Literatur des Expressionismus und der Zwanziger Jahre

Temeswarer Germanistin veröffentlicht Vorlesung

Das Buch ist als Vorlesung für Studenten gedacht, kann aber auch andere Leser ansprechen, die sich für die Literatur des Anfangs des 20. Jahrhunderts interessieren.

Ein blaues Pferd in einem Gemälde, das nicht nur in der bildenden Kunst Geschichte gemacht hat, hat Anfang des 20. Jahrhunderts Aufregung erregt. Das Bild hatte eine Künstlergruppe in München dazu angeregt, den Namen „Der Blaue Reiter“ anzunehmen. Und Franz Marcs „Blaues Pferd“ hat die Bahn zum deutschen Expressionismus eröffnet. Und unter anderem darum geht es in einem neulich erschienenen Band in deutscher Sprache im Verlag der West-Universität Temeswar.

Eine „Einführung in die Literatur des Expressionismus und der Zwanziger Jahre“ bietet nämlich die Germanistin Beate Petra Kory in dem so betitelten Buch, das – so lautet der Untertitel – „eine Vorlesung zur deutschen Literatur an der West-Universität Temeswar“ darstellt und damit vor allem an die Studenten und Masteranden gerichtet ist. Die Autorin ist als Lektorin tätig; zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen die deutschsprachige Literatur des 20. Jahrhunderts, Literatur und Psychoanalyse sowie die deutsche Literatur im rumänischen Sprachraum.

Weltweites Symbol und Ausdrucksmittel der Expressionisten war der Schrei, der, wie Beate Petra Kory erinnert, „mit den Worten des Schriftstellers und Theoretikers des Expressionismus Kasimir Edschmid (1890-1966) als ‚Ausbruch des Inneren‘ bezeichnet werden kann“. Und damit wird die Essenz des Expressionismus auch dargelegt. Außer der Periodisierung und den Worterklärungen, dem Präsentieren von Autoren und Werken, schafft dieses Buch etwas mehr: die Eingliederung des literarischen Phänomens in die Gesellschaft, in die Zeit. Die Autorin widmet sich zwar vorrangig der Literatur, doch der Leser lernt diese lesen und verstehen, indem ihm das damalige Weltbild, die damaligen geschichtlichen, sozialen und politischen Zusammenhänge sowie das Kunsterlebnis der Zeit vor Augen geführt werden. Damit wird Literatur aber als etwas Lebendiges, Aktives vermittelt in Wechselwirkung mit den Zeitgeschehnissen sowie mit dem Zeitgeist.

Für Beate Petra Kory war es wichtig, ihren Studenten vor Augen zu bringen, dass das Studium der Literatur ein Studium der Epoche und der Gesellschaft ist. Ihr gelingt es, in dem Buch über Literatur auch etwa Wissen über philosophische und ideologische Grundlagen des Expressionismus hineinzuweben, wobei den Lesern etwa Informationen über Nietzsche, Bergson oder Freud mitgegeben werden. Auch bringt sie die Erklärungen didaktisch geschickt auf den Punkt, wenn es etwa um verschiedene Bewegungen handelt und der Leser auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufmerksam gemacht werden soll, dann greift nämlich die Autorin auf die tabellarische Auflistung dieser Informationen, die so dem Lernenden am besten auch im Gedächtnis bleiben. Begrüßenswert ist auch das Nennen von Schriftstellern, die nicht im deutschen Sprachraum gewirkt haben, wodurch der Horizont des Studenten erweitert wird und Vergleiche hergestellt werden können.

Im zweiten Teil widmet sich Beate Petra Kory der Literatur der Zwanziger Jahre, die sich zeitlich zum Teil mit dem Expressionismus überlappt; sie setzt nämlich am Ende des Ersten Weltkriegs an, zu Beginn des Spätexpressionismus und wirkt darüber hinaus bis in die dreißiger Jahre.

Auch in dieser Darstellung spielt die Präsentation des politischen und sozialen Hintergrunds eine Rolle, so wird dem Leser dadurch erklärt, warum es zu der Gleichzeitigkeit dreier Literaturen in dieser Zeitspanne kommt: eine völkische Literatur, die bürgerliche Literatur – wo auch die bekanntesten Namen angesiedelt sind, so Thomas Mann oder Hermann Hesse – und die Literatur mit sozial-revolutionärem Engagement, wo etwa Bertolt Brecht genannt wird.

Das Erscheinen dieses Buches im Verlag der West-Universität Temeswar euv ist erfreulich, denn es ist ein Zeichen der aktiven Präsenz der Germanistik im Westen des Landes. Zum zweiten ist es wichtig, denn dadurch wird den Studenten das Instrument gegeben, welches das A und O in der Beziehung Lehrkraft-Student und eine der Hard-Core-Komponenten für einen Lehrenden darstellt: eine Vorlesung. Dies aber spricht für die Autorin und zeugt für ihre besondere Hinwendung zu ihren Studenten.