Ein Leben für die Bühne: Ildikó Jarcsek-Zamfirescu

Abschied von einer starken Frau und einer großen Theaterpersönlichkeit

So wird man sie in Erinnerung halten: Ildikó Jarcsek-Zamfirescu, eine Grand Dame der Temeswarer deutschen Bühne. 1944 wurde sie in Temeswar geboren. Hier hat sie Philologie studiert, die Schauspielausbildung erlangte sie an der deutschen Abteilung der Bukarester Theaterhochschule. Im Laufe der Jahre hat sie auf Bühnen und in Filmen gespielt und hat Theaterstücke übersetzt und inszeniert.

In Hans Kehrers „Zwei Schwestern“ trat sie mit Ida Jarcsek-Gaza auf.

Die Inszenierung von Brechts „Mutter Courage und ihre Kinder“ aus dem Jahr 2001, unter der Spielleitung von Victor Ioan Frunză, war ein Erfolg und wurde über Jahre mit ausverkauftem Saal gespielt. Die Inszenierung kann man auch als einen Wendepunkt am DSTT sehen; das Theater wagte neue Wege. In einem anderen Brecht-Stück hatte Ildikó Jarcsek-Zamfirescu 1970 debütiert: „Herr Puntila und sein Knecht Matti“, damals am Staastheater in Botoșani.

Als Semiramis trat Ildikó Jarcsek-Zamfirescu in Eugène Ionescos „Die Stühle“ auf. Es war ihre letzte große Rolle am DSTT. Fotos: Archiv des DSTT

Sie sprühte von Energie, war immer mit Leib und Seele in allen Rollen dabei, die sie interpretierte, sie zog alle Blicke auf sich, wenn sie auf der Bühne stand und auch im Saal, denn sie hatte eine starke Persönlichkeit.

Dem Temeswarer Theaterpublikum fällt der Abschied von Ildikó Jarcsek-Yamfirescu schwer. Mit ihr sind immer noch Bilder an die wohl erfolgreichste Produktion einer „Mutter Courage“ nach Bertolt Brecht in Temeswar verbunden – gemeint ist die Produktion, deren Spielleitung Victor Ioan Frunză übernommen hat oder an die „Zwei Schwestern“ von Hans Kehrer, dem symbolträchtigen Stück, das nach der Wende dem Publikum ans Herz griff.

Immer wieder griff die Schauspielerin an die Herzen und sprach zugleich auch die Ratio der Zuschauer an, immer wieder beeindruckten ihre schauspielerischen Glanzleistungen und leiteten auch zum Nachdenken an. Nie verließ der Zuschauer das Theater unberührt, wenn sie auf der Bühne stand, die Bilder sind ihm auch heute präsent, wenn auch Jahre seit Ildikó Jarcsek-Zamfirescus letzten Auftritt verstrichen sind.

Ildikó Jarcsek-Zamfirescu geht aber in die Geschichte des Deutschen Staatstheaters Temeswar nicht nur als Schauspielerin ein, sondern auch als die Intendantin, die stark an dem Theater geglaubt und diese Bühne nicht verlassen hat, auch dann nicht, als 1990 viele die Hoffnung aufgegeben hatten. Beharrlich ausdauernd bestand sie auf die Zukunft des DSTT und schaffte es, mit Enthusiasmus und Wille, diese Zukunft zu sichern und mitzugestalten. So führte sie die Geschicke des DSTT von 1983 bis 2001 über historische Momente und bereitete das DSTT auf das folgende Jahrtausend vor. Das hing auch mit der Gründung der deutschen Schauspielklasse an der West-Universität zusammen, ein Pool für die heutigen Generationen von Schauspielern des DSTT.

Ildikó Jarcsek-Zamfirescu war Mitglied des Rumänischen Theaterverbandes UNITER und Mitglied von Thalia Germanica. Ihre Leistungen wurden bereits zu Lebzeiten anerkannt: Sie wurde mit der Stefan-Jäger-Ehrenmedaille und dem Ehrendiplom des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat für besondere Verdienste in der Förderung der deutschen Kultur in Rumänien, sowie mit dem Kulturpreis Pro Cultura Timisiensis des Temescher Kreisrates ausgezeichnet und hat das Exzellenzdiplom der Stadt Temeswar erhalten.

