Fachleute mit Berufsschule in Rumänien gefragt

Entsprechender Ausbildungsrahmen erforderlich

Der Leiter der Temescher Schulbehörde hatte zu dem Treffen des Wirtschaftsclubs auch drei seiner Kollegen mitgebracht. Im Bild: Marin Popescu und die Inspektorin für Fach Deutsch, Viorica Roşu. Dabei waren auch die Inspektoren für die technischen Fächer, Camelia Maniu und Marcel Brancu. Foto: Siegfried Thiel

„Ich habe es erfasst: Sie brauchen keine Verkäufer sondern Kaufmänner und Kauffrauen“, zeigte Marin Popescu, Leiter der Schulbehörde im Verwaltungskreis Temesch/Timiş, dass er nicht nur rein formell zum Treffen des Deutschsprachigen Wirtschaftsclubs im Banat gekommen war. Auch sonst waren die Gespräche rund um die Ausbildung für Absolventen von Berufsschulen besonders intensiv.

 

Gesetzgebung, Konzepte und Grundlagen zwischen rumänischem Bildungswesen und den Erfordernissen auf dem Arbeitsmarkt sind grundverschieden. Bei dem Treffen der deutschsprachigen Unternehmer und Werksleiter mit den Vertretern der Schulbehörde konnten Ist- und Soll-Zustand erörtert werden. Auch gute Ansätze gibt es bereits nach eineinhalb Stunden Gesprächszeit, die Umsetzung wird jedoch wahrscheinlich mit mehr Hürden verbunden sein, als dies jemand zunächst einzuschätzen vermag.

Beide Parteien blieben recht realistisch, auch wenn in der Euphorie bereits für Herbst 2012 die ersten Lehrmodule umgesetzt werden sollen.

 

Trotz vorläufiger Planungsphase habe man einen wichtigen Schritt getan, sagte Cristian Muntean, stellvertretender Vorsitzender des Deutschsprachigen Wirtschaftsclubs mit Sitz in Temeswar/Timişoara. Eine Frage ist es auf jeden Fall wert: Hatte es Sinn gemacht, die Club-Mitglieder aus dem deutschsprachigen Raum über das Bildungssystem bis zur mittleren Reife aufzuklären, oder hat dieser Aspekt eher verwirrt als geholfen? Wie, wo und wann ausbilden, das waren die Kernfragen, die beide Seiten zu beantworten versuchten, auch wenn derzeit Begriffe wie „Pilotprojekt“ in den Mund genommen werden. Zum Treffen waren nicht nur interessierte Unternehmer gekommen, sondern auch Edith Predorf, Handelsdelegierte an der Österreichischen Botschaft in Bukarest.

 

Schwerpunkt war auch die zukünftige Diplomprüfung der Absolventen, doch die Aufnahmeprüfung war zumindest für die meisten eine sonnenklare Angelegenheit: Das Unternehmen, das an Arbeitskräften interessiert ist, sichert einer im Betrieb nötigen Anzahl von Jugendlichen eine Lehrstelle und schickt diese gleichzeitig auf die Berufsschule. Mag in Ordnung sein, doch nach derzeitigem Auswahlverfahren bestimmt der Computer anhand der Lern- und Prüfungsergebnisse bis zum Abschluss der 8. Klasse, in welcher Reihenfolge die Schüler und deren Optionen berücksichtigt werden.

 

Schlussfolgernd würde heißen, dass das System mit der Zuteilung per Computer abgeschafft, ersetzt oder angepasst werden muss. Noch mehr: Sollte das Pilotprojekt sich nur, wie bisher vorgeschlagen, auf weniger als zehn Verwaltungskreise beschränken, müsste eine Ausnahmeregelung für diese geschaffen werden. Geschweige denn, derzeit ist der Rahmen für Berufsschulen ohnehin nicht geschaffen, denn diese müssten als Struktur neu ins Leben gerufen werden.

 

Fakt ist jedoch, dass Mechaniker, CMC-Fachleute, Kaufmänner/-frauen und Techniker für die Landwirtschaft in den Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum fehlen. Das momentane Angebot von Schulinspektor Marin Popescu wäre eine Ausbildung an Lyzeen, die ein solches oder ähnliches Ausbildungsprofil haben. Er sieht die Schule als einen Dienstleister, der „die Fachkräfte sichert, die Sie benötigen“. Ohne intensives Praktikum im Betrieb könne jedoch keine Berufsausbildung erfolgen, so in etwa die Aussage von Unternehmer Franz Hoffner, der einst selbst auf rumänische Schulen gegangen ist. Christian von Albrichsfeld, Direktor bei Continental Automotive Romania, sieht seinerseits ein erhebliches Problem darin, dass es an Möglichkeiten zu einer Ausbildungsvergütung fehlt.

 

Bei einer dreijährigen Lehrzeit plädiert er für eine stufenweise Verlagerung des Schwergewichts von der theoretischen auf die praktische Berufsausbildung. Beifälliges Nicken aus der Runde war die Reaktion darauf.

Auch wenn in derzeitiger Form überzogen scheint, zu erwarten, dass die ersten Lehrstellen mit späterem Fachdiplom vom Bildungsministerium in der angepeilten Form schon im Herbst 2012 zur Verfügung stehen werden, sind die Voraussetzungen für neue Wege gegeben. Personalchefs sollen bald mit den Schulbehörden zusammenkommen und im Detail die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt klären. „Unqualifizierte Arbeiter kannst du finden, und Hochschulabsolventen auch, doch Techniker aus der Mittelschule nicht.

 

Diese Schicht fehlt“, sagte einer aus der Runde. Einverstanden waren sie alle. Abhilfe schaffen, das trauen sich beide Seiten zu, allein die Frage bleibt: „Wie schnell können wir das umsetzten“.