„Leit, de Kenich kummt!“

Historischer Tag für die Schwaben: Königsbesuch am 13. November 1923

Die katholische Kirche in Billed.

Das Billeder ehemalige „Groß-Wertshaus“ ist heute das Kulturheim der Gemeinde. Archivfotos: Zoltán Pázmány

Ein ehemaliger Billeder, Josef Thöresz, berichtete Folgendes über ein für die Banater Großgemeinde geschichtliches Ereignis, und zwar den Besuch des rumänischen Königs Ferdinand und der Königin Maria von Rumänien, in der Heidegemeinde nach dem Anschluss des Banats an Großrumänien, im Jahr 1923:

Ich will euch erzählen, was nur mehr die Alten wissen. So unser Banater Schwabe .„Et hat aa scheeni Täch for die Billeder gen“ (Es hat auch schöne Tage für die Billeder gegeben). Am13. November 1923 war für die Billeder ein ganz großer Tag: „De Kenich“, der König, hieß es, der kommt nach Billed. Er will sich mal die Dörfer anschauen, die seinem Land nach dem Krieg zugefallen sind. Man hat alle größeren Bauernhöfe aus der „Zwettgass“, der Hauptgasse, verständigt, dass die Leute ihre Häuser richtig „rausputzen“ sollten. So hatte es der Gemeinderat beschlossen. „Wir wollen doch einen guten Eindruck machen, weil der König doch ein Hohenzoller-Sigmaringen, auch so ein Deutscher wie wir, ist“, hieß es. Endlich war es soweit. Die Leute aus allen Gassen, sogar aus den Nachbardörfern, haben sich in der Billeder Hauptgasse versammelt. Sie standen rechts und links an der Straße „Spalier“ und winkten dem König mit kleinen rumänischen Fähnchen zu. Vor dem Gemeindehaus haben der Richter und der Domherr den König empfangen, wie es sich gehört, mit Brot und Salz. Die „höheren Persönlichkeiten“  wurden dann im Gemeindessaal zu einem Festessen eingeladen. Die Gäste haben den Billeder Wein aber besonders unseren „Tuwak“, den landesweit bekannten Tabak, gelobt.

Unser  Bauernhof war der erste, gleich neben dem “Groß-Wertshaus“ (Kulturheim). Mein Urgroßvater, Nikolaus Reiter, hat von Großjetscha nach Billed geheiratet und1890 neben dem Wirtshaus ein schönes Bauernhaus mit trockener Einfuhr, wie es hieß, gebaut.

Es ging eigentlich sehr spannend zu: Plötzlich reißen zwei Ordner das Tor auf und rufen: „Leit, de Kenich kummt! Er ist schon auf dem Weg zu euch. Also, das gab eine Aufregung in unserem Haus. Mein Vater war gar nicht zu Hause, er war unter der Menschenmenge in der Hauptgasse. Das Militär hatte schnell alles abgeriegelt und hat keinen Menschen mehr durchgelassen. Was nun? Der König musste doch empfangen werden!

Da hat sich mein 82jähriger Urgroßvater kurz entschlossen. Er ist dem König und seinem Gefolge in der Einfuhr entgegen gegangen. “Seine Majestät, der König, ist herzlich willkommen in unserem Haus!“. Das waren seine Worte. Mittlerweile hat man auch meinen Vater herein gelassen. Der König hat sich bei meinem Urgroßvater herzlich auf Deutsch bedankt. Und er hat sich unseren Bauernhof gründlich angeschaut. Am längsten hat er sich in unserer „Speis“, der Speisekammer aufgehalten: Im November geräucherte Schinken und Speckseiten, die vielen Gläser mit eingemachtem Obst, dem “Dunschtobst“ aus dem eigenen Garten, im Keller die vielen „Krumbirre“, die Kartoffel, dann das Sauerkraut, und mehr Weinfässer mit dem guten Wein von unseren Trauben.

Der König war ehrlich begeistert, er hat alles gelobt. Man sah, dass er richtig stolz war. Er hat sich auch eine Träne abgewischt. Auch in die Ställe ging er, bewunderte unsere Pferde, den Mais, Dutzend gemästete Schweine. Alles hat ihm sehr gut gefallen.

Beim Abschied sagte der König: “Ich hab nicht geglaubt, dass aus so einem Sumpfgebiet ein so blühendes Land entstehen würde, mit solch wohlhabenden Leuten!“ Der König nahm noch meinen zweijährigen Bruder auf den Arm und wünschte ihm viel Glück als zukünftigem Hofbesitzer. Leider starb mein Bruder schon im nächsten Jahr, also 1924 an Scharlach. Mein Urgroßvater lebte aber bis zum November 1928. Er starb mit 87 Jahren.

König Ferdinand hat von 1914 bis 1927 als König von Großrumänien regiert. Es war eine gute Zeit für die Banater Schwaben. Das Wichtigste: In der Schule wurde wieder Deutsch, “unser Mottersproch“, unterrichtet.

 Auszug aus dem Billeder Heimatblatt 2004

Der Text wurde aus der Mundart ins Hochdeutsche übertragen

 

Redaktionelle Bearbeitung: Balthasar Waitz