„Ich bin mit dem Walzer großgeworden.“

Interview mit dem Musiker und Komponisten Josef Kappl

Foto 1: So kennen ihn die Fans, auf der Bühne mit der Gitarre im Arm: Josef Kappl.
Foto: Anca Dumitrescu

Foto 2: Das Konzert in der Româneşti-Höhle wurde in diesem Jahr vom Jugendorchester Temeswar bestritten.
Foto: privat

Walzer sind in diesem Jahr beim nun schon traditionellen Herbstkonzert in der Româneşti-Höhle vor kurzem erklungen. Das Programm hat die Herzen der Besucher erwärmt, die sich den Eine-Stunde-Weg zu Fuß zur Höhle auch diesmal gern auf sich genommen haben, um an dem ungewöhnlichen Ort Musik zu hören. Das Jugendorchester Temeswar hat diesmal gespielt, zu dem viele begabte SchülerInnen gehören. Wenn man bei Walzer automatisch auf den Namen Strauss kommt, so war diesmal eine der Kompositionen eine Weltpremiere, die von einem Namen stammt, den die meisten Menschen wohl mit Rock verbinden: Josef „Joschi“ Kappl jedoch liebt aber auch andere Musikgenres. Über Rock, Walzer und weitere Projekte sprach mit ihm die Redakteurin Ștefana Ciortea-Neamțiu.

Wie sind Sie vom Rock zum Walzer gekommen?

Eine einfache Frage, auf die ich leider keine kurze und einfache Antwort geben kann! Diese Frage löst bei mir eine ganze Reihe von gedanklichen Betrachtungsweisen aus. Für mich sind Rockmusik und symphonische Musik einfach Musik. Mir sind weder Led Zeppelin oder Deep Purple noch Peter Tschaikowsky oder Richard Strauss fremd. Ich mag sie alle. Ich bin mit dem „Walzer“ groß geworden, denn mein Vater war Geiger und ich hörte seine Musik schon in der Wiege. Gleichzeitig habe ich die schönen Seiten der Folklore kennen gelernt, deren Elemente ich später in die faszinierende Kraft und Freiheitssinn der Rockmusik hinein schleuderte. Aber trotz allem blieb ich immer mit den Gedanken und Sinnen, beim „Walzer“, also bei der symphonischen Musik. Deren Werte wie Inspiration, Schönheit, Dynamik, Kraft, Farbenreichtum, Nuancen, Details, die Komplexität der Harmonien und Rhythmen, und die Arbeitsweise und Disziplin habe ich versucht in die Rockmusik zu importieren.

In diesen Zeiten der großen Spaltungen in fast allen Bereichen, nicht nur in der Musik, versucht sich jeder mit einer neuen Musikrichtung von den anderen abzusetzen, indem er behauptet, etwas Neues entdeckt zu haben. Dabei ändert er nur etwas an der Fassade, aber inhaltlich bleibt er beim Alten. Ich meine damit: Heavy Metal, Death Metal, Black Metal usw. usw., bald auch iMetal (schmunzelt – N. Red.). Die Spaltung kann zur Isolation, die Isolation zur Armut, die Armut zur Krise, und die Krise zum Untergang führen.

Im Gegensatz zu diesem Spaltungsprozess, versuche ich mit dem was ich mache, die Rockmusik mit der symphonischen zu vereinen, in dem ich meinen Kompositionen, nebst Rock-Arrangements auch die symphonischen-Arrangements beisteuere. Mittlerweile habe ich nicht nur meine Rock-Oper „Meşterul Manole“, sondern fast alle meine Kompositionen, die ich meiner Band „Pasărea Rock“ gewidmet habe, mit Orchesterarrangement versehen. Daher war es für mich gar nicht so schwer den „Walzer in 5“ zu komponieren.

Diese Komposition ist eine ungewöhnliche. Der (Wiener) Walzer ist gewöhnlich im Dreivierteltakt, es gibt nur noch einen Walzer außer Ihrem im Fünfachteltakt. Warum diese Entscheidung? Erklären Sie, bitte, dem breiten Publikum, was es melodisch bedeutet.

Dass meine Komposition „Vals în 5“, auf Deutsch „Walzer in 5“, im Fünfachteltakt geraten ist, ist ein reiner Zufall. Das hat der Rhythmus der Melodie des Hauptthemas, die die Fünfachtel-Taktart verlangt hat, entschieden. Das wichtigste Element in einer Komposition ist die Hauptmelodie, also das Thema, das auch den Rhythmus vorgibt und nicht umgekehrt. Also die melodische Phrase des Hauptthemas meiner Komposition ist 5/8 lang, und ergibt eine Pulsation von 3/8+2/8. Es gibt, nach meiner Kenntnis, nur noch einen Walzer im Fünfvierteltakt, der in Peter Tschaikowskis 6. Symphonie „Pathétique“ als zweiter Teil des Werkes vorkommt. Dieser Walzer, wie auch die ganze Symphonie, sind von unschätzbarer Schönheit.

