Brad Pitt und die Paranoia

Bastion-Festival will unabhängiges Theater fördern

Brad Pitt wollte nur einen Spielfilm über den Klimawandel drehen: Die Hollywoodmaschinerie treibt den Superstar in den Wahnsinn in Christian Lollikes Satire „Cosmic Fear oder Der Tag, an dem Brad Pitt Paranoia bekam“

Der Däne Christian Lollike schreibt keine konventionellen Stücke. Was in seinen skurrilen Geschichten abgeht, das entzieht sich den „Normalismen“ des Alltags. Hat es etwas mit gesundem Menschenverstand zu tun? Jein. Schon der Titel stimmt auf die verdrehte Welt ein, in die uns der Dramatiker eintauchen lässt: „Cosmic Fear oder Der Tag, an dem Brad Pitt Paranoia bekam“. Dabei ist das Thema keineswegs an den Haaren herbeigezogen. Es geht um den Klimawandel und wie man ihn aufhalten kann. Hollywood-Superstar Brad Pitt möchte es mit einem Spielfilm tun und kollidiert mit der Industrie des Scheins und ihrer anziehenden Wirkung auf Scharlatane, geldgierige Halunken und Verrückte. Sie alle buhlen um die Aufmerksamkeit des Schauspielers, hier Regisseurs. Dabei geht die Wahrheit über den Klimawandel, die auch ausgesprochen wird, im Sumpf aus Lügen und Träumereien unter.

Lollikes Ökoapokalypse hat Regisseur Ion Ardeal Ieremia für das Theaterfestival „Bastion“ inszeniert. Den dramatischen Text durften Temeswarer schon während des Festivals „Dramalogue“ kennenlernen. Im Rahmen des Festivals, das Ende Oktober stattgefunden hat, lasen Schauspieler vom Nationaltheater Lollikes Stück vor.

Jetzt wurde daraus eine vollwertige Theaterproduktion mit den Schauspielern Richard Hladik vom Deutschen Staatstheater Temeswar, Cristina Dumtiru und Bogdan Spiridon vom Nationaltheater. Und Ieremias Inszenierung ist genauso verrückt, wie der Text Lollikes. Was anderes hätte auch nicht zustande kommen können. 

Unabhängiges trifft auf Staatstheater

Sowohl das Festival „Bastion“ als auch „Dramalogue“ wurden vom Verein „Teatru pentru Tine“ organisiert. Mit „Bastion“ hat Temeswar/Timi{oara ein zweites Festival für unabhängiges Theater erhalten. Das erste namens „Antagon” wurde bereits zum zweiten Mal veranstaltet. Sie fand Ende Oktober statt, fast zeitgleich mit „Dramalogue”. Jetzt, fast einen Monat später, folgt „Bastion”. Aufgrund der Beteiligung von Schauspielern, Regisseuren, Theatermachern von den Staatstheatern, erinnert die Initiative an das Hollywood-Model der großen Studios, die durch Tochterunternehmen versuchen, die unabhängige Szene zu fördern. Anders als das vom unabhängigen Theater organisierte „Antagon”-Festival, erkennt man bei „Bastion” die Unterstüzung der Großen hinter dem Vorhaben. Die Stücke, vier an der Zahl, waren allesamt Premieren, das erste Mal in Temeswar und überhaupt in Rumänien gespielt. „Belvedere” wurde von dem Schauspieler Marius Lupoian inszeniert, Straße Nr. 4 von Adrian Jivan. Das gesamte Festival dauerte drei Tage und fand in der Theresien-Bastei statt. Die Zuschauerplätze waren spärlich und dementsprechend waren auch die Vorstellungen ausverkauft.

Höhepunkt war „Cosmic Fear oder Der Tag, an dem Brad Pitt Paranoia bekam“. Lollikes Satire in der Regie von Ieremia wird man bestimmt auch am Nationaltheater sehen, womit auch „Bastion“ eine Brücke zwischen dem unabhängigen und den staatlich finanzierten Theatern schlagen könnte. Dieser Brückenschlag missfällt einigen Theaterliebhabern, die befürchten, dass etwas Entscheidendes verloren geht, was auch eine Gruppe wie „Au²leu“ so besonders macht: Kreativität frei von Kalkül.