Rätselraten um ethnische Zugehörigkeit

Mancher Bürger tappt noch im Dunkeln

Heute tanzen sie deutsche Tänze im Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus in Temeswar: Bei der Volkszählung um das Jahr 2020 sind sie volljährig und viele von ihnen werden sich als Deutsche angeben.
Foto: Zoltán Pázmány

Temeswar - Nicht nur, wer und was wir sind, sondern auch nach dem „Wieviel“ wird in diesem Herbst Ausschau gehalten. Zwischen dem 22. und dem 31.Oktober steht nämlich in Rumänien die Volkszählung an. Ganz wichtig wird eine solche Statistik auch für die Minderheiten in Rumänien, denn die Zahl deren hängt mit dem Imagefaktor zusammen und gibt eine gewisse Verhandlungsbasis für Politiker und Amtsträger der jeweiligen Minderheit.

Nicht zuletzt ist es auch ein Aspekt der finanziellen Unterstützung für Minderheiten; ein Aspekt, der wohl am meisten am Zahlenmäßigen festgemacht wird. Die Situation der deutschen Minderheit in Rumänien hänge auch deshalb von der Anzahl ab, weil „in Rumänien mehrere Minderheiten leben und in mehreren Ländern Osteuropas eine deutsche Minderheit“, weiß der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Ganţ.

Bei der Volkszählung vor zehn Jahren hatte sich manch Deutscher oder Deutschstämmige als Banater Schwabe, Siebenbürger Sachse, als Landler oder Zipser ausgegeben. Gelegentlich wurde sogar das rumänische „Neamţ“ als ethnische Zugehörigkeit angegeben. Sie alle wurden von Bekannten und Verwandten belächelt bzw. kritisiert, weil sie ja auf diese Art „die Zahl der Deutschen reduziert haben. Deshalb sind wir nach den Daten von 2002 nur 60.000 Deutsche gewesen“.

So wurden jene für die Situation verantwortliche gemacht, die sich „Schwaben“ statt „Deutsche“ gaben. Das sei jedoch nicht das Problem gewesen, denn „all diese werden unter der Rubrik ´Deutsche` gewertet“, sagt Ovidiu Ganţ, Abgeordneter des Deutschen Forums. Der Parlamentarier weist auch darauf hin, dass die Bürger keine Zurückhaltung haben und die gewünschten Daten korrekt angeben sollen, „denn die Angaben bleiben streng geheim und Nachteile für den Bürger bringen  sie ohnehin keine“.

„Natürlich Deutscher, was denn sonst? Das bringt mir bei einer Einstellung Imagevorteile“, sagt der Student Raul M. Dass die Nationalität nicht in seinem Personalausweis verzeichnet ist, scheint ihn nicht zu stören. „Ich spreche doch Deutsch. Ich habe die Lenau-Schule besucht“. Erst danach geht Raul ein Licht auf: „Schulabschluss, Muttersprache und Volkszugehörigkeit sind ja drei verschiedene Sachen. Aber ich fühle mich als Deutscher“.

Damit ist er auf gleicher Wellenlänge mit der geltenden Regel, dass Muttersprache und Volkszugehörigkeit verschieden sein können. Adriana P. ist halb Serbin, ein Viertel Deutsche und ein Viertel Bulgarin und mit einem Rumänen verheiratet. Multinationaler geht es kaum. „Ich werde mich als Serbin angeben – die Nationalität richtet sich nach dem Vater“, räumt sie trotzt dieser multiethnischen Zusammensetzung von Vornherein alle Zweifel aus dem Weg.

Johanna H. hat rumänische, deutsche, ungarische und serbische Wurzeln. Sie wird sich wahrscheinlich als Deutsche angeben: „Ich richte mich dabei nach dem Menschen, der meine Kindheit am meisten geprägt hat. Das war meine Großmutter – und die ist eine Deutsche“.