"Die Bilder der Vielfalt“ im Cotroceni-Nationalmuseum

Stela Guţiu ist als Vertreterin der Banater Schwaben bei der Ausstellung dabei

Die Malerin Stela Guţiu neben ihrem Bild „Der Schiffsbrüchige“

„Der Baum des Lebens“ symbolisiert die verschiedenen Lebensetappen – von der Geburt bis zum Tod.
Fotos: privat

Temeswar/Bukarest - Ihr freundliches Lächeln ist nahezu ansteckend: Stela Guţiu (68) ist Malerin und lebt in Temeswar. Gemalt hat sie schon immer, sagt sie. „Als ich noch ein Kind war, habe ich mit Kohle auf allen Tischtüchern meiner Großmutter und auf den Wänden in der Speisekammer gezeichnet. Auch auf den Tischtüchern von Bekannten, wenn wir zu Besuch waren“, sagt sie und erinnert sich dabei mit Freude an ihre Kindheit. Ihre Liebe zur Kunst wurde zwar in der Schule von ihrer Lehrerin und später vom Zeichenlehrer gefördert, doch nach dem Schulabschluss ging sie nicht zur Kunstfakultät, sondern studierte Bauingenieurwesen an der TU Politehnica. „Das war der Wunsch meiner Eltern gewesen. Ich bin in einer Zeit geboren, als die Kunst nicht besonders wertgeschätzt wurde“, sagt sie, ohne jedoch zu bereuen, dass sie ihrer Herzensbeschäftigung einen exakten Beruf vorgezogen hat. „Ich habe meinen Beruf mit viel Ehrlichkeit ausgeübt, aber das Malen nie aufgegeben“, fügt sie schnell hinzu. Heute ist Stela Guţiu Rentnerin, widmet ihre Freizeit der Malerei und ihres Vereins „Prezent“ zur Unterstützung begabter Kinder und Jugendlichen aus Temeswar.

In diesem Herbst beteiligte sich die Malerin an einem interethnischen Schaffenslager in Aiud. Bei dem Kunstlager waren Vertreter aller Ethnien aus Rumänien zugegen, Maler, Grafiker, Bildhauer und andere Künstler, die ihrer Phantasie freien Lauf lassen durften. Mitgemacht haben 34 Künstler, die 21 Ethnien aus Rumänien vertreten haben. „Am meisten hat mir gefallen, dass man dem Schaffensakt keine Grenzen gesetzt hat – man durfte schaffen, wozu man gerade Inspiration hatte“, sagt Stela Guţiu, die in Aiud die Banater Schwaben vertreten durfte. Dort entstanden zwei Malereien: „Der Baum des Lebens“ und „Der Schiffbrüchige“. „Meine Malerei ist eine sehr farbenfrohe, offene Malerei. Ich versuche meist die Freuden des Lebens darzustellen“, sagt die Künstlerin, die sich zur Renaissance hingezogen fühlt. Inspiration findet Stela Gu]iu vor allem in der Natur. „Ich male am liebsten auf Leinwand und verwende natürliche Ölfarben. Das heißt, dass ich auch mehr Geduld aufbringen muss, damit das Werk überdauert“, sagt sie.

Nachdem sie das Unterrichten an der Fakultät für Bauingenieurwesen aufgegeben hat und in den Ruhestand getreten ist, widmete sie sich nicht nur der Malerei, sondern gründete einen gemeinnützigen Verein. „Prezent“ unterstützt Kinder von der zweiten bis zur achten Klasse,  die gern zeichnen/malen. Der Verein bietet den jungen Menschen vor allem materielle Unterstützung – Zeichenblocks, Aquarellfarben, Bleistifte, usw. Begabten Kindern wird auch die Teilnahme an verschiedenen Wettbewerben finanziert. „Zeichnen und Malen sind keine produktiven Beschäftigungen – viele Eltern können sich die dafür notwendigen Mittel nicht leisten“, weiß Stela Guţiu. Damit möchte sie für die Kinder die besten Bedingungen schaffen, damit diese ihre Träume nicht aufgeben müssen. Bedingungen, die ihr selbst, in ihrer Kindheit, nicht gegeben waren. Darüber hinaus bringt der Verein jedes Jahr eine Publikation mit den schönsten Werken der Kinder heraus – in diesem Jahr gewann die Herausgabe „Prezent în tot şi în toate“ den ersten Preis bei einem Wettbewerb für didaktisches Material in Jassy/Iaşi.

Am heutigen Mittwoch ist die Banater Malerin Stela Guţiu in Bukarest zugegen. Im Cerchez-Salon des Cotroceni-Nationalmuseums wird um 18 Uhr die Ausstellung „Die Bilder der Vielfalt“ eröffnet, in der einige Werke zeitgenössischer Kunst, die im Oktober in Aiud geschaffen wurden, zu sehen sind. „Das Schaffenslager war einzigartig in Rumänien und vielleicht auch in Europa“, sagt sie. Und nicht nur, weil da besondere Werke entstanden sind, sondern vor allem, weil dadurch die Beziehungen zwischen Minderheiten und Mehrheit, aber auch unter den einzelnen Minderheiten gefördert wurden und dabei die gemeinsamen Werte zum Vorschein kamen.