Berichterstattung zum Thema Wirtschaft im Fokus

ADZ/BZ-Debatte brachte Journalisten und Unternehmen an den selben Tisch

Im Karl-Singer-Festsaal des AMG-Hauses in Temeswar trafen sich Unternehmer und Journalisten zu einer lockeren Gesprächsrunde.
Foto: Raluca Nelepcu

„Meine Message war, dass die Medien nur dem Geld nachlaufen“, sagte Daniel Marcu, Geschäftsführer der ecoplus International Rumänien GmbH. In den vergangenen neun Jahren habe die Wirtschaftsagentur des Landes Niederösterreich nicht mehr als sechs Pressemitteilungen an die Medien verschickt  – die Hälfte der Journalisten, die diese erhielten, meinte, diese nicht bzw. nur gegen eine Bezahlung veröffentlichen zu können. Und dabei habe es sich um Investitionen gehandelt, die Arbeitsplätze generieren, betonte Marcu, enttäuscht, im Rahmen der von der BZ veranstalteten Debatte, zu der Lokaljournalisten und deutsche Unternehmer eingeladen waren. Ungefähr zehn Journalisten und an die 20 Firmenchefs kamen auf Einladung von ADZ/BZ-Redakteur Siegfried Thiel Ende vergangener Woche im Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus zusammen. Thema der Diskussionsrunde war die Berichterstattung über Wirtschaftsthemen in Lokalmedien. In den vergangenen fünf bis sieben Jahren sind diese Themen fast komplett aus den Medien verschwunden – an ihre Stelle traten sogenannte „Sensationsnachrichten“, die unter Kennern als „Soft News“ gelten: Zank unter Promis, Autounfälle, u.Ä.

„Warum verlangen die Publikationen Geld, ohne im Gegenzug auch etwas zu leisten?“, wandte sich Werner Wolff, Geschäftsführer von Banat Car Temeswar, an die Journalisten im Saal. Seine Meinung teilten einige der anwesenden Unternehmer, die darauf hinwiesen, dass die Medien vor allem Skandalthemen aufgreifen. „Wenn eine Firma eröffnet wird und dadurch Arbeitsplätze geschaffen werden, so wird das als ´Eine große Firma hat das und das gemacht´ in den Publikationen erwähnt. Der Name des Unternehmens fällt nur, wenn er mit einer negativen Schlagzeile in Verbindung steht“, hob Andreea Kremm, Gesellschafterin von Netex Consulting, hervor.

Der als Moderator eingeladene Lektor der Kommunikationswissenschaften an der West-Universität, Lucian Vasile Szabo, bemerkte auch, dass es seitens der Firmen eine gewisse Zurückhaltung gibt, Werbung zu schalten. Dennoch sei es wichtig, Präsenz zu zeigen, denn das würde zum guten Image des Unternehmens beitragen, so Szabo.  Dass Pressemitteilungen, die Unternehmen an die Medien schicken, nicht beachtet werden, liege unter anderem aber auch daran, dass sie schlecht geschrieben sind, sagte Bogdan Marta, Chefredakteur der Online-Publikation tion.ro. Auch Waldemar Steimer, der den Versicherungsbroker OVB in Arad vertritt, hob diesen Aspekt hervor. Steimer versetzte sich sogar in die Lage der Journalisten. „Viele Unternehmen verschicken Pressemitteilungen und erlauben es den Redaktionen nicht, diese überhaupt zu bearbeiten. Man kann aber diese Sachen nicht so abdrucken, wie sie geschickt werden“, betonte Steimer.

„Wenn wir eine Pressemitteilung bearbeiten wollen und diesbezüglich bei den Unternehmen nachfragen, so sind – gerade im Falle von Großbetrieben - -zig Genehmigungen nötig“, sagte Bogdan Marta. Viele Firmenchefs würden es nicht verstehen, dass der Faktor „Zeit“ in der Presse eine wichtige Rolle spielt: Reagiert das Unternehmen nicht prompt bzw. noch am selben Tag, so sind die Infos, die zu spät kommen, nicht mehr benutzbar. Waldemar Steimer, der auch im Vorstand des Arader Deutschen Wirtschaftsvereins sitzt, erzählte von einem Projekt, das er zusammen mit einem Journalisten aus Arad gestartet hat – nämlich eine Reihe von Interviews mit deutschen Unternehmen, mit Fokus auf KMU. „Wir haben mit Freude feststellen können, dass diese Artikel viel angeklickt und gelesen wurden. Das Feedback war ein sehr Positives“, sagte er und wollte damit hervorheben, dass nicht nur negative Schlagzeilen bei den Lesern angekommen. „Es muss eine Kompromisslösung gefunden werden: Die Medien müssen uns entgegenkommen, aber auch wir müssen diese unterstützen“, so Waldemar Steimer.

Der Direktor des Regionalbüros des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders TVR, Lucian Ionică, gab im Rahmen der Debatte bekannt, dass er eine Wirtschaftssendung bei TVR Timişoara einführen möchte. Der Journalist Adrian Marcu stellte seine Online-Publikation „Banatul azi“ vor, die noch in diesem auch in einer Print-Variante auf den Markt kommen soll. Marcu versprach, dass darin Beiträge des Qualitätsjournalismus zu lesen sein werden, wie es sie früher mal gab – Reportagen, Kommentare, Recherchen.

Zu den Initiativen, die von der Mehrheit der Diskussionsteilnehmer begrüßt wurden, zählte jene von Andreea Kremm: Sie hatte die Idee eines Workshop mit Journalisten, Unternehmern und PR-Spezialisten, in dem die involvierten Parteien voneinander erfahren, was für sie jeweils interessant sein könnte. Lucian Ionică bot, ohne lange zu überlegen, an, den Workshop am Sitz von TVR Timişoara in absehbarer Zeit organisieren zu wollen. DWC-Präsident Peter Hochmuth sprach sogar von einem Stammtisch, bei dem die Gespräche zwischen Journalisten und Unternehmern in ungezwungener Atmosphäre stattfinden könnten. Egal, ob Workshop oder Stammtisch: Weitere Treffen zwischen Banater Journalisten und Unternehmern wird es bestimmt geben. Beide Seiten zeigten sich bei der BZ-Debatte an derartigen Diskussionsrunden interessiert.