DER BZ-KOMMENTAR: Ignoranz und Narzissismus

Sein  Wahlkampfslogan „Make America Great Again!“ war nicht originell: er stammt von Ronald Reagan. Politisch war er kaum: Merkantilismus (vom viermal Pleitegegangenen, der neuerlich Milliardär ist?), Jobversprechungen, Ausgaben, Rechnungszahlungen. Die „Rückkehr“ der Staaten zu goldenen Zeiten weckt vage Phantasien. Die 1950er Jahre, die er meint, waren vielleicht im Rückwärtsblick idyllisch. Grundwerte der USA sind ihm schnuppe. Seine „Regenerierung“ der US-Gegenwart ist strikt wirtschaftlich.

Donald Trump, der Präsident mit deutschen Wurzeln, bleibt in den ersten Tagen merkantilistisch. Er hat es geschafft, dass eine Richterin bereits eines seiner Dekrets aussetzte: wer die Green Card besitzt, darf ins Land. Trotz dekretiertem Willen Trumps. Ein Szenario, das wir noch oft erleben werden: der amerikanische Rechtsstaat im Krieg mit den eigenbrötlerischen Narzissisten Trump, seinem Präsidenten. Von dem wir bisher kein Wort darüber gehört haben, was er mit dem „neuerlich Groß“ seines Wunschamerikas meint. Messias Trump ragt, laut Selbstcharakterisierung, aus einem US-Meer von Schlechtigkeit, Unfähigkeit und Dekadenz hervor. Mittels seiner Unübertroffenheit als internationaler Unterhändler und seines genialen Wirtschaftskonzepts – Protektionismus, Abschottung, innerer Wiederaufbau, Arbeitsplätze, Kauf eigener Produkte – wird er die USA aus dem Sumpf herausziehen, in den es Vorgängerpräsidenten hineinbugsiert haben, Kennedy („die Menschenrechte sind keine Großzügigkeit des Staats, sie sind Gottes Wille“, 1961), Reagan („die USA werden der menschlichen Spezies zu Hilfe eilen, so oft in der Welt ein Hilfeschrei ertönt“, 1985), Bush („die US-Strategie der Unterstützung demokratischer Bewegungen und Institutionen aller Nationen und Kulturen“, und „Amerika schützt seine eigenen Grenzen, indem es an fernen Grenzen wacht“, 2005) oder Obama („das größte Interesse am Weltfrieden hat die größte der Nationen“, 2009).

Trump hält sich für besser als all seine Vorgänger. Wer ihm zustimmt, ist sein Freund, wer ihm widerspricht, sein Feind. Den Hintergrund dieser primitiven Schwarz-Weiß-Dichotomie und der Ignorierung amerikanischer Grundtraditionen der Politik bildet die persönliche Wirtschaftssicht Trumps in all ihrer Brutalität und ihrer schlammigen Prosa, genauso, wie er sie in seinem Inauguraldiskurs in Washington auslebte, lechzend nach huldvoll hingenommenem Beifall.

Europa wäre gut beraten, sich endlich wieder auf eine gemeinsame Linie festzulegen, bevor der Zangengriff Trump-USA – Putin-Russland zuschnappt. Dem Baltikum, der Ostukraine und Moldawien droht Re-Russifizierung. Trump will England privilegiert behandeln, alle anderen Westeuropäer nimmt er sich einzeln vor. Mit Mexiko und sieben islamischen Staaten hat es begonnen..