Kultur mit einem Schuss Kaffee

Die Cafékultour-Woche hielt die Temeswarer im Bann

Eine Tanz-Licht-Musik-Performance für die Sinne „Bioluminescent“ entstand für die Cafékultour-Woche

Peter Trevisan (links) ist der Solist und Gitarrist der Band „EMMA6“, sein Bruder Henrik sitzt am Schlagzeug, Dominik Republik spielt Gitarre Bass.

Bei „Wir drehen uns im Kreis“ oder „Ab und zu“ sang das Publikum mit.
Fotos: Zoltán Pázmány

So nimmt eine Maschine seine Umwelt war: Mittels einer Kinect-Kamera versucht Alexandre Suné zu zeigen, wie ein künstliches Objekt, zum Beispiel ein Computer oder Roboter, die Realität wahrnehmen würde. Gleichzeitig will der Künstler auch eine Bindung zwischen seiner Installation und dem menschlichen Betrachter schaffen.
Foto: Tazam

Mit einer Fusion-Vorstellung, in der Tanz, elektrische Musik und Lichtkunst zusammenspielten, hat das Deutsche Kulturzentrum sein eigenes Programm im Rahmen der vor wenigen Tagen ausgeklungenen Cafékultour-Woche eingeleitet.Sieben Tage lang genossen die Temeswarer Kultur und Kaffee in alternativen Räumen, in Cafés, aber auch in der Mansarde der Theresienbastei und sogar in Teestuben.

In Temeswar sind das Deutsche Kulturzentrum und das Französische Institut schon seit elf Jahren Partner in diesem Projekt, das junge und jung gebliebene Leute eine Woche lang aus den Häusern und in die Cafés lockt, um Kultur zu genießen. Die Licht-Tanz-Musik-Produktion „Bioluminescent“ entstand speziell für die Temeswarer Woche der Kaffeehauskultur und ist ein Projekt, das die Tänzerin Alina Ştefan mit dem Mannheimer Lichtkünstler Benjamin Jantzen (alias „Pixelschubser“) und den Musikern von „Armies“, einem Temeswarer Trip-Hop- / Ambient-Projekt zusammenbrachte. Ein zahlreiches Publikum fand sich am Dienstag bei der Performance in der Mansarde der Theresienbastei ein. Die Stühle waren alle besetzt und man nahm auch das Hocken oder Stehen in Kauf, um dabei zu sein. Nur eine weiße Linie auf dem Boden durfte nicht überschritten werden: sie markierte eine Zone, die zu dem guten Verlauf der Performance nötig war. Das Licht begann zu fließen, blitzen, strömen. Die Rhythmen pochten, Pixel und Laser schossen auf das Tuch aus Organza, das der Tänzerin einen Freiraum schaffte, schossen auf ihr Kleid, die Tänzerin schien in einem Pattern gefangen, nein, sie war Teil davon. Das Pattern - eine Matrix, die Tänzerin bewegte sich mittendrin.

Die Performance, in der die Lichtprojektion mit der Musik und dem Tanz dialogierten, schuf vielfältige Eindrücke von Tiefe, Plastizität und Bewegung, schuf virtuelle und wirkliche Räume und appellierte an fast alle Sinneswahrnehmungen der Zuschauer.

 

Konzert der Kölner Band „EMMA6“

Nicht nur Performances, sondern auch Filmvorführungen standen auf dem „Menü“ der Cafékultour-Woche. Am Samstag kam dann das „Sahnehäubchen“: das Konzert der deutschen Pop-Rock und Indie-Band „EMMA6“, die mit dem Auftritt in Temeswar ihre Tournee in Rumänien beendete.

Für die Anwesenden war es ein entschieden gelungener Abend: den drei Boys von „EMMA6“, die zurzeit im deutschen Hörfunk und TV sehr beliebt sind, gelang es das Publikum, das sich in „Ambasada“, dem neuesten In-Lokal in Temeswar, zusammengefunden hatte, für sich zu gewinnen. Die alte, renovierte und der Kunst eröffnete Halle, das Bier oder der Wein – je nach Wunsch oder auch ein Kaffee oder eine Cola - , der Witz der Jungs – „a smart lady told me not to say Prosit! in Romania“, die Musik und für die Deutsch-Sprecher im Publikum auch die Verse der Songs – waren die Ingredienzien für den gelungenen Abend.

