Eine Schwäbin auf Weltreise (51): Oktoberfest – „Oa’zapft is!“ in München

Tipps und Tricks, um günstig auf seine Rechnung zu kommen

Das größte und berühmteste Volksfest der Welt lockt jedes Jahr Millionen Touristen nach München. Vor allem bei Amerikanern ist es sehr beliebt, aber auch sonst: jedem seriösen Biertrinker ist das Oktoberfest ein Begriff. Es ist definitiv auf der Liste der Veranstaltungen, die man unbedingt einmal im Leben mitgemacht haben muss, um die Motivation zu verstehen, die so unzählige Menschen aus aller Welt jedes Jahr in den letzten Septemberwochen nach München treibt.

Ein gelungener Oktoberfestbesuch ist nichts Leichtes, man muss sich genau überlegen, was man möchte. Als erstes muss man Leute finden, mit denen man hingeht. Allein auf dem Oktoberfest ist reinster Frust und Zeitverschwendung, man hat nichts davon.

Um so richtig in Stimmung zu kommen und wirklich mitmachen zu können beim Oktoberfest sind Dirndl und Lederhosen ein absolutes Muss. Nicht grad die allerbilligste Anschaffung, aber auch nicht das Teuerste. Und immer dran denken: dreckig wirds bestimmt, denn Bier wird über alles verschüttet!

Aufpassen wird man nicht können, wenn‘s so richtig losgeht mit dem Bierrausch. Und ein spezieller Dirndl-BH mit richtig viel Polster lohnt sich allemal – dann braucht man das Bier so gut wie nie selber bestellen oder bezahlen.

Keine allzuhohen Stöckelschuhe tragen, weil dann bleibt man im Schotter vor den Zelten stecken und dreckig werden auch die sowieso, weil: auf die Füsse getreten werden wird leider unvermeidlich sein.

Drinnen oder Draußen

Die richtige Vorbereitung ist das A und O. Je nach Alter, Lust und Laune muss man entscheiden, ob man einen Sitzplatz möchte (drinnen oder draussen – auch da gibts Unterschiede) oder ob man spontan aufs Zeltwandern gehen möchte. Wenn man einen Sitzplatz in einem Zelt möchte, muss man den vorher reservieren. Lange vorher, sehr lange vorher, am besten: ein ganzes Jahr vorher.

Sitzplätze sind sehr teuer und nicht einzeln buchbar, sondern nur jeweils ein ganzer Tisch. Auch den ganzen Tisch gibts nicht für einen ganzen Tag, sondern jeweils nur für einen halben. Um 18h ist „Schichtwechsel“, dann werden die Zelte komplett geräumt und die Reservierungen des Nachmittags werden hereingelassen.

Vor der leeren Biermaß sitzen gibt‘s nicht, dann wird man rausgeschmissen. Also sitzen darf man nur in der reservierten Zeit (12 bis 18 Uhr oder 18 bis 23 Uhr) und nur so lange man ständig trinkt oder isst, was kein leichtes Vorhaben ist. Es gibt für jeden Geschmack das richtige Zelt und man muss sich bei der Zeltwahl (egal ob reserviert oder nicht) Gedanken darüber machen, was genau man erleben möchte, damit das Oktoberfest „a Gaudi“ und kein teurer Frust wird.

Die klassischen Tourizelte: Hofbräu, Augustiner, Löwenbräu, etc. sind perfekt, um junge Leute aus der ganzen Welt kennenzulernen und leicht beschickert zu schäkern und Spass zu haben.

Wenn man keine Tischreservierung hat, probiert man es am besten in den Biergärten vor den Zelten - bei gutem Wetter. Da ist es genauso voll wie in den Zelten, aber ein klein bisschen weniger laut. Auf der rechten Hand wird eine Strichliste geführt mit wie viel Maß man getrunken hat und auf der linken Hand ist die Strichliste mit der Anzahl ausgetauschter Telefonnummern. Sogar die sonst so zurückhaltenden Deutschen werden freundlich nach ein paar Maß Bier, auch wenn man die Ausländer sofort daran erkennt, dass sie den ersten Schritt machen und die Gespräche von sich aus beginnen.

Die Tracht macht den Unterschied

Um eine Maß Bier bestellen zu können, muss man sitzen. Da Reservieren lange Vorausplanung und viel Geld bedeutet, setzt man sich einfach auf eine Bank im Biergarten vor dem Zelt, als Dirndl zu irgendeinem sympathischen Burschen auf den Schoss oder als junger Mann bietet man einem sitzenden Mädel an, es kurz auf den Schoss zu nehmen, bis man seine Mass bestellt hat.

Ein Liter Bier – die Maß -  kostet so um die 9 Euro, aber wenn man der Bedienung nicht 10 Euro dafür gibt, dann kriegt man das Zweite nur halb voll und den Rest nur Schaum oder man muss sehr, sehr lange warten, bis man wieder eine Maß bestellen darf. Bei der schier unglaublichen Menge an Leuten ist der Kunde nicht mehr König: er muss einen Kotau machen, um bedient zu werden.

Traditionell Münchener Zelte (wo die Einheimischen hingehen), erkennt man an der Qualität der Trachten, welche die Menschen dort anhaben. Im Hacker Pschoss oder im Schützenzelt gibt es keine billigen Touri-Trachten, sondern aufwändig genähte, ererbte oder massgeschneiderte Tracht. Dort muss man sich anstrengen, um die Sprache als Deutsch zu erkennen, denn da wird sehr bayrisch gesprochen und der Altersdurchschnitt ist zwischen 40 und 60.

Dort sollte man nicht hingehen, wenn man Wiesnbekanntschafften und Party sucht, sondern dort geht man als ältere, geschlossene Gesellschaft hin, als Verein oder Club. Voll und laut ist es aber auch dort und lustig geht es allemal zu, aber eben auf einer anderen Ebene, nach anderen Maßstäben des Vergnügens und mit sehr viel mehr Bier pro Kopf, bevor ein echt Münchner Kindl nicht mehr stehen kann.

Sparen aufm Oktoberfest

Ins „Hypodrom“ geht die High Society, dort kann man ohne Einladung abends nicht mal reinschauen und man muss erst reich oder bekannt sein, um überhaupt einen Tisch reservieren zu dürfen. Ein anderer Sonderfall ist das „Tradition“ Zelt, das wegen der Tatsache, dass man Eintritt zahlen muss, nie so voll ist wie die anderen Zelte und wo es ruhiger und gediegener zugeht.

Stehplätze gibt es keine, es werden immer nur so viele Menschen hereingelassen wie es Sitzplätze gibt. Das ist das ideale Zelt für sehr ruhige Wiesnbesucher, die es gern gemütlich haben – die aber die ganze Oktoberfestathmosphäre eigentlich verpassen, weil dieses Zelt sich von einem normalen Biergarten nur durch die strenge Überwachung und den Eintritt unterscheidet, sonst aber kaum typische Oktoberfeststimmung aufkommen lässt.

Wer Hunger hat und die horrenden Preise bei den unzähligen Fressbuden an den Bierstraßen zwischen den Zelten nicht bezahlen möchte oder wer ein gutes Bier auf der Wiesn trinken möchte, ohne 10 Euro dafür bezahlen zu müssen, der geht zum Angestelltenzelt. Das befindet sich am Ende der Hauptstrasse, links von jenen Treppen, wo die Schnapsleichen geparkt werden, um ihren Rausch auszuschlafen, neben einem Lieferwagen.

Dort kostet das Bier nur 2,50 Euro und man bekommt eine warme Mahlzeit für bis zu 3 Euro, was für Oktoberfestverhältnisse extrem günstig ist. Gleich neben dem Angestelltenzelt sind auch Toiletten ohne 30 Minuten Warteschlagen davor – gemessen an den hoffnungslos überfüllten Zelttoiletten, wo die Warteschlagen schon mal über 25m lang sein können, zu Stoßzeiten.

Es geht hauptsächlich ums Bier beim Oktoberfest, aber eben nicht nur. Auch Kinder und Jugendliche kommen bei den vielen Fahrgeschäften und Ringelspielen auf ihre Kosten. Das Riesenrad ist für alle was, es fährt nicht schnell und man hat einen wunderschönen Ausblick auf München und bekommt einen Eindruck von den gewaltigen Menschenmassen, welche vom Oktoberfest auf die Theresienwiese gelockt werden. Der Flohzirkus und die kleinen Theaterständl sind lokaler Charme pur, der Eintritt ist es wirklich wert, denn der Charme solcher alteingesessenen Familiengeschäfte ist einfach entzückend.

Geld mitnehmen sollte man schon aufs Oktoberfest, aber es ist schade, es fürs Hotel anstelle fürs Bier auszugeben. Die Hotels sind extrem überteuert um diese Zeit des Jahres in München und wenn man jung und anspruchslos ist (nach der Wiesn und entsprechend viel Bier will man sowieso nur einfach pennen) findet man auf WG-Webseiten private Unterkünfte für eins bis fünf Personen ab 20 Euro proNacht und Person, was im Vergleich zu den ab 300 Euro für ein Doppelzimmer im Hotel dann doch schon einen sehr grossen Unterschied macht. Und der grösste Vorteil: man lernt Münchener Kindl kennen, die alle Tricks kennen und deren Tips zu einem gelungenen Oktoberfestbesuch das wertvollste Souvenier sind.