„Meine Bilder zeigen einen Teil meiner Seele“

Gespräch mit dem international anerkannten Fotografen Harald Kröher

Harald Kröher leitete in Temeswar einen Workshop zum Thema „inszenierte Aktfotografie“.
Foto: Zoltán Pázmány

Harald Kröher, künstlerischer Leiter der Fototage Pirmasens, hat auch im Banat fotografierenswerte Orte entdeckt. Im vergangenen Jahr war Kröher auf Einladung des Wasserbauingenieurs Dr. Sergio Morariu zum ersten Mal nach Temeswar/Timişoara gekommen, um hier einen Teil der Exponate von den Fototagen Pirmasens vorzustellen. Auch in diesem Jahr waren Fotografien aus Pirmasens in Temeswar zu sehen, darunter auch preisgekrönte Werke von Harald Kröher. Die BZ-Redakteurin Raluca Nelepcu traf den deutschen Fotografen in der Mansarde der Temeswarer Kunstfakultät und führte mit ihm folgendes Gespräch. 

Was inspiriert Sie als Fotograf?

Das sind oft Kleinigkeiten. Ich habe drei Hunde, drei Terrier, die meistens nachts laufen. Ich selbst laufe Halbmarathon und bei diesem Laufen kriegt mein Gehirn viel Sauerstoff und da kommen mir die Ideen spontan. Ich habe immer ein Diktiergerät dabei und spreche meine Ideen da rein. Oder ich sehe irgendwo eine Situation, eine Architektur, eine Brücke, ein Stück Landschaft, das mich inspiriert. Ich kann mir heute die Architektur ohne Frau nicht mehr vorstellen. Ich war auch als Architekturfotograf an der Universität tätig. Wenn ich heute Architektur sehe, projiziere ich sofort Frauen mit Gewändern rein. Ich sehe das fertige Bild und das verfolgt mich über Wochen und Monate. Ich zeichne es dann auf. Es kann sein, dass ich es in fünf Jahren realisiere, aber die Bilder gehen immer mit mir. 

Was wollen Sie durch Ihre Fotografien vermitteln? 

Das Wichtigste, das ich vermitteln will, sind Emotionen. Wir denken immer, wir leben rational. Ich habe schon ein bisschen Lebenserfahrung und sehe immer wieder, dass wir zu 80 Prozent emotional und nur zu 20 Prozent rational leben. Wenn wir uns alle genau beobachten und unter die Lupe nehmen, sehen wir immer wieder, wie wir doch gelenkt werden durch unser Triebleben, durch unser inneres Leben, das sich nach Außen kehrt. Unsere Seele bestimmt also unser Leben und das sind Seelenbilder, die ich mache. Ich kehre sehr gerne auch in meinen Landschaftsbildern ein Stück von mir nach Außen. Sie können davon ausgehen, dass meine Bilder immer einen Teil meiner Seele zeigen, und da lege ich größten Wert drauf. 

Welches ist Ihr Lieblingsgenre in der Fotografie? 

Das ist die inszenierte Aktfotografie mit meinem Model Monika Dulna. 

Was ist das Schwierige an der Aktfotografie? 


Es ist ein ganz schmaler Grad zwischen Pornographie und Aktfotografie, den man sehr gezielt bearbeiten muss. Ich liebe diese klassische Aktfotografie, diese Fotografie, wo ich, wenn ich auf das Bild gucke, manchmal Tränen in den Augen habe. Ich bin dann nicht von meiner Fotografie fasziniert, sondern von der Situation, die entstanden ist. Für mich ist es das Größte, was es gibt, wenn ich mir dieses Bild anschaue, dass ich selbst emotional gerührt bin und wegen dem fesselt mich dieses Genre so. Natürlich nicht nur Aktfotografie, sondern allgemein die inszenierte Fotografie mit Frauen reizt mich am meisten. Ich habe auch zwei Bodybuilder, mit denen ich manchmal zusammenarbeite. Leider wirken Männer meistens nicht so gut, deswegen greife ich auf Bodybuilder zurück, die sind sehr körperbetont und können das sehr gut zum Ausdruck bringen. 

Was halten Sie von der spontanen Fotografie? 

Die Street-Fotografie sprechen Sie an. Das ist eine Sache, die macht meine Frau, sie macht Urlaubsbilder. Ich habe sehr wenig Zeit, ich arbeite zwischen 16 und 18 Stunden am Tag. Manchmal liebe ich es auch und gleite nochmals ab, das ist nicht negativ gemeint, sondern die Fotografie dokumentiert ja auch. Ich bin auch nicht der typische Fotograf. Sie müssen sich vorstellen, wenn ich weggehe, habe ich nie eine Kamera dabei. Ich habe für die Süddeutsche Zeitung eine Fünf-Städte-Tour gemacht, dort habe ich fünf Städte in 15 Tagen bereist. Das war reine Street-Fotografie, das war unglaublich spannend und es hat unheimlich viel Spaß gemacht. 

Was erwarten Sie von einem guten Model? 

Ein Model muss bei mir nicht nur gut posen können, es muss auch das Licht verstehen. Mein Topmodel Monika Dulna kann das Licht so gut setzen wie eigentlich jeder Fotograf. Monika beherrscht den Belichtungsmesser, sie hat alle Kurse bei mir belegt gehabt, sie ist in Photoshop sehr gut. Das Model muss das Bild verstehen. Es hat keinen Sinn, wenn Sie ein Model haben, das nur posen kann, das bringt Ihnen überhaupt nichts. Sie muss verstehen, was der Fotograf mit diesem Bild aussagen will. Ein Bild entsteht für mich immer in einer Zusammenarbeit zwischen Model und Fotograf. Ich mag diese Darstellung - „Der Fotograf ist der Star, das Model hat zu machen, was er sagt“ - überhaupt nicht. Es entsteht eine Symbiose. Ich arbeite mit Monika seit zwei Jahren zusammen und unser Erfolg wird immer größer. 

Was war denn Ihr schönstes Erlebnis beim Fotografieren? 

Ein großes Ereignis war für mich immer wieder die Landschaftsfotografie, was ich auch betreibe. Dort habe ich vielleicht die schönsten Momente in meinem Leben erlebt, weil ich manchmal die Einsamkeit liebe. Es ist gigantisch, wenn Sie morgens um 5 Uhr, irgendwo in völliger Abgeschiedenheit in einem Landschaftsbereich wie die Bretagne und die Algarve auf einem Felsen stehen und Sie sehen die Sonne, wie die aus dem Nebel hochkommt. Das geht in mein Herz. Man glaubt nicht, welche Bilder die Natur malt. Sie sind viel gigantischer, als was wir inszenieren können und das ist das, was mich am meisten rührt, diese Unverdorbenheit der Natur, wo wir doch immer wieder als Menschen unnötig sind. 

Wieviel Talent und wieviel Arbeit steckt in einem guten Foto?

Das ist von Foto zu Foto unterschiedlich. Beim klassischen Aktbereich, wenn Sie ein gutes Model haben, das Licht verstehen und die Belichtung ausmessen können, entstehen gute Bilder, ohne dass der Fotograf ein gigantisches Talent haben muss. Sein Talent entscheidet sich bei der Fotografie „on location“. Diese Art der Fotografie zeigt, wie sehr er in der Lage ist, eine Location vor Ort mit Models umzusetzen, dass das Bild einen Sinn hat. Die Technik kann jeder lernen, verstehen und umsetzen. Aber was er nicht lernen kann, das ist Bildschnitt - Perspektive.