Heimattage der Banater Deutschen: Notgedrungen frei Haus geliefert

Der DFDB-Vorsitzende Dr. Johann Fernbach Foto: Zoltán Pázmány

Die Heimattage der Banater Deutschen werden in diesem Jahr am 29. und 30. Mai stattfinden. Angesagt sind erneut Kulturevents, Grußworte und eine Festmesse. Daran teilhaben können diesmal praktisch alle – und das sogar ohne zu reisen, Hotels zu buchen oder sonstige Ausgaben zu haben. Und trotzdem hätte es liebend gern manch einer getan. Ein persönliches Treffen ist nicht gleichwertig zu ersetzen. Die diesmal aus Pandemiegründen stattfindenden Ereignisse sind in ihrer Online-Variante als Notlösung geradezu ideal. Über die Vorbereitungen der 14. Heimattage in Temeswar, aber auch über die deutsche Gemeinschaft in Pandemiezeiten sprach BZ-Redaktionsleiter Siegfried Thiel mit Dr. Johann Fernbach, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat.

Lassen wir dies hier wie eine Programmankündigung zu den Heimattagen 2021 in Temeswar aussehen…

Die Begegnung der Banater Schwaben in Deutschland hat im vergangenen Jahr nur online stattfinden können. Genauso werden Ende dieses Monats die Heimattage der Banater Deutschen virtuell veranstaltet. Wichtig ist jedoch in einem solchen Kontext, nicht gänzlich auf diese nun schon traditionellen Begegnungen zu verzichten. Dementsprechend haben wir auch das Motto gewählt: Heimattage – virtuell und trotzdem verbunden. Wenn also die Banater Schwaben nicht zu uns kommen können, gehen wir sozusagen „zu ihnen nach Hause“. Die Festveranstaltungen werden am Samstag, den 29. Mai um 11 Uhr ausgestrahlt und am Tag darauf findet eine heilige Messe statt, die live gesendet wird. Er werden sich einige, wenige Personen an dieser Messe beteiligen, denn die derzeitigen Vorschriften lassen eine andere Variante ja leider nicht zu.

Das etwa zwei Stunden laufende Programm ist eigentlich eine Kurzversion im Vergleich zu den Veranstaltungen dieser Art in den Jahren zuvor. Ist an alle Interessengruppen, an alle Geschmäcker, gedacht?

Wir haben ein vielfältiges Programm ausgewählt, sodass ich glaube, alle Interessenten zu erreichen. Wir haben Aufzeichnungen mit Grußworten namhafter Persönlichkeiten aus Rumänien, Deutschland und Österreich, aus hohen Ämtern, die für unsere Gemeinschaft von Bedeutung sind und sogar eines aus dem Präsidialamt. Zwischen die Grußworte schalten wir auch immer wieder Musikeinlagen. Der kulturelle Teil enthält gleich mehrere Buchpräsentationen. Es geht dabei um den aus dem Banat stammenden Maler Adolf Humborg, um den Maler und Temeswarer Kurator Emil Lenhardt sowie um eine Auswahl von Bildern, Skizzen und Aquarellen von Stefan Jäger, die vor einiger Zeit im Temeswarer Kunstmuseum gefunden wurden. Wir haben 50 der insgesamt etwa 300 neu entdeckten Jäger-Arbeiten ausgewählt. Frau Annemarie-Podlipny Hehn hat zu jedem der drei Themen je ein Buchverfasst und das in einer sehr kurzen Zeit. Dafür bin ich ihr besonders dankbar. Wir werden zu den Heimattagen auch ein viertes Buch vorstellen. Nämlich jedes von Ramona Lambing, die ein interessantes Kochbuch zur schwäbischen Küche mit dem Titel „Heimat - die Liebe geht durch den Magen“ geschrieben hat. Zu diesem Buch wird das Banater Forum nach einer ersten, auch eine zweite Auflage herausbringen, weil es sehr viele Leute aus dem In- und Ausland interessiert. Weitere Neuerscheinungen, wie der Gedichtband von Lucian V²r{²ndan (Vorgestellt von der Hochschullehrerin Eleonora Ringler-Pascu) und der neueste Stafette-Band werden ebenfalls vorgestellt.

Sie erwähnten bereits, dass es außer dem Wortanteil auch Musik geben wird. Was können die Interessenten erwarten?

Es wird viel schwäbische Musik geben, eine Musik, die wir lieben. Mein ehemaliger Kollege Richard Beisser wird aus Deutschland eine Aufnahme zuschicken, meine ehemalige Schülerin Ana-Maria Popan, die derzeit in Madrid studiert, wird das klassische Stück „Schön Rosmarin“ von Fritz Kreisler senden. Im vergangenen Jahr wurden 250 Jahre Ludwig van Beethoven begangen. Sicher kann man das Leben von Beethoven nicht in einem Beitrag von 20 Minuten aufarbeiten, aber einige Eckpunkte müssen wir schon bringen. Beethoven hat auch Bezug zu Temeswar und zum Banat. Seine Geliebte, Johanna von Greht, ist nämlich auf dem Heldenfriedhof in Temeswar beigesetzt. Auch soll sich Beethoven über diese Beziehung in S²v²r{in, im Landkreis Arad, aufgehalten haben. So zumindest einige Quellen. In diesem Zusammenhang werden wir Beethoven-Werke, wie die Mondscheinsonate und die Romanze in F-Dur hören. Außerdem wird an diesen Festtagen der Banater Deutschen der Direktorin der Nikolaus-Lenau-Schule, Frau Helene Wolf, die Ehrennadel in Gold des Banater Forums verliehen. Danach kommt es auch zur Vergabe des Stefan-Jäger-Preises.

Inwiefern hat die Pandemie das Interesse für die Tätigkeit des Deutschen Forums und implizite für die bevorstehenden Heimattage geschmälert?

Die Pandemie hat das Leben aller sehr stark beeinflusst. Wir haben ja seit fast eineinhalb Jahren nichts mehr veranstalten können. Wir hatten zuvor sehr viele Veranstaltungen mit Symposien, Konferenzen, Buchpräsentationen, Mundarttreffen, Tanzproben und Tanzvorführungen. Die Leute haben sich gefreut. Außer dem eigentlichen Programm konnten wir zusammenkommen, uns austauschen und dies in deutscher Sprache, aber auch in banatschwäbischer Mundart. Dies alles bei einem Kaffee und in nettem Rahmen. Und deshalb nicht von unverhofft die immer wieder gestellte Frage unserer Mitbürger: „Wann werden die Tore des Adam-Müller-Guttenbrunn-Hauses wieder geöffnet“? Für die Zukunft möchten wir auch weiterhin interessante Veranstaltungen organisieren, sodass unsere Mitglieder und alle Interessenten in unser Haus kommen. Unser im vergangenen Jahr gekauftes August-Förster-Klavier wird die Möglichkeit geben, Musiknachmittage von hoher Qualität zu bieten. Bei dieser Gelegenheit möchte ich drei Herren danken, die mit ihren Spenden zur Eigenleistung des Forums den Kauf des Klaviers überhaupt möglich gemacht haben. Es sind dies Peter Bayard, Alois Weil und Walter Kindl. Der Hauptanteil zum Kauf wurde vom DFDR aus Mitteln des Departements für Interethnische Beziehungen gesichert. Im vergangenen Jahr hatten wir bereits unter Pandemieauflagen die Botschafter Deutschlands, Cord Meier-Klodt und der Schweiz,  Arthur Mattli, in unserem Haus, denen wir das Klavier gezeigt haben. Der Schweizer Botschafter, der sich auch als Pianist von gehobenem Niveau zeigte, stellte uns den Kontakt zu dem deutschen Musiker Moritz Ernst her. Ich habe bereits mit diesem gesprochen und er möchte sozusagen zu einer Einweihungsfeier des Klaviers nach Temeswar kommen und hier die weltberühmten Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach spielen, was eine Premiere für Temeswar ist. Sie wurden vor mehr als 250 Jahren komponiert.

Das Jahr der Europäischen Kulturhauptstadt steht für Temeswar bevor. Außer einigen Fassadensanierungen scheint sich wenig zu bewegen. Von Events, die geplant sind, hört man derzeit recht wenig. Wie kann das Deutsche Forum die Veranstaltungsreihe und ein gutes Gelingen unterstützen?

Wir haben schon einiges vor. 2023 sind zum Beispiel 100 Jahre seit dem Tode von Adam Müller Guttenbrunn. Das Forum hat bereits Kontakt zur Guttenbrunner Heimatortsgemeinschaft in Deutschland aufgenommen, um gemeinsam etwas zu veranstalten. Außerdem haben wir uns in Gesprächen mit dem Bürgermeister als Brückenbauer zu deutschen Kulturinstitutionen angeboten. Wir, als Deutsches Forum, wollen einen gehörigen Beitrag zum Gelingen des Kulturhauptstadtjahres leisten. Nicht zuletzt: In zwei Jahren beabsichtigen wir, die Heimattage der Banater Schwaben ungefähr eine Woche lang zu veranstalten. Die Tatsache, dass man momentan nicht viel über das Programm in zwei Jahren weiß, ist sicherlich nicht in Ordnung. Das wird ein äußerst wichtiges Jahr sein, in dem ganz Europa auf Temeswar blicken wird. Deshalb müssen Planungen rechtzeitig vorgenommen werden. Persönlichkeiten der Kulturszene muss man rechtzeitig einladen, wenn man sie dabei haben will. Auch wenn man gut bezahlt, muss man diese lange vorher einladen, sonst können sie der Einladung nicht mehr Folge leisten. Ich glaube auch nicht, dass Kulturhauptstadt nur das bedeutet, was auf der Straße oder an öffentlichen Plätzen gezeigt wird. Man muss auch zusehen, dass etwas Niveauvolles in den bewährten Kultureinrichtungen auf die Bühne kommt: in der Oper, in den drei Theatern, in der Philharmonie. Und um bei der Philharmonie zu bleiben. Die Akustik des Vorführungsraumes ist nicht in Ordnung und dagegen muss man etwas tun. Und das kann man nicht im letzten Augenblick bewerkstelligen. Ich hoffe, dass der Temeswarer Bürgermeister Dominic Fritz,  als Stadtoberhaupt und Musikliebhaber dies meistern wird.