Ein moralischer Ansporn für Studenten

Temeswarer Journalistikabsolventen legen symbolischen Schwur ab

Ioana Todor: „Ältere Generationen denken an Schlimmeres, wenn ich sage, dass ich Journalismus studiert habe“.

Die Temeswarerin Ana Pantea hat sich spontan für Journalismus entschieden. Sie freut sich aber über ihre Berufswahl. Fotos: Privat

Die Absolventen der Journalistik-Abteilung in Temeswar/Timi{oara haben einen Schwur abgelegt: Sie werden die Demokratie verteidigen und die Bürger korrekt und objektiv informieren. Symbolisch soll aber diese Geste bleiben, denn die Praxis sieht in einer politisch geprägten Medienwelt viel anders aus. Ein Teil der Absolventen haben sich geweigert, den Schwur abzulegen, viele wollen überhaupt nicht in der Branche arbeiten.

Es soll ein „moralischer Ansporn“ sein, eine Art Unterstützung, so Hochschulprofessor Lucian Ionic² über den symbolischen Schwur, den seine Absolventen vor Kurzem abgelegt haben. Sie haben geschworen, dass sie die Demokratie respektieren und immer objektiv und korrekt berichten werden. „Ich mache mir aber keine Hoffnung, dass damit alle Probleme der Medien gelöst werden“, so Ionic². Ein solcher Schwur sei jedoch notwendig, um vor allem die ethische Komponente in den Vordergrund zu rücken. „Zumindest im Idealfall soll es so etwas geben“, fügt Ionică hinzu.

 

Dass die Journalisten in der Praxis viele Kompromisse eingehen müssen – dessen sind sich auch die Studenten bewusst. Daher vielleicht auch die Entscheidung mancher Absolventen, den Schwur überhaupt nicht abzulegen. „Ungefähr zehn von insgesamt 40 Studenten haben unseren Vorschlag abgelehnt. Sie mussten ihre Entscheidung aber nicht rechtfertigen, wir haben auch nicht nach den Gründen gefragt. Jeder macht, was er fühlt“, sagt Hochschulassistentin Adina Baya. Gezielt fand diese Zeremonie auch erst nach der Diplomprüfung statt, so dass sich keiner verpflichtet fühlte, diese Geste zu machen.

Vorerst, keine Politikabteilung

Der Schwur, auch wenn er symbolisch ist, kommt in einer Zeitspanne, in der die Glaubwürdigkeit der Medien immer öfter in Frage gestellt wird. Er soll einen, der als Journalist arbeiten wird, mindestens zweimal zum Nachdenken bringen, bevor er was schreibt. „Wenn die Absolventen eines Tages dem Druck der Redaktionen ausgesetzt werden, so werden sie zumindest zweimal überlegen, bis sie eine Entscheidung treffen“, so Baya. Auch die Studenten sehen es so: „Das, was der Schwur beinhaltet, das hätte ich sowieso einhalten wollen“, so die Journalistikabsolventin Ioana Todor. Die Gefahr, den Schwur irgendwie zu brechen, laufen vor allem jene Journalisten, die in der Politikabteilung tätig sind, eine Branche, die viele vorerst vermeiden wollen. „Um über Politik zu schreiben, braucht man Erfahrung. Da können Nachwuchsjournalisten überhaupt nichts anfangen“, so Todor.

Es kommt oft vor, dass Absolventen nach dem Abschluss gar nicht in der Branche arbeiten wollen. „Alles andere, nur kein Journalismus, sagen manche Kollegen. Da spielt der Schwur dann auch keine Rolle mehr. Ich verstehe die nicht“, so Ioana Todor. Viele gehen noch in Richtung Public Relations, also Öffentlichkeitsarbeit oder auch in die Werbebranche. „Sie sind ja auch für solche Jobs qualifiziert“, so Adina Baya.

Praxis, total anders als Theorie

Dass der Job als Journalist in der Praxis anders als in der Theorie ist, dessen sind sich die backfrischen Absolventen bewusst. „Die Lehrer haben uns immer gesagt, sie bringen uns es so bei, wie es sein sollte. Den Idealfall, sozusagen, nicht wie es eigentlich ist“, so Journalistikabsolventin Ana Pantea. Den großen Unterschied zwischen dem erlernten Journalismus und dem, der praktisch ausgeübt wird, konnte Ana Pantea schon früh erkennen. Dabei hängt Unprofessionalität längst nicht mehr mit Politik und politischem Druck zusammen. „Für mein Diplomthema musste ich zum Beispiel viele Zeitungen analysieren. Ich habe Beiträge gefunden, die keine richtigen Aussagen bringen konnten. Die Quelle für die Informationen war ein einfacher Blog oder ein Forum. Das ist inakzeptabel und unprofessionell“, sagt Pantea, die sich für ihre Abschlussarbeit mit dem Image der Freimaurer in der rumänischen Presse beschäftigte. Auch Lucian Ionică erwähnt die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis: „Die Lehrkraft befindet sich heutzutage in einer schwierigen Lage. Ich unterrichte eines, die Studenten sehen in der Praxis total was anderes. Ich versuche sie aber irgendwie davon zu überzeugen, dass es noch Alternativen gibt“, sagt er.

Es fehlt das Praktische        

„Viele sagen, dass das Studium an der Westuni zu leicht wäre. Was meine Hochschule angeht, so kann ich aber nur gute Sachen nennen. Wer lernen will, der hat auch was zu lernen, es gibt da gute Lehrkräfte“, so Ana Pantea. Was aber immer noch fehlt, sei das Praktische, auch wenn sich vieles in letzter Zeit noch zum Besseren entwickelt hat. Es finden nun Austauschprogramme statt, die Studenten fahren regelmäßig nach Bukarest, wo sie sich die Redaktionen der Fernsehsender anschauen können und von Redakteuren betreut werden. „Schön wäre aber, wenn man über ein kleines Labor in der Uni verfügen würde. Da könnten wir besser lernen, wie ein Fernsehmaterial technisch aufgearbeitet wird“, sagt sie.

Schlecht bezahlt, am Anfang

Noch sind sich viele Studenten unsicher, ob sie mit einem Journalismus-Hochschulabschluss punkten können. Die meisten streben noch einen Master an und suchen inzwischen nach einen Job, den sie dann parallel ausüben können. Dabei sind sie bereit, ihre Zeit zu opfern und geben sich auch mit einer schlecht bezahlten Stelle in der Branche zufrieden. „Wir haben von unseren Lehrkräften Praktikumsangebote bekommen, die ich während des Masters in Betracht ziehen will, auch wenn man schlecht bezahlt wird. Den Kompromiss will ich für den Anfang eingehen, um Erfahrung zu sammeln“, so Pantea. Sie sei aber eher ein Glücksfall, da sie Temeswarerin ist und darum noch auf die Unterstützung der Eltern bauen kann. Anders sieht es für Ioana Todor aus, die aus Großwardein/Oradea stammt. „Man macht ein Praktikum. Ein, zwei, drei Monate. Aber anschließend, wenn ich beweisen kann, dass ich gut bin, will ich angestellt werden. Ich muss mir ja eine Miete erlauben können“, so Todor.

Wie viele Journalistikabsolventen nach dem Abschluss überhaupt in der Medienbranche arbeiten, das steht noch nicht fest. Die Lehrkräfte der Hochschule arbeiten derzeit an einer Studie, die dies erläutern soll.