DER BZ-KOMMENTAR: Armseligkeiten

Rumänien ist flächenmäßig das sechsgrößte Land der EU. Rumänien liegt als Bruttoinlandsprodukt (BIP) etwa an 17. Stelle in EU-Europa. Aber Rumänien liegt an erster Stelle bezüglich des Prozentsatzes der im Haushalt vorgesehenen Infrastrukturausgaben, die Anteile des BIP sind. Das Problem: das sieht man nicht! Senator Florin Cîţu (PNL), einer der klügsten Parlamentarier, die noch nicht von der „Parlamentarierkrankheit“ (Abgehobensein, Überheblichkeit, Besserwisserei, Selbstbedienungsmentalität usw.) befallen sind, der aus der Opposition um politisch-ökonomische Normalität im parlamentarischen Vorgehen kämpft, warf unlängst den Begriff des „Euroexit“ auf den inländischen Begriffsmarkt, meinte damit den Kurs der PSD-ALDE-Regierung Grindeanus: deklarativ sei man EU-zugehörig, Tat-sächlich entferne jeder neue Eilbeschluss Rumänien weiter von der EU. Neuerdings reklamiert auch die PSD-treue EU-Kommissarin Corina Creţu dieses Vorgehen.

Dies gelte nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, erklärte Wirtschaftsfachmann Cîţu (unisono mit einer Reihe politischer Kommentatoren, die der Zivilgesellschaft nahestehen) unlängst, sondern auch in juristischer Hinsicht: Justizminister T. Toader steuere auf die Absetzung des Generalstaatsanwalts Augustin Lazăr und der DNA-Chefin Laura Codruţa Kövesi zu, dann auf die Suspendierung von Präsident Klaus Johannis, während welcher dessen verfassungsmässiger Stellvertreter, Senatschef Popescu-Tăriceanu, die zeitweilige Macht nutzen werde, den Gesetzesbrechern um PSD-Chef Dragnea und Tăriceanu selber genehme Schleimer einzusetzen, sich also die Justiz untertan und gehorsam zu gestalten, was ein weiterer Schritt in Richtung „Putinisierung“ Rumäniens wäre. Dieses Drehbuch gilt als glaubhaft, auch wenn es unglaublich ist (sind die ununterbrochenen Diskreditierungsangriffe aufs Deutsche Forum, stellvertretend für Staatspräsident Johannis, anders?).

Der international anerkannte Graphikkünstler Dan Perjovschi formulierte das in „22“ (der Wochenzeitung der Gruppe für Sozialen Dialog) so; „Die Regierungskoalition hat offiziell die Xenophobie und den Nationalismus ent-fesselt. Nie war die deutsche Gemeinschaft aus Rumänien das Ziel so vieler Armseligkeiten. (...) jetzt würden sie Klaus sogar durch einen Eilbeschluss loshaben wollen.“

Die akute Gefahr einer „Putinisierung“ Rumäniens darf nicht leichtfertig ad acta gelegt werden. Senatspräsident Tăriceanu sagte erst unlängst: „Die Entwicklung Rumäniens muss trotz der Opposition der Machtinstitutionen (also der DNA) vorangetrieben werden“? Der Senatschef zeigt ungehemmt typische Züge eines autoritären nationalistischen Oligarchen russisch-putinscher Prägung: alldas im Sinne von „Entwicklung“ und „Erhöhung des Lebensstandarts“, bei Inkaufnahme „systemischer Korruption“.