Ein zerbröselnder Mythos

Meine Lieblingszielscheibe, der (durch die Folgen seines Wirkens) Allzulange-Präsident Traian B²sescu, ist durchs Hintertürchen der Niemandspartei PMP wieder offiziell in eine Tagespolitik eingestiegen, die er faktisch nie verlassen hat. Er tut wieder das, was er am besten kann: Querschüsse abgeben. Indessen dümpelt die offizielle Politik Rumäniens weiterhin zwischen der Rüpelhaftigkeit des der Straffälligkeit überführten Regierungschefs Victor Ponta und der eiertänzerischen Zurückhaltung von Präsident Klaus Johannis dahin.

Das bringt Johannis leider dauernd Verluste an Glaubhaftigkeit ein (jüngste Umfrage: er liegt noch bei 52 Prozent, von ehemals fast 80) und dient klar seinen politischen Gegnern (Ponta, Oprea, Popescu-Tăriceanu und Konsorten liegen zwischen 25 und 37 Prozent, weit über den politischen Freunden von Johannis, Blaga und Gorghiu, die keine 20 Prozent erreichen), was ein Jahr vor den Parlamentswahlen und eines nach seiner Wahl nicht die glänzendste Perspektive für denjenigen eröffnet, der als Ziel seiner Präsidentschaft auch einen Regierungswechsel angab.

Sein Schwanken zwischen Intransigenz und Fügsamkeit in eine streng ausgelegte Verfassung bringt in diesem Land keine Punkte – eine erste Lehre nach einem Jahr Johannis-Präsidentschaft. Die zweite: das Anpassen an Vorurteile gegen Fremde, die von diesem Volk und seinen lärmenden Politikern gehegt werden, stellt Rumänien außenpolitisch ins Abseits – Rumänien in der „Nebenliga“, die gegen die EU-Quotenregelung zur Migrantenaufnahme gestimmt hat. Johannis stand dahinter. Es war ein (außen)politischer Faux-Pas, der innenpolitisch nichts brachte.

Der Mythos des Deutschen, den Johannis – zugegeben: nicht sichtbar mit seinem Zutun – vertrat, zerbröselt. Die „andere Art der Politik“, die Johannis (unter dem Eindruck des wetterwendischen, unberechenbaren und vorlaut herumtapsenden Vorgängers) versprach, ist für Rumänien zu langweilig. Eine direkte Implizierung des Bürgers Johannis in die Fragen der Polis täte oft gut, mehr Richtungsweisendes wird erwartet, mehr Aussagen, die zählen und kommentarwürdig sind. Johannis muss, wenn er eine Zukunft in der Politik dieses Landes haben will, den Mittelweg zwischen Poltergeist Băsescu und dem Großen Schweigenden, den er selber spielt, finden. Sucht er ihn aber?

Nicht Einmischung ist das Schlüsselwort, es heißt effiziente Kommunikation. Die Schonzeit für einen Neuling in der Spitzenpolitik ist vorbei, und wenn er von Jean-Claude Juncker in Brüssel noch so abgebusserlt wird.

Einfache, griffige Erklärungen zum innen- und außenpolitischen Geschehen werden von Johannis erwartet, schreibt die Freund- und Feindespresse. Kann man ihr, mit Argumenten, widersprechen? Wie steht´s mit dem Verzicht auf das Beitrittsansuchen zum Schengen-Raum? Warum ließ Johannis die Erklärung dazu Ponta verbreiten, als sei der sein Kumpan (und dieser Ponta versteht etwas von Kumpaneien)?

Auf die Rede an die Nation von Präsident Johannis warte ich immer ungeduldiger.