Deutschsprachige Unternehmer wollen duale Berufsausbildung

Die Vorstellungen der Projektpartner gehen derzeit auseinander

Der Deutschsprachige Wirtschaftsclub Banat sei nach wie vor der beste Projektpartner des Schulamtes, sagt dessen Leiter Marin Popescu (1.v.r.) Foto: Constantin Duma

Die Berufsschulen in Rumänien müssen wieder ins Leben gerufen werden, darüber sind sich Unternehmen, Schulen und übergeordnete Strukturen einig. Die duale Ausbildungsvariante ist ebenfalls auf dem Reißbrett und auch dazu gibt es die Zusage, doch reibungslos verläuft der Prozess zur Einführung dualer Berufsbildung derzeit  sicher nicht. Das Besondere liegt - wie es die Banater Zeitung in einem ihrer Beiträge vermutet hatte - wieder mal im Detail. Zwar gab es auf verbaler Ebene zunächst scheinbar Klarheit und Einigkeit, kurz bevor das Gesetz angewandt werden muss, ist es jedoch ins Stocken geraten. Dies ging nicht zuletzt aus einem sogenannten „Journalistenfrühstück“ hervor, bei dem sich Mitglieder des Deutschsprachigen Wirtschaftsclubs Banat, Deutschlands Konsul in Temeswar, Klaus Christian Olasz, der Leiter des Temescher Schulamtes, Marin Popescu und die Medien gegenüber saßen. „Die Schulen berufen sich strikt auf das Gesetz, obwohl wir die Zusage von Minister und Schulamt hatten, dass wir innerhalb des Gesetzes ein Pilotprojekt nach dem Muster der dualen Ausbildung in Deutschland und Österreich wollen", sagt Peter Hochmuth, Vorsitzender des Wirtschaftsclubs und einer der Förderer des Projekts.

Unternehmer soll Azubis auswählen

Die Initiative der Unternehmer aus dem Wirtschaftsclub ist ins Stocken geraten, weil vor allem die Ansichten über die Aufnahme der Schüler scheinbar gehörig auseinander gehen. Die Schulen wollen nach klassischem Modell die Schüler auswählen, die Unternehmer sehen duales Ausbildungsmodell mit Mitspracherecht bei der Auswahl der zukünftigen Azubis bzw. Mitarbeiter, und Implikation bei der Erarbeitung von Lehrplänen und Prüfungen. „Wir haben Hochschulabgänger und Unqualifizierte - dazwischen gibt es gar nichts“, resümiert Peter Hochmuth. Gerade da wollen die Unternehmer und Werksleiter aus dem deutschsprachigen Raum aktiv werden und Fachleute nach westeuropäischen Kriterien ausbilden. Derzeitigen Planungen nach werden kommendem Herbst im Verwaltungskreis Temesch in 2-3 Klassen Jugendliche in Mechatronik, Metallverarbeitung und im kaufmännischen Bereich ausgebildet. Diese Klassen haben den Anspruch, nicht nur als Modell zu dienen, sondern auch den derzeitigen Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt zu entsprechen. „Die besten Fachlehrer sollen dafür herausgesucht werden“, hatte es bereits Ende 2011 auf Ministerebene geheißen. Und die deutschen Unternehmer können sich durchaus vorstellen, Fachleuter aus dem Ausland heranzuziehen. Konkrete Vorstellungen dazu haben die Mitglieder des Wirtschaftsclubs bereits.

Konzept: Für den Anfang mit mäßigen Schritten

Ein Anreiz dürfte die Initiative der deutschsprachigen Unternehmer auf jeden Fall sein, denn Schule und Unternehmen würden dem Jugendlichen über Partnerschaften etwa einen Mindestlohn als finanzielle Unterstützung zukommen lassen. "Danach erhält er eine sichere Stelle im Unternehmen und hat eine gehobene Qualifizierung", sagt Hochmuth. Zwar stehen in 14 Schulen im Verwaltungskreis Temesch etwa 500 Plätze in Berufsschulen zur Verfügung, doch kann sich der Wirtschaftsclub keineswegs weit aus dem Fenster lehnen und alle beanspruchen. Etwa 60 Lehrlingen wollen sich die deutschsprachigen Firmen annehmen 

Da es als Pilotprojekt gedacht ist, wollen Unternehmer und Schulbehörde das Unterfangen vorerst nicht auf breiter Basis angehen, sondern vielmehr geht es darum, dass das Modell deutscher und österreichischer Berufsschulen als duale Ausbildung übernommen wird. „Es wäre sinnvoll, die Aktivitäten für gleiche/ähnliche Berufsfelder zu bündeln, so dass nicht jede Firma separat tätig wird und wir uns in der Pilotphase auch auf wenige Schulen zu konzentrieren.

Im ersten Jahr sollten wir auch vorsichtig sein, was die Anzahl von Lehrlingen betrifft, denn diese müssen schließlich auch betreut werden“, hatte Christian von Albrichsfeld, Entwicklungsleiter bei Continental Automotive Romania, bereits in der Konzeptplanung gesagt. Die großen Betriebe sind bereit, für die Berufsschüler einen Ausbildungsvertrag mit der jeweiligen Partnerschule und mit dem Schüler zu schließen und diesem dann nach Abschluss auch einen Arbeitsplatz zu sichern.

Schüler können ab neuester Regelung noch während der 9. Klasse ihre Option aussprechen, ob sie in den beiden darauf folgenden Jahren an einer Berufsschule zum Facharbeiter ausgebildet werden, oder ob sie am Lyzeum weiter in Richtung Abitur gehen wollen. Auch nach dem Abschluss ist eine Weiterbildung am Lyzeum möglich: indem sie die 11. und 12. Klasse besuchen.