Immobiliengeschäfte unter der Lupe

Genaue Inventur und Kontrollen im Temeswarer Rathaus

Die wertvolle Mühle-Villa ist nach Übernahme durch die Immobilienmafia zu einem städtischen Schandfleck geworden.

Verwahrloster als früher: Der in Privathand gelangte Altbau der Onokologie-Klinik Foto: Zoltán Pázmány

Kontrolle um Kontrolle laufen seit geraumer Zeit im Temeswarer Rathaus: Im Visier steht vorrangig die seit Jahren skandalumwitterte Direktion des Stadtpatrimoniums. Es handelt sich diesmal nicht um Vertreter der lokalen Gesetzesbehörden, Polizei und Staatsanwaltschaft, sondern um ein Team von Staatsanwälten von DIICOT Bukarest. Mit starkem Nachdruck aus der Hauptstadt und mit Hilfe von lokalen Fachleuten und Stadtbeamten soll endlich eine genaue Inventur sämtlicher Altbauten – Die Begastadt besitzt mit über 14.000 denkmalgeschützten Bauten das landesweit größte histotische Bauensemble- und letztlich die längst fällige Ordnung in diesem Aktenberg geschaffen werden. Laut Vizebürgermeister Traian Stoia hätte diese Inventur in 24 Jahren schon längst von den vorherigen Stadtverwaltungen vorgenommen werden müssen. Es gehe darum, dass die technischen Bücher dieser historischen Bauten geprüft und, was in etlichen Fällen nötig sein wird, auch neu und mit genauen Daten angelegt werden müssen. Bürgermeister Nicolae Robu widerspricht dabei seinem Amtskollegen: „Bei mir, dem amtierenden Bürgermeister der Stadt, wurde kein offizieller Antrag für diese Kontrollprozedur von DIICOT Bukarest gestellt, wie das Gesetz es vorschreibt. Übrigens wird diese Häuserinventur sowieso schon seit Beginn meiner Amtszeit, als wir eine katastrophale Situation in diesem Bereich vorfanden, mit eigenem Personal aus dem Rathaus durchgeführt.“

In diesem Sinne sei an die Absetzung und die Verhaftung von Nicu{or Miu], dem ehemaligen Leiter der Direktion für Stadtpatrimonium, im Januar 2014 erinnert: Miu] wurd gemeinsam mit vier weiteren Amtskollegen wegen Amtsmissbrauchs und ilegaler Rückerstattung eines Gebäudes vor Gericht gestellt. Das stattliche Gebäude am Mihai-Viteazu-Boulevard Nr. 17 war 1960 aus Privathand in Staatsbesitz gelangt. Nach der Wende kam C. Cârpaci, ein bekannter Vertreter der Temeswarer Immobilienmafia, durch einen Entscheid des Hohen Kassations- und Justizhofs in den Besitz des Gebäudeflügels B. Bis 2004 funktionierte im Flügel A ein Kindergarten. Im gleichen Jahr haben Miu] und Kollegen als Mitglieder der städtischen Rückerstattungskommission auf ilegale Art und Weise dem neuen Eigentümer Cârpaci auch den Flügel A des Hauses rückerstattet, was zu der sofortigen Evakuierung des Kindergartens geführt hat.

Seither ist es in dieser Stadtdirektion, mit der schier unlösbaren Unordnung in den Unterlagen, nicht mehr so recht zur Ruhe gekommen, die Direktion blieb bis heute die Achillesferse der neuen Stadtverwaltung. Sechs Monate lang fungierte der Berater Martin Staia als Leiter ad interim, seit Ende Juli wird die Direktion von Laura Koszegi geleitet.

Die Kontrolle durch die Bukarester DIICOT-Staatsanwälte ist nicht die einzige im Temeswarer Rathaus, seit Frühjahr führt auch das Kontrollcorps des rumänischen Premiers hier im gleichen Bereich eine eigene Untersuchung durch. Hauptziel ist die genaue Untersuchung der Art und Weise, wie etliche historische Immobilien aus Temeswar rückerstattet wurden. Geprüft werden auch alle Verkäufe von Gebäuden gemäß der Gesetze 112/1995 und 79/1997 und sömtliche Entschlüsse und Verordnungen in diesem Bereich, die vom ehemaligen Temeswarer Bürgermeister Gheorghe Ciuhandu getroffen wurden.

„Ich hoffe nur“, meint Vizebürgermeister Stoia dazu, „dass diesmal diesen Untersuchungen auch konkrete Maßnahmen folgen werden!“

 

Das große Geschäft mit dem Gesetz 112

Sollten diese Untersuchungen jedoch letztlich öffentlich gemacht werden, könnte es in der Begastadt zu einem nach der Wende niedagewesenen Skandal führen. Geprüft wird nämlich auch, wie etliche ehemalige und derzeitige hohe Beamten von der Polizei, von DNA und der Staatsanwaltschaft gemäß einer städtischen Verordnung von 1998 aufgrubnd des Gesetzes 112 Staatswohnungen zu Spottpreisen, weit unter dem Marktwert jener Zeit, ankaufen konnten. Unter den Nutznießern würden sich u.a. S²ndel Palade, ehemaliger Leiter der Temescher Polizei, Vasile Speriusi, ehemaliger Leiter von DNA Temeswar, Dorel Andra{, ehemaliger Leiter des SIPI-Dienstes Temesch, oder Radu Ilina, Leiter der Temeswarer Militärstaatsanwaltschaft, befinden. Derartige Schnäppchen haben sich, laut den geprüften Unterlagen, aber auch Oberstaatsanwalt Vasile Bâlc und Tamas Schiffbeck, derzeitiger Leiter von DNA Temeswar, nicht entgehen lassen. Schiffbeck zum Beispiel, Mieter einer Dreizimmerwohnung, mit einer Nutzfläche von 62 Quadratmetern in der Mure{-Straße bis 1999, hätte dieses Appartement für 4.500 US-Dollar, mit einer Ratenzahlung auf zehn Jahre, ankaufen können. Vasile Bâc wurde im September 1998 Mieter einer staatlichen Wohnung von 181 Quadratmetern am Temeswarer Boulevard des 16. Dezember. Vier Monate später kaufte er zum gleichen Preis diese Luxuswohnung für 8500 Lei, gleichfalls mit jahrelanger Ratenzahlung, an. Diese Transaktion war übrigens schon Thema einer Untersuchung gewesen, am Ende wurde diese Akte jedoch geschlossen. Laut ersten Untersuchungen befindet das Kontrollcorps des Premiers all diese Transaktionen klar als ilegal. Sie wären ohne eine Sondergenehmigung der damaligen Stadtkommission (Mitglieder waren u.a. Bürgermeister Gheorghe Ciuhandu, Nicu{or Miu], Berater Vasile T²rciatu und Liviu Barbu, Leiter von ADP) aus dem Jahr 1998 nicht möglich gewesen.

Laut dem amtierenden Bürgermeister Nicolae Robu sind all diese Untersuchungen willkommen und werden auch mit allen Kräften unterstützt: “Sollte es sich herausstellen, dass diese Transaktionen ilegal waren, ist nur eine Lösung möglich und gesetzmäßig. Diese Wohnungen müssen wieder in Stadtbesitz kommen.“