Es geht weiter

Februar 2006 im AMG-Haus: Karl Singer, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat, die deutsche Politikerin Susanne Kastner und der Abgeordnete Ovidiu Ganţ

Jeder Name in der Zeitung ist ein Leser/Käufer, der die Zeitung kauft. Das bläute einer meiner Vorgänger, Nikolaus Berwanger, seinen Redakteuren ein. Und die hielten sich dran. Die 1968 gegründete „Neue Banater Zeitung“ schnellte – einigen dürftigen Informationen und Vertriebsberichten zufolge, die ich, als ich die Temeswarer Redaktion übernahm, noch in vergessenen Schublädchen fand – auf Zahlen über die 30.000 gedruckte Exemplare an. Die unscheinbaren, aber mit buchhalterischer Akribie zusammengestellten Übersichten waren wohl von den „Sammlern“, die in diesen Aktenschränken vor mir herumgestöbert hatten, übersehen oder für zu unwichtig gehalten worden. Fakt ist, dass es mir vor dem ersten Umzug aus dem konsekrierten Gebäude auf dem 16 Decembrie 1989-Boulevard und dem damit verbundenen großen Saubermachen nicht gelungen ist, noch etwas Bemerkenswertes über die Vergangenheit mitzunehmen.

Zudem ist unsre Wahrnehmung des Tagtäglichen, ob der (und trotz gegenstandbedingter Vielfalt) journalistischen Routinearbeit sehr beschränkt und niemand aus der Redaktion kann wohl genaue Daten von etwas Ereignetem angeben. Ich glaube, niemand führt hier Tagebuch.

Unser Tagebuch ist die Zeitung, die wir allwöchentlich machen, und die Beitragswelle, die wir der Mantelzeitung „Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien“ tagtäglich zukommen lassen (beim postalischen Vertrieb heißt sie, ob ihres für Rumänen unmöglich auszusprechenden Namens, meist immer noch „Neierveg“, zumindest wenn es sich um alte Postangestellte handelt). Einen Zeitungsgeschichtler hat die Temeswarer Redaktion (bisher noch) nicht hervorgebracht.

Die Zeiten, als jeder in unserer Zeitung gedruckte Name eine zusätzlich verkaufte Zeitung war, die sind vorbei. Oder kann uns jemand sagen, wo ein Nichtabonnent der ADZ/BZ in Temeswar oder im Banat an einem Zeitungskiosk diese Zeitung kaufen kann? Zum Trost: Auch in Hermannstadt, wo es auf der Heltauergasse einen Laden gab, wo man (auch mehrere Exemplare) dieser Zeitung erwerben konnte, habe ich in den letzten drei Jahren keine Zeitung mehr kaufen können – hatte aber den Eindruck, der Verkäufer hält sie (wie etwas Kostbares...), wenn er denn ein paar Exemplare geliefert bekommt (was er mir weder bestätigt noch verneint hat), für eine Art Kioskabonnenten zurück. Aber das ist Sache des Vertriebs, nicht der Redakteure (wie man das schon vor 1989 immer einrichten wollte, dass nämlich die Redakteure sich auch um den Vertrieb kümmern).

Sache der Redakteure ist der Inhalt der gegenwärtigen „Banater Zeitung“. Und dazu sind zu meinen Ohren viele positive Reaktionen gelangt. Ein regelmäßiger und sehr aufmerksamer Leser der BZ, der Ehrenvorsitzende des Landesforums der Deutschen in Rumänien, Prof. Dr. Paul Philippi, pflegt mir ein paarmal im Jahr E-mails zu schreiben, in denen er sich – auch kritisch – mit den gerade gelesenen Ausgaben der betreffenden Woche beschäftigt. Freundlichkeit oder nicht: wenn er da schreibt, es sei „die bestgemachte und am umfassendsten informierende Zeitung“ und dabei sogar eine hervorhebende Abgrenzung zur Mantelzeitung ADZ erkennen lässt – das kitzelt schon den Stolz, so realistisch-kritisch man sich auch zwingt, die eigenen Produkte und die Produkte der Kollegen zu sehen. Oder lesen Sie mal aufmerksam die Einschätzung des stellvertretenden Vorsitzenden des DFD Banat, Erwin Josef Ţigla auf Seite 5, der selbst eine Art Konkurrenzprodukt, das „Echo der Vortragsreihe“ herausbringt, das ebenfalls vom DFDR finanziert wird.

An Lob fehlt es also nicht, auch wenn es unter solchen Feierumständen mit Vorsicht, aber zu genießen ist.

Kritik machen wir uns selbst genug (etwa bezüglich der absolut mangelhaften Korrektur, der Inhalte, die entweder sprachlich schlecht verarbeitet, zerredet oder schlampig strukturiert sind, der mangelhaften räumlichen Abdeckung durch lesenswerte Informationen und der nicht immer profitablen Fokussierung auf ein paar bequemer erreichbare Brennpunkte – Temeswar, Reschitza, wechselnde Ortschaften, die gerade, und meist vorübergehend, das Interesse eines Redakteurs geweckt haben). Das steht hier zwar in Klammern, ist aber wichtig!

Lob sollten wir vor allem deshalb bekommen, weil es uns ganz leidlich gelungen ist, junge Leute an diese Zeitung zu binden, die ein passables – manche ein immer besseres – Deutsch schreiben und die Spaß an der Themenfindung und –behandlung haben, am Zeitungsschreiben überhaupt: Raluca Nelepcu (!!!), Robert Tari(!!), Andreea Oance (!), unser Fotograf Zoltán Pázmány (der inzwischen ein Hochschulstudium der Fotografie abgeschlossen und seine Diplomarbeit zum Thema Panoramafotografie geschrieben hat – siehe en BZ-Zeitungskopf mit dem Domplatzfoto), aber auch unsere Redaktionssekretärin Nicoleta Doboş, die beginnt, kreativ mitzudenken.

Wir, die „Alten“, Balthasar Waitz, Siegfried Thiel und ich selbst, bemühen uns zunehmend, Aufgaben und Themen den Jüngeren zu überlassen, weil sie nur so wachsen können. Sofern sie bei dieser Zeitung bleiben. Denn wir haben seit Gründung auch viele Personalverluste – mit einer Ausnahme ohne Ersatz! – hinnehmen müssen. Das heißt, mit viel weniger Personal und mit dem selben Lohn bewältigt jede RedakteurIn ein um etwa 40 Prozent größeres Arbeitsvolumen. Um das selbe Geld.

Aber die BZ geht weiter.

Auch so.