der Kaiserin, in der Franziskanerkirche teil.

Infolge der Reformen Josef II., die auch die Tätigkeit der religiösen Orden beeinflussten, sind die Franziskaner 1788 gezwungen, Temeswar zu verlassen. Ihre Kirche samt Kloster wurden den Piaristen übergeben, die im selben Jahr aus Sanktanna hierher umgesiedelt wurden. Die Piaristen beginnen 1789 ihre Tätigkeit in Temeswar, als sie im angrenzenden Kloster auch ein Gymnasium eröffneten, das in der gesamten Region später berühmt wurde. Unter den vielen Persönlichkeiten, die diese Schule besuchten, befand sich der rumänische Schriftsteller Ioan Slavici, der aus Hellburg/[iria stammte.

Ein weiterer wichtiger Moment in der Geschichte dieses Gotteshauses war die Unterbringung 1809, während der schweren Kämpfe zwischen den Habsburgern und dem napoleonischen Frankreich, der Krone und der kaiserlichen Insignien des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, in der Krypta der Kirche des Heiligen Johannes von Nepomuk zu Temeswar. Die Stadtmiliz, die 1808, also nur ein Jahr davor, gegründet worden war, bewachte die Holzkisten mit dem österreichischen Schatz, ohne zu ahnen, was für wichtige Gegenstände darin versteckt waren.

In der Kirche des Heiligen Johannes von Nepomuk, die zum damaligen Zeitpunkt bereits den Piaristen übergeben wurde, fand am 10. Mai 1801 die zweite bischöfliche Konsekration in der Geschichte der Bega-Stadt statt, und zwar die von Ladislaus Köszeghy von Remete, sowie 1829 die dritte, jene von Antonius Török, beide Bischöfe von Tschanad mit der Residenz in Temeswar.

Da die alte Kirche aus dem 18. Jahrhundert sich in einem sehr schlechten Zustand befand, errichteten die Piaristenpatres 1909 eine neue Kirche, zusammen mit dem imposanten Schulkomplex, der gegenwärtig auf dem König-Ferdinand-Boulevard Nr. 3 steht. Die alte Kirche wurde von der Stadtverwaltung übernommen und 1911 abgerissen, nachdem aus deren Krypta die menschlichen Überreste von 261 Persönlichkeiten, Ordensangehörigen, hochrangigen Militärpersonen und österreichischen Soldaten, von denen einige die Stadt bei der Belagerung 1849 verteidigten, geborgen und am Militärfriedhof neu-bestattet wurden. In dieser Gruft konnte auch das Grab der adeligen Johanna von Honrath, die Ehefrau des Karl von Greth, Festungskommandant von Temeswar identifiziert werden. Johanna von Greth war in ihren jungen Jahren die erste große Liebe Ludwig van Beethovens gewesen.