Eine facettenreiche Banater Persönlichkeit

Dreißig Jahre seit dem Tode von Nikolaus Berwanger

Politiker, Schriftsteller und "Problemlöser" Nikolaus Berwanger. Foto: privat

Nikolaus Berwanger, 1935 in Freidorf geboren, starb vor 30 Jahren, am 1. April1989 in Ludwigsburg: Der Schriftsteller, Publizist, Mundartautor und Politiker war eine der bekanntesten Persönlichkeiten der Banater Schwaben in der  Zeit des Kommunismus. Er besuchte die Temeswarer Textilfachschule, mit 15 wurde er Antifa-Mitglied, 1949 Mitglied der Rumänischen Arbeiterpartei, später, ab1965 RKP-Mitglied.1952  wirkte er schon als Journalist bei der deutschen Tageszeitung “Neuer Weg“, ab 1958 als Korrespondent in Temeswar. Hier besuchte er auch die Philologie-Fakultät. Als Politiker wurde er durch seine vielen Funktionen  zu einer umstrittenen und exponierten Persönlichkeit mit vielen Facetten: Büromitglied des Temescher Kreisparteikomitees, Vorsitzender des Kreisrates Temesch der mitwohnenden Nationalitäten. Berwanger war zudem stellvertretender Vorsitzender des rumänischen Journalistenrates, Mitglied im Leitungsrat des Schriftstellerverbandes und der Temeswarer Schriftstellervereinigung sowie Mitbegründer und Leiter des deutschen  Literaturkreises „Adam Müller-Guttenbrunn“.

Seine wohl bedeutendste Rolle hatte er 1969-1984 als Chefredakteur der „Neuen Banater Zeitung“ in Temeswar, in der regelmäßig mehrere Beilagen, darunter die Literatur-Seite, die Mundart-Beilage Pipatsch erschienen. Die Aktionen der NBZ stärkten zudem die ethnische Identität der Banater Schwaben, führten zum Aufleben der Traditionen, des Brauchtums und der Banater deutschen Kultur.

In Temeswar versammelte Berwanger bewusst eine Gruppe junger Literaten in der NBZ-Redaktion und im Literaturkreis um sich, aus der die derzeit wichtigsten Vertreter der Banater deutschen Gegenwartsliteratur, u.a. auch die spätere Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, hervorgingen. Man sollte es heute nicht ungesagt lassen: Berwanger gewährte diesen jungen Autoren und ihrem mutigen literarischen Schaffen den damals ungewöhnlichen, vitalen Schutz vor der Partei und den Securitate-Schergen. “Ich habe bewusst Politik gemacht“, bekannte Berwanger.

Im Herbst 1984 kehrte Berwanger von einer Auslandsreise in die BRD nicht mehr nach Rumänien zurück. In Deutschland wirkte er als freischaffender Autor, wissenschaftlicher Mitarbeiter, auch als Gastdozent in den USA. Er starb nach kurzer Krankheit am 1. April 1989 in Ludwigsburg. Berwanger machte sich vor allem durch seine kompromisslosen Dialekt-Gedichte einen guten Namen in der Literatur u.a. mit den Bänden Ich hänge mein Gesicht nicht an den Nagel, Dialektgedichte (Bukarest, 1976), Spätes Bekenntnis, Gedichte (Bukarest, 1979), In Liebe und in Hass – der große Schwabenausverkauf und andere Texte, (Hildesheim, 1987). Er veröffentlichte auch banatschwäbische Prosa. Der Schriftsteller Richard Wagner nannte diese komplexe Persönlichkeit 2006 nicht nur “Problemlöser“ sondern auch „Mann der Stunde“. Heute trägt eine Straße im Temeswarer Stadtzentrum seinen Namen.