Heißer politischer Sommer

Es ist traurig und sogar langweilig, immer wieder „denselben Film“, zwar mit neuer Besetzung Belegung, zu sehen. Kaum hatten wir Parlamentswahlen, schon ging der politische Zirkus erneut los. Die Koalition ist schwach und uneinig. Zum Beispiel, ohne unsere Hilfe, der Fraktion der Minderheiten, hätten sie des öfteren keine Mehrheit in der Abgeordnetenkammer gehabt, um ihre organischen Gesetze genehmigt zu bekommen. Wir helfen gern, so gut es geht, aber das ist wahrscheinlich das geringste Problem. Egomane in der Regierung geraten immer wieder aneinander und verursachen Konflikte, die auf der höchsten Ebene der Koalition geschlichtet werden müssen. Das Paradebeispiel Cî]u – Voiculescu. Beide ohne politische Erfahrung, aber mit großen Ambitionen. Nach mehreren Tagen Zoff in der Öffentlichkeit und Streit in der Koalition, wurde die Sache erledigt. Ich war dabei und habe im Namen der Fraktion für Ruhe plädiert und für ein engagiertes Regieren zu Gunsten aller Bürger. Ich habe den Leuten erklärt, dass sie eine Verantwortung tragen und noch viel Zeit, um rechtzeitig für 2024 auseinander zu gehen. Alle Parteien sind wegen dieses Super-Wahljahres sehr nervös und stellen ihre politische Aktion unter das Zeichen der viel Wahlgänge, die folgen. Sie taktieren viel zu viel und bremsen sich gegenseitig aus, damit ja nicht irgend eine politische Persönlichkeit (gibt es praktisch kaum) stärker in Erscheinung treten und sich positionieren kann für die Präsidentschaftswahl. Das gilt auch für die zwei wichtigsten Regierungsparteien. In der USR PLUS gibt es einen Kampf zwischen Barna und Cioloş für den Vorsitz der Partei. Deren Leute positionieren sich sowohl im Parlament wie auch in den Basisorganisationen. Der Konflikt wird eskalieren, falls nicht Barna strafrechtliche Probleme bekommt, die ihn zum Rücktritt bewegen werden.  Falls dies geschieht, ist der Weg frei für Cioloş, der aber 2016 einen sehr schlechten Premier-Minister abgegeben und den vernichtenden Sieg der PSDragnea herbeigerufen hat. Purer politischer Amatorismus! In der PNL wird es noch „lustiger“. Nach dem gravierenden politischen Fehler, den Parteivorsitz vom Premierministeramt zu trennen, gibt es zwei Kraftpole, die sich gegenseitig bekämpfen. Nun ist es auch offiziell: Cî]u kandidiert gegen Orban. Ob er Chancen hat, wird sich zeigen. Als erstes versprach er den Bürgermeistern und Kreisratsvorsitzenden Finanzierungen vom Staatshaushalt. Typisch! Das hat man doch bei PSDragnea so verabscheut! Das Foto bei der Ankündigung seiner Kandidatur war auch eher enttäuschend. Er ist ein guter Finanzexperte, mit Null politischer Erfahrung und in der Partei kaum bekannt, präsentiert sich aber als „frischer Wind“. Für ihn spricht seine Karriere im Beruf, nicht in der Politik.

Was mir Sorgen bereitet, sind die „Weggefährten“ auf dem Bild: ein gescheiterter Premierminister, eine lamentable ehemalige Parteivorsitzende, die zum Sieg der PSD 2016 maßgeblich beigetragen hat, eine pure Opportunistin, die von Orban wichtige Regierungsämter bekommen hat, Minister, die mit der Partei kaum was gemeinsam haben, alte PDL-isten und einige junge Möchtegerne, die im Parlament, bei den Wahlen und in der Partei nichts bewiesen haben. Orban hingegen hat die Wiederaufbauarbeit in der Partei gemacht, die Europa-Wahlen gewonnen, Klaus Johannis im Wahlkampf erfolgreich unterstützt und deutlich bessere Ergebnisse als 2016 bei der Kommunal- und Parlamentswahl, trotz Pandemie und Regierungsverantwortung, erzielt. Bin gespannt, wie sich die Partei verhalten wird, zumal von „unten nach oben“ gewählt wird. Alle Orts- und Kreisorganisationen werden wählen. In diesem Kontext war lustig zu beobachten, dass aus dem Kreis Hermannstadt zwei potentielle Kandidaten anwesend waren, die „Einigkeit“ zeigen wollten, wobei sie sich seit Jahren gegenseitig belauern, um den Vorsitz auf Kreisebene zu behalten bzw. zu ergattern. Fakt ist, dass die parteiinternen Machtkämpfe der PNL und USR Plus die Koalition schwächen werden. Auch nach den beiden Parteitagen wird es nicht besser sein. Die Verlierer werden kaum eine Motivation haben, die Regierung mit ihren Stimmen zu unterstützen, sodass das Regieren fast gelähmt sein wird. Der interne Wahlkampf wird in beiden Fällen mit öffentlichen Kritiken und Beleidigungen verlaufen, so dass das Zusammenleben später kaum noch möglich sein wird. Die PDS leistet ihren Beitrag dazu, indem sie einen Misstrauensantrag stellt. Er wird vermutlich nicht erfolgreich sein, beim nächsten im Herbst kann es aber anders kommen, wenn die PSD und ALDE Überläufer, die jetzt in den PNL-Bänken im Parlament sitzen, plötzlich unruhig werden, aufgrund des Ergebnisses des Parteitags und nach Verhandlungen mit Ciolacu & Co zur PSD zurückfinden. Dann wäre die Regierungsmehrheit dahin, trotz unserer Unterstützung als Fraktion, die im Falle mancher Kollegen eher fragwürdig ist. Als Vertreter des DFDR werde ich selbstverständlich keinen Misstrauensantrag der PSD unterstützen. Ich bange aber um die Effizienz der Regierung und die Umsetzung der PNRR, die Absorption der EU-Milliarden und der politischen Stabilität. Ich muss leider realistisch bleiben, da ich sehr vieles in der rumänischen Politik schon erlebt habe!

Ovidiu Ganț, DFDR-Abgeordneter