Ihre Komposition wurde am Sonntag im Konzert in der Româneşti-Höhle vorgetragen. War das die Premiere oder wurde sie schon einmal gespielt und wo?

Ja, in der Tat, am 8. Oktober, habe ich die Ehre gehabt, der Erstaufführung der Orchesterfassung meines Werkes beizuwohnen. Die Aufführung fand in der Româneşti-Höhle statt, im Rahmen eines traditionellen Konzertes, diesmal des Temeswarer Jugendorchesters, unter der Leitung von Radu Popa. Die Erstaufführung des Werkes in seiner ursprünglichen Fassung für Streichquartett, und etwas reduzierten Form, fand am 23. Juni dieses Jahres in Karlsburg/Alba Iulia statt, im Rahmen eines Konzertes mit dem Projekt „Ciocârlia Reloaded“, dessen musikalischer Leiter ich bin. Die Interpreten meines Werkes in der Quartett-Fassung waren keine geringeren als die drei wunderbaren Streicherinnen der Gruppe Amadeus mit dem Konzertmeister des Rundfunkorchesters von Bukarest, Daniel Manasi. Dieser hat mir auf Facebook mitgeteilt, dass er ungeduldig auf die Orchester-Partitur wartet (lächelt – N. Red.). Bezüglich der Entstehung des Orchesterfassung meines Werkes, muss ich eine kurze Geschichte erzählen: Nach dem Konzert in Karlsburg hatten wir ein anderes Konzert mit dem Projekt „Pasărea Rock-Simfonic“ in Temeswar, mit dem Wojwodina-Symphonik-Orchester aus Novi Sad, unter der Leitung von Radu Popa für den 26. Juni geplant. Die Orchesterproben fanden in Novi Sad statt. In einer Pause hatte ich Radu die Partitur meines Walzers in Quartett-Fassung gezeigt. Nachdem er sich die Partitur angeschaut hat, riet mir Radu, ein Orchester-Arrangement für den Walzer zu verfassen. Ich bin seinem Rat gefolgt, und nun stehe ich da, und kann es nicht fassen, wie viel Begeisterung ich damit auslösen konnte!

Welches war Ihr Eindruck von dem Jugendorchester, das dort gespielt hat und von dem Konzert als solches?

Ich bin sehr glücklich, dass ich die Gelegenheit hatte, mein Werk mit diesem so jungen Orchester vorzubereiten. Diese jungen Musiker haben mein Werk von Anfang an mit viel Begeisterung angenommen. Das bedeutet sehr viel für den Verfasser. Das Jugendorchester Temeswar hat sehr viel und fleißig für dieses traditionelle Konzert in der Româneşti-Höhle gearbeitet. Die jungen Musiker haben ihre Freizeit nach der Schule, für die täglichen Proben geopfert. Dieses Konzert ist aber keine einfache Angelegenheit, wenn man den Weg zur Höhle, den Instrumententransport, die Regengefahr, die Feuchtigkeit und die Kälte in der Höhle bedenkt. Aber die Belohnung für die Mühe war umso größer, wenn man die Zahl der jubelnden, fast 2000 Besucher dieses Konzertes betrachtet. Ich bin Alina Cuibariu-Jumuga, der Initiatorin des Projektes Jugendorchester Temeswar, dem Dirigenten Radu Popa und dem Phiharmonie-Direktor Gârboni sowie allen Mitgliedern des Jugendorchester, für die wertvolle Unterstützung sehr dankbar.

Welchen Weg gehen Sie in Zukunft, Rock oder Klassik?

Selbstverständlich werde ich auf beiden Wegen gehen, getrennt, wie auch vereint, weil für mich die Rockmusik genauso wichtig ist wie die symphonische und Symphonik-Rock.

Welche Projekte haben Sie demnächst?

Ich schwärme für große Projekte wie „Pas²rea Rock-Simfonic“, oder meine Rock-Symphonie-Oper „Meşterul Manole“, die seit der Erstaufführung im November 2013 auf eine neue Aufführungs-Chance wartet. Aber ich arbeite auch fleißig an dem Projekt „Ciocârlia Reloaded“, initiiert von unserer Booking-Agentur „Revolver“, ein Projekt wo sich Folklore, Folk, Rock, Jazz, Symphonie-Rock und Symphonie Treffen. Mit diesem Projekt werden wir in naher Zukunft auch in Temeswar auftreten. Zum 100. Jubiläumsjahr der Großen Vereinigung, habe ich ein Lied verfasst, das ich in einer großen Besetzung, als Zusammenfügung einer Rock-Band mit einem großen Orchester, einem großer Chor und einem Solisten, vorstellen möchte.

Wann kommen Sie wieder nach Temeswar?

Es liegt noch kein Termin vor, wann ich wieder nach Temeswar kommen werde, aber das wird bestimmt bald sein. Sie wissen ja: „Timişoara, mon amour“!