Faul mit Zukunft

„Die Zeit des Assistenzwesens („asistențialismului“) ist von der globalen Krise verjagt worden. Umso besser für Rumänien!“ Die Aussage des rumänischen Außenministers Baconschi – der sich viel zu oft zu innenpolitischen Fragen äußert – hat Diskussionswellen in den Medien ausgelöst. So musste er denn – als einer der Vizepräsidenten der Regierungspartei PDL – nachlegen und seine Aussage zum Ende des Sozialstaats erklären.

„Ich wünschte mir für die PDL die Wählerstimmen jenes Rumäniens, das arbeitet, nicht jenes Rumäniens, das bettelt (und um dem Wundersack mit Illusionen schwebt, welche die Sozialisten verkaufen). Meine Aussage war eine Metapher. Ich bin jedoch der Überzeugung, dass die Wählerschaft der Rechten meine Botschaft sehr gut verstanden hat.“ Und etwas weiter: „Es geht um die verarmten Manövriermassen der Linken.“

Anders gesagt: jene Wählerschaft, die für die politische Rechte stimmt, ist arbeitsam und darf sich auf Wohlstand gefasst machen. Wer nicht mit „uns“ stimmt, der ist fatalerweise ein linker Wähler, also logischerweise ein Faulpelz, den nur die Armut erwartet. Und wenn diese Faulpelze die kommenden Wahlen gewinnen sollten – deren Zeitpunkt immer noch nicht festgelegt ist, denn die Zusammenlegung der Kommunal- und Parlamentswahlen (wie es sich die Regierungspartei wünscht) auf den Spätherbst 2012 wäre ein Gesetzesbruch - dann ist das eben die Zukunft Europas, mit der die Faulen, also die Nutzer des Sozialstaates, glücklich sein sollen!

Baconschi hat jahrelang – seiner Grundausbildung und Überzeugung, der orthodoxen Theologie gemäß – ans Fundamentalistische grenzende orthodoxe Kommentare in der Kulturzeitschrift „Dilema Veche“ veröffentlicht und war Botschafter Rumäniens im Vatikanstaat, bei den „papistaşi“, die die Orthodoxen die Papsthörigen nennen. Obige so kontrovers diskutierte Aussagen Baconschis stammen aber aus einem ireologisch puren Arsenal diverser protestantischer Strömungen, ausgehend von der göttlichen Berufung/Rolle der Arbeit.

Allerdings und andrerseits: der Außenminister Rumäniens und Vizepräsident des Regierungspartei PDL hat den Nagel auf den Kopf getroffen mit dieser Synthese der gegenwärtigen Diskussionen rund um die Staatsverschuldungen und die Rettung der überschuldeten südeuropäischen Länder – die faulen, selbstbedienerischen, schlampigen, verlotterten - durch die nordeuropäischen Länder – die sparsamen, arbeitssamen, rigorosen, selbstlosen. Wie oft haben wir seit Ausbruch der Schuldenkrise hören müssen, wie die Deutschen oder Finnen das permanente Urlaubsland Griechenland charakterisieren und wie schade es ist, dass ein so schönes Land wie Italien gerade von Italienern bewohnt ist. Man kann bereits ruhig von einer Mystik der Arbeit sprechen, auf die Europa unter Führung von „Merkozy" zugeht, welches durch das vorausschauende Gehorsam Baconschis von Rumänien bereits als einzig positive Zukunftsvariante akzeptiert wurde.

Ob das ein Zufall ist, wenn mehr als die Hälfte der Regierung Rumäniens, allen voran der Premierminister, ideologisch Neoprotestanten sind?