KOMMENTAR: Ein aufhaltsamer Abstieg

Lesern der an dieser Stelle seit Jahren wöchentlich geäußerten Meinung ist aufgefallen, dass hier von Präsident Klaus Johannis immer wieder gefordert wird, „seinem“ Volk näher zu treten, sich öffentlich zu erklären, zu den brisanten Fragen der Zeit und des Landes Stellung zu beziehen, Reden an die Nation zu halten. Öfter zitierbar werden. Richtungen vorzugeben. Klar und eindeutig – wie im Wahlkampf 2014... – zu reden. Tacheles. Erklärungen zu liefern. Die Führungsrolle, in dem Maße, wie sie ihm die Verfassung zuordnet, voll auszufüllen.

Nicht mehr abzutauchen, wenn (s)eine autoritäre Stimme gebraucht wird. Auslandsreisen zu kürzen und aufs Wesentliche – die strikten Interessen des Staates – zu fokussieren. Nicht den Eindruck zuzulasssen, dass Auslandsreisen des Staatschefs wie eine Art Tourismus der Familie Johannis auf Staatskosten genutzt werden – wie zunehmend von den rumänischen Medien vorgeworfen.

Die Sorge, die hier anklingen soll bezüglich „unseres“ Präsidenten, kommt vor allem von den abstürzenden Umfragewerten, die Johannis und die als „seine“ Partei wahrgenommene PNL verzeichnen. Nicht bei Meinungsforschungsinstituten, die im Ruf der Parteinähe stehen, sondern bei dem als objektiv geltenden SAR-CURS. Sie zertifizieren Johannis in der Bevölkerung von Bukarest bloß Sympathiewerte von 27,5 Prozent. Das ganz Besorgniserregende an dieser Umfrage ist aber der Unzufriedenheitswert mit unserem von „Spiegel-Online“ als „Dilettant“ abgestempelten Staatschef: 38 Prozent. Die PNL liegt bei 26 Pozent.

Bukarest ist – trotz seiner zwischen ungebildet-gebildet polarisierten, vorlauten, grapscherischen und zu unvorhersehbaren Reaktionen neigenden kriecherisch-aufmüpfigen Bevölkerung – ein Gradmesser für die politischen Kaprizpolster dieses fernsehvernarrten Volkes. Gerade deshalb sollte der beflissentlich wegschauende Präsident diese Umfrage sehr ernst nehmen. Aussitzen, wie seinerzeit unter Helmut Kohl, das geht in Rumänien nicht. Klaus Johannis müsste sich das endlich zu Herzen nehmen – wenn er überhaupt noch an ein eventuelles zweites Mandat denkt. Gut immerhin, dass 31,5 Prozent der Antwortenden zugegeben haben, (immer noch) „keine feste Meinung“ zu Johannis gefasst zu haben.

Vor allem um die geht es. Die schafft nur ein aktiver Präsident Klaus Johannis, nicht ein Duckmäuser, als der er von den quirlig-wetterwendisch-vorlauten Bukarestern empfunden wird. Die wird und kann er nicht ändern. Er muss sich ändern. Durch Sendungs- und militantes Werte-Bewusstsein.

„Seine“ PNL nutzt ihm da nichts: ohne Persönlichkeiten, ohne Linie (Frage der Wahlgänge bei Bürgermeisterwahlen), ohne Parteinahme für ihren Ex-Vorsitzenden.

Klar: Johannis wird zur Meinungskasse gebeten für das, was er nicht macht.

Was hindert ihn jedoch, etwas zu tun?