Kontrovers: Höchstnoten ignoriert

„Schüler aus dem Lenau haben glatte Einsen beim Abitur bekommen und werden doch an Universitäten in Deutschland zugelassen!?“. Die Verblüffung eines Journalistenkollegen ist groß. Ich erkläre ihm, dass die 1.00 die Höchstnote ist, die nach deutschem Bewertungssystem ein Schüler für seine schulischen Leistungen erhalten kann. Er weiß es nicht, auch deshalb, weil es ihm so gut wie gar nicht mitgeteilt wurde.

„Einen einzigen Zehnerschüler gibt es beim Abitur 2017 im Verwaltungskreis Temesch“, schrieben die Medien bzw. ließen die zuständigen Behörden wissen. Der wunde Punkt ist also nicht das Unwissen des Kollegen, sondern die Tatsache, dass solche Aspekte nicht bekannt gemacht wurden. Es mag zwar stimmen, dass an der Spezialabteilung des Lenau-Lyzeums das Deutsche Abitur vergeben wird, doch das ist kein Grund, die Leistungen der Absolventen zu schmälern, die auch hier die Höchstnote erhielten. Dabei waren es gleich fünf Schüler, die fehlerlose Arbeiten ablieferten. In Rumänien zeigen doch Studienheimkehrer gern ihr im Ausland erworbenes Diplom herum, und bei einer Einstellung gilt es - Aussagen nach – sogar als ein Plus-Kriterium, wenn ein Abschluss in Westeuropa gemacht wurde, vor allem dann, wenn mit vielen rumänischen Diplomfabriken der Vergleich angestellt wird.

Für einen Außenstehenden muss es wohl so klingen, als wären Schüler mit deutschem Abitur (eigentlich ist es ein Doppelabitur) nicht genauso leistungsbezogen und kritisch geprüft worden, als jene, die die 10.00 nach rumänischem Muster erhalten haben. Man muss sich schon fragen, ob es ein wenig Ignoranz gegenüber den Schülern am Lenau-Lyzeum war, ob man aus Berechnung eine Schule in der Sprache einer Minderheit nicht mit auf der Rechnung hat, oder ob das Interesse nicht groß genug ist, um auch solche Aspekte darzustellen.

Dass die Leistungen der Schüler mit Deutschem Abitur vergessen werden, wenn es um deren Abschlussnoten geht, ist nicht neu. Manch einer kann nun behaupten, dass die fünf aus dem Lenau-Lyzeum übergangen wurden, weil deren Abi nicht zeitgleich mit dem gewöhnlichen Abitur abgelegt wurde. Doch gerade da hätte der Stolz in der Schulbörde, ja selbst im gesamten Verwaltungskreis aufkommen müssen, denn man schaut ja gerne zu den großen erfolgreichen Nachbarn in Westeuropa. Das Argument, dass allein in Temeswar und Bukarest deutsches Abitur abgelegt wird, sollte künftig eher als Grund des Stolzes, statt des Gegenargumentes gelten.