Ruhe und Spiel

Hat man Geduld und Musse, auf Privatsendern die endlosen, von Binsenweisheiten und Apodiktismen geprägten Dispute der „Analysten der Nation“ zu verfolgen – immer die selben, nie gescheiter als beim letzten Mal – dann bleibt man mit Grundeindrücken: a) politisch erfolgreich ist in diesem Land der rüpelhafte Grobian, intellektuell beschränkt, frech, laut, obergescheit und suburban; b) ernste, dezente, höfliche, ideenreiche, auf ethische Werte achtende und elegante Politiker haben hier nichts zu suchen; c) die Wählerschaft ist eine saublöde Herde, die danach lechzt, betrogen zu werden – wer den Betrug nicht schafft, wird nicht gewählt; d) die einzigen Klugköpfe der Nation sitzen gerade vor den Fernsehkameras und spucken Weisheiten wie Sonnenblumenschalen aus.

Der permanente Skandal, in dem wir leben, hat entsprechende Medien hervorgebracht, für welche die höchsten Werte die Machala, die übelste östliche Vorstadt Zola´scher Prägung, die Erpressung und das Schmiergeldsystem sind.

Es mehren sich aber die Anzeichen, dass die Gesellschaft sich nach etwas anderem sehnt.

Sicher nicht nach jener „Ruhe“, die von Ion Iliescu in den 1990er Jahren beschworen wurde, und deren Folgen wir gegenwärtig erleben in Form des mental, sozial, politisch, wirtschaftlich und geistig unbewältigten Umschwungs. Politisch-soziale Reife, Ausgewogenheit, klare Gesetzen, glatte Trennung der Mächte im Staat, reibungsloses Funktionieren der Institutionen. Alldas darf nicht von der Präsenz eines einzigen Menschen abhängen – wie dieser Mensch uns nervensägehaft zu überzeugen sucht – der sich zudem noch programmatisch als „Player-Präsident“ gebärdete. Es muss ein Funktionsprinzip des Systems sein, personenunabhängig. Erst dann kann man die „Erben der Securitate“ (Marius Oprea) übersehen (wenn schon nicht durch die Bank bestrafen...), die von vielen als Grundübel der Gesellschaft angesehen werden (auch in diesem Zusammenhang muss die Schuld Ion Iliescus, der sie beschützte, herausgearbeitet werden).

Fakt bleibt wohl, dass auch der Player-Präsident in der Art und Weise, wie er sich Macht zuschrieb und ausübte, wie er persönliche Launen und Sympathien öffentