Der Weg zum Polizeistaat als Ziel

1978 urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der Causa eines Bürgers der Bundesrepublik Deutschland gegen die Bundesrepublik, dass flächendeckende präventive Abhörmaßnahmen und die Speicherung der Grunddaten, dass „Überwachungsmassnahmen, ohne adäquate und ausreichende Garantien“ „zur Zerstörung der Demokratie führen können unter dem Vorwand, sie zu schützen“. In unserem Land spricht kaum jemand vom Schutz der Demokratie. Dafür aber umso mehr von der „Nationalen Sicherheit“.

Mit seiner Unterschrift auf das Gesetz 298/2008 („Big Brother“-Gesetz) hat Präsident Basescu wieder Mal seiner Obsession gefrönt, der Nationalen Sicherheit - in Wirklichkeit seiner eigenen Langohr-Mentalität, der bestinformierte Mensch in Rumänien zu sein – und dazu das halbe Dutzend Sicherheitsdienste dieses Landes zu instrumentalisieren. Konkret geht es im leider viel zu wenig öffentlich dikutierten Gesetz um die Verpflichtung der Anbieter von öffentlichen Kommunikationsnetzen (Mobilfunk, Festnetz- und Internetbetreiber), die Gespräche und Kontakte jedes Bürgers – wer hat wann mit wem gesprochen und von wem an wen wurden Daten weitergeleitet? – sechs Monate lang zu speichern, das Gesetz 506/2004 zu „komplettieren“.

Vordergründig soll mit dem novellierten Gesetz die organisierte Kriminalität bekämpft, der Terrorismus und Attentaten gegen die Staatssicherheit vorgebeugt werden. Die Speicherdaten der Betreiber müssen den „kompetenten Autoritäten“ (keine klare Definition) zwecks „Untersuchungsaktivitäten zur Auf- und Entdeckung sowie zur Verfolgung schwerer Verbrechen“ zur Verfügung gestellt werden. Nicht gespeichert werden darf der Inhalt der verbalen oder schriftlichen Kommunikation. Garantien dafür? Keine. Die „kompetenten Organe müssen „innerhalb von 48 Stunden nach der Forderung der Speicherung“ die Betroffenen darüber informieren. Wie das garantiert wird? Gar nicht. Geht es um die Gefährdung der Nationalen Sicherheit, entfällt diese Information des Betroffenen sowieso. Wie wird Nationale Sicherheit definiert und wer definiert sie? Die Willkür.

Wir haben es schon mit dem dritten Gummigesetz mit gegen den Bürger gerichteten Maßnahmen zu tun, neben dem Gesetz zur Prävention und Bekämpfung von Terrorismus und dem Gesetz der Nationalen Sicherheit. Freie Interpretation, also Willkür, sind vorprogrammiert. Dass zu den Gesetzinitiatoren mehrere Abgeordnete gewordene Reservisten desSRIgehören, sei nur nebenbei erwähnt. Dass es kein Gesetz gibt, das den Bürger vor legalen oder illegalen Abhörinitiativen der Sicherheitsdienste schützt – am schwersten soll mitSRI-Technik das Kommunikationsnetz von UPC anzuzapfen sein... – und dass die EU-Direktive über Datenbearbeitung und Schutz persönlicher Daten der Bürger bei diesem Gesetz nicht ins Gewicht fiel, das kümmert am wenigsten den, der es gegengezeichnet hat.

Wie sagte doch ein Spitzenpolitiker, als er die Partei wechselte: „Ich fürchte mich, überhaupt ein Telefongespräch zu führen. Rumänien ist auf dem Weg zum Polizeistaat!“