Dem Theater wie auch dem Publikum wird sie fehlen.

 

Erinnerungen an Ildikó Jarcsek-Zamfirescu

Eleonora Ringler-Pascu, Univ.-Prof., Deutsche Schauspielklasse West-Universität Temeswar: Ildikó Jarcsek-Zamfirescu, eine außergewöhnliche Künstlerin, eine der tragenden Säulen des Deutschen Staatstheaters Temeswar – eine GRANDE DAME der Bühne mit Grandezza.

Unvergesslich sind die vielseitigen Rollen in der über 40 Jahre langen Karriere der Vollblutschauspielerin, die ich schon als Schülerin bewunderte. Sie bezauberte mich als Semiramis in Ionescos „Die Stühle“, als Anna Fierlingin Brechts„Courage“und mit ihrem Zusammenspiel mit ihrer SchwesterIda Jarcsek-Gaza in Kehrers „Zwei Schwestern“, eine einmalige Erfahrung, jenseits des Berufs und der Bühne. Sie war eine begnadete Künstlerin, die Tragik und Komik meisterhaft darstellen konnte. Ernsthaftigkeit und Humor waren auch ihre Charakterzüge im täglichen Umgang als Privatmensch, stets frisch im Geist und in der Seele.

Die Theaterliebhaber kennen und ehren ihren unermüdlichen Kampf als langjährige Intendantin des DSTT, das auf eine würdevolle Geschichte zurückblicken kann und sein Weiterbestehen nach 1990 ihr zu verdanken hat.

Die Gründung der deutschen Schauspielabteilung an der West-Universität Temeswar (1992) bestätigte ihren visionären Drang ein „neues“ DSTT zu verwirklichen. Als Dozentin brachte sie dem Nachwuchs die Ethik ihres Berufs bei, vor allem die Liebe zum Schau-Spiel, denn für sie bedeutete das Theater LEBEN.

Danke Ildikó für das unermüdliche Wirken auf der Weltbühne!!!

Was bleibt, ist Erinnerung und ein Stück Theatergeschichte.

 

Tatiana Sessler-Toami, Schauspielerin am DSTT: Für die Schauspielerin, Intendantin, Schauspiel und Sprachdozentin Ildiko Jarcsek Zamfirescu, habe ich nicht nur großen Respekt, sondern, sie war für mich immer ein Beispiel für Professionalität, aber auch für Menschlichkeit, Bescheidenheit, Vernunft, Optimismus, Lebensfreude, Großzügigkeit.

Die Gaben eines Lebens, welche sie uns als junge Schauspieler und nicht nur, lehrte.

Eine Lady im wahrsten Sinne des Wortes.

Danke für die Gaben eines Lebens, wundervolle Dame!

 

Lucian Vărșăndan, ehemaliger Dramaturg und Intendant des DSTT: Bei meinem Einstellungsgespräch 1999 sagte ich ihr, nicht ohne gewissen Hochmut, sie solle wissen, ich bin kein Ja-Sager. Sie antwortete lächelnd: „Ich brauche ja keinen Ja-Sager als Dramaturg“. So begann ein starkes Vertrauensverhältnis.

Auf der Bühne war sie eine Wucht, wenn ich nur an ihre zweite „Courage“ denke, bei der ich die Simultanübersetzung sprach und somit über sieben Jahre fast alle Aufführungen erlebte. Sie bewegte mich immer wieder aufs Neue, obzwar ich die Inszenierung schon in- und auswendig kannte.

Als Intendantin war Ildikó Jarcsek-Zamfirescu eine richtige Theaterprinzipalin: eine Institution an sich, eine imponierende Persönlichkeit und durchsetzungsstarke Macherin, aber zugleich äußerst charmante Gesprächspartnerin und feinfühlige Beraterin, deren Bürotür immer offen war. Wir machten uns Mut, mehr zu wagen mit diesem Theater, als in der unmittelbaren Nachwendezeit möglich gewesen war.

Es freut mich sehr, dass sie die späteren Erfolge des Theaters erleben konnte. Sie sind die Früchte ihrer langjährigen Aufbauarbeit.