Den Veranstaltern der Kaffehauskulturwoche gelang es in diesem Jahr ein besonders vielfältiges Programm zusammenzustellen und die verschiedensten Kunstformen zusammenzubringen und sorgten damit für eine originelle Variante für die Vorstellung und die Förderung der Kulturen im städtischen Raum. Eine wichtige Rolle spielten auch die anderen Kulturen, die sich im Rahmen dieser Woche vorstellten: die Spanier und Briten, die Polen und Tschechen. Unterstützung erhielten die Veranstalter auch von dem Goethe-Insitut, dem Auswärtigen Amt, der Stadt Temeswar, dem Kreisrat Temesch sowie auch von dem Banater Museum. (SCN)

 

Einblick durchs Maschinenauge

„Tazam Project“ bei Cafekultour

 

Alexandre Suné will wissen, was sich hinter den Augen einer lebendig gewordenen Maschine verbirgt. Wie würde ein Pendant zu Stanley Kubricks HAL 9000 die Welt wahrnehmen? Guillaume Beinat ist weniger an den Ergebnissen der Hochtechnik und viel mehr an denen seines Gegenstücks interessiert. Zumindest für seine Installation „Neoptera“ wollte der Franzose keine Spitzentechnologie verwenden. Mit einfachen Mitteln hat er ein Mikrokosmos geschaffen und sich dabei von den Langfühlerschrecken inspirieren lassen. Zum Abschluss der Cafekultour-Woche stellte Beinat seine „Neoptera“-Installation und die Installation seines Künstlerkollegen Alexandre Suné „Behind his Eyes“ in Temeswar aus.

Als Ausstellungsort wählte das Französische Kulturinstitut ein altes Gebäude der Schuhfabrik Banatim aus. Heute befindet sich dort das Künstleratelier des Vereins „Tam Tam“. Es ist für manche ein Geheimtipp, ein abgeschiedener Ort, der für Nichteingeweihte umständlich zu erreichen ist. Hier, wurden in zwei fensterlosen Räumen, die beiden Installationen eingerichtet. Die interaktive Installation „Behind his Eyes“ besteht sichtbar nur aus einem Flachbildfernseher und einer von Microsoft hergestellten Kinect-Kamera. Diese nimmt die Personen wahr, die sich dem Bildschirm nähern und verarbeitet das aufgenommen Bild als Binärcode. Es stellt dabei die Entfernung der Person zu sich selbst fest und erzeugt auch in Relation dazu ein Geräusch.

„Neoptera“ besteht aus 100 Modulen ausgestattet mit lichtempfindlichen Sensoren und simplen Lautsprechern, die das gleiche Geräusch, allerdings alternierend, wiedergeben. Die Intensität des gleichzeitig wiedergegeben Geräusches hängt von der Intensität des auf die Sensoren einfallenden Lichtes ab. Je heller es im Raum wird, desto lauter und öfters kommunizieren die einzelne Module miteinander. Wird es komplett dunkel, geben auch selten und nur wenige der Module, Geräusche von sich. Beinat simuliert dabei die Kommunikation innerhalb einer Grillenkolonie, die ebenfalls abhängig von äußeren Einwirkungen, unterschiedlich laut und unterschiedlich oft zirpen. Der Künstler sprach immer wieder vom Aufbau eines Mikrokosmos, das auf einfache Konnexe beruht und aus den simpelsten Bausteinen besteht.

Seit 2008 bilden die beiden Künstler die Gruppe Tazasproject. Was beide fasziniert, ist die Beziehung zwischen der Technologie und dem Menschen. Zwei Jahre lang beschäftigten sich die beiden mit erweiterter Realität. Sie entwickelten eine Begleit-App zu Produkten, die die zwei Grafikdesigner konzipiert hatten. Damit schlugen sie eine Brücke zwischen digitalen und analogen Medien. Inzwischen beschäftigen sie sich mit interaktiven Projekten. Es geht ihnen um den Bezug des Menschen zu den Maschinen und umgekehrt. Und in den beiden Installationen, die im Rahmen von Cafekultour in Temeswar vorgestellt wurden, ging es den beiden um Zerbrechlichkeit des Klanges. Andere Projekte, wie zum Beispiel das „Tazas“-Buch geht viel mehr auf das Visuelle ein, aber auch mit Einbezug des Auditiven. Durch die Experimente dekonstruieren die beiden Künstler und Grafik Designer auch die heutigen Medienformen, um so ein Verständnis darüber zu gewinnen, wie sie den Menschen beeinflussen und verändern. (RT)