Eine Woche Barock

Temeswar erinnerte sich seines Erbes

140 Kerzen brannten auf den Treppen der Synagoge. Kinder in Barockkostümen ließen das Temeswar des Prinzen Eugen von Savoyen wieder aufleben.

Die Musik aus der Zeit der Türkenherrschaft fand ein begeistertes Publikum.
Fotos: Zoltán Pázmány

Vielleicht schreckte der Name des Festivals viele potenzielle Teilnehmer ab. Als das Temeswarer Barockfestival 2014 mit einem Kammerkonzert begann, fanden sich gerade mal drei Personen und die Presse im Publikum. Dabei hatte die diesjährige Auflage qualitativ und auch von der Bandbreite her für jeden etwas zu bieten.

Los ging es und der Tradition des Festivals gemäß mit den Herolden, die im Stadtzentrum den Beginn der Veranstaltungsreihe bekannt gaben, eine Reihe, die eine Woche dauerte.

Bis Sonntag war Temeswar von diesem Festival geprägt, das an mehreren Orten stattfand: in der Oper und in der Theresienbastei, in der Synagoge in der Altstadt sowie im römisch-katholischen Dom, im barocken Prunksaal des Kunstmuseums sowie im Rosenpark.

Highlight: Türkische Musik

Das Barockfestival ist etwas für die Kenner und Genießer unter den Musikliebhabern, einen ungewöhnlichen und überraschenden Ohrenschmaus bot etwa das Anton-Pann-Ensemble, das zum ersten Mal vor dem Temeswarer Publikum konzertierte und eine nur aus Geschichtebüchern bekannte Welt wiederbelebte: die des Osmanischen Reiches. Dabei entdeckten die versammelten Muskliebhaber – bei diesem Konzert war der Barocksaal des Kunstmuseums voll – Rhythmen, die durchaus auch an den Höfen der Rumänischen Fürsten erklungen hat. Auch entdeckten die Zuhörer, dass zum Beispiel die rumänische „hora“ von den Türken zu einem Hochzeitstanz bearbeitet wurde. In Begleitung an das Konzert bot das Türkische Kulturzentrum aus Bukarest auch eine Ausstellung von Bildern, die mit Hilfe der türkischen Ebru-Wassermalerei realisiert wurden.

Für Kinder und nicht nur

Das Festival wurde auch von Kindern für Kinder und nicht nur gestaltet. Besonders aktiv war das den Temeswarern schon ein Begriff gewordene Ensemble „Peregrinii“, das gleich zweimal aufgetreten ist, in der Synagoge und im Rosenpark. In der perfekten Akustik der Altstadtsynagoge haben die talentierten Kinder das Publikum mit klassischer Musik durch die Geschichte Temeswars begleitet. Um dabei das Historische besser zu unterstreichen, wurde das alte Temeswar – ob es nun das Temeswar der Türken, der Österreicher und Ungarn, der Serben oder der Rumänen war – mit Hilfe alter Zeichnungen und (aus einer späteren Periode dann) von Fotografien, kunstvoll von Reinhart (alias Aurelian Scorobete) zusammengestellt, wiederbelebt. Diese Vorstellung wurde im Anschluss durch das Anzünden der 140 Kerzen in Erinnerung an die Befreiung Temeswars aus der Türkenherrschaft 1716 und dem Einzug des von dem Prinzen Eugen von Savoyen geführten Regiments in die Stadt gekrönt – der Höhepunkt der Woche.

Konzert im Rosenpark

Völlig andere Töne erklangen am Samstagabend, als im Rosenpark die Band „Adhoc“ aufgetreten ist. „Adhoc“, die sich als erste Band versteht, die mittelalterliche Musik mit Punk und Folklore verbindet, warf „Phoenix“-Klänge, Maramuresch-Folklore, mediävale Klänge, Hip-Hop und Punk in einen Hexenkessel – was sich daraus ergab, begeisterte das vorwiegend junge Publikum, das zusammengekommen war.

Mit einem Treasure Hunt am Sonntagmorgen und einem Konzert im Saal der Temeswarer Philharmoniker am Abend endete diese nun schon dritte Auflage des Barock-Festivals. Von dem Festival, das im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Temeswar – Kulturhauptstadt 2021“ stattfindet, kann man sich eigentlich nur wünschen, dass es besser bekannt gemacht wird.