Das Stehaufmännchen als Saubermann

„Wenn du noch nie in deinem Leben einen Tropfen Alkohol getrunken hast, und drei Menschen auf der Straße sagen, unabhängig voneinander, dass du besoffen bist – dann geh nach Haus und leg dich schlafen!“ Diesen Lieblingsspruch meines ehemaligen jüdischen Arbeitskollegen in der NW-Redaktionsvertretung Reschitza sollte Präsident Traian Basescu sich zu Herzen nehmen – und nach Hause gehen. Zum Schlafenlegen. Denn nach den Vorfällen vom vergangenen Donnerstag und Freitag rund um seinen Bruder bleibt das für ihn die einzige Möglichkeit, mit einem letzten Rest Ehre sich aus dem politischen Leben aus dem Staub zu machen.

Dieses politisch hochbegabte Stehaufmännchen, das sich aus jedwelcher Lage herauszuschlängeln versteht, Leichen hinterlässt und über Leichen schreitet, wenn es um die Rettung seines politischen Egos geht, hat am Abend des vergangenen Donnerstags einmal mehr sein wahres Gesicht gezeigt; er drückte auf die Tränendrüsen der Fernsehzuschauer und zeigte, wie einfach es ist, seinen eigenen Bruder zu opfern, um im politischen Geschäft zu bleiben. Das allein ist aus seiner demagogischen Erklärung zu schließen, dass er, vor die Wahl zwischen Bruder und Justiz gestellt, die Justiz walten lasse.

Das klingt gut. Vor allem in den Ohren derjenigen, die ihn 2012 gerettet haben, indem sie das Referendum bezüglich seines Verbleibs schwänzten, oder – schon wieder – in den Ohren der westlichen Botschaften und ihrer Brotgeber in Washington, London, Paris oder Berlin.

Dieser Mensch tut nichts ohne Hintergedanken. Sein Hintergedanke ist diesmal: wenn ich nur ausdauernd genug auf dem Pferd des Saubermanns reite und da nicht runtersteige, bleibe ich im politischen Geschäft und sichere meine politische Zukunft Post-Präsidentschaft –  Regierungschef als mittelfristiges Ziel.

Dafür ist dem jeder Preis recht. Dafür hat er Parteien entzweit, dafür die politische Rechte Rumäniens zerstückelt, dafür hat er bei Bedarf den Rüpel in ihm kalt berechnend durchgehen lassen, dafür auf die eigenen und die Tränendrüsen seiner wahlberechtigten Naivlinge gedrückt. Dafür schob er vergangenen Donnerstag abend nasenrümpfend seinen Bruder mit der Fußspitze beiseite, wie einen ekligen Haufen Dreck. Wie könnte ein Saubermann neben einem Haufen Dreck existieren? Aber der soll weismachen, wem er will, dass in seinen Geheimdienstberichten nie was über seinen Bruder Mircea aufschien... . Er schwieg dazu. So lange es ging.

Dass Basescu überhaupt nicht daran denkt, zurückzutreten, angesichts der – zugegeben: noch lange nicht bewiesenen – Einflussnahme- und Schmiergeldaffaire seines Bruders, ist damit zu erklären, dass er sein (politisches) Leben danach noch nicht in für ihn zufriedenstellende (also erfolgversprechende) Bahnen gelenkt hat. Dafür braucht er noch die präsidiale Allmacht über die Geheimdienste, die Reste seines Saubermannimages, sein Bild als Garant einer unparteischen, unabhängigen und effizienten Justiz – die längst ohne seine „Schirmherrschaft“ funktioniert....[1]

 


[1] Dieser Beitrag wurde am vergangenen Freitag am frühen Nachmittag geschrieben. Unabhängig des inzwischen Geschehenen, bleibe ich bei obigen Behauptungen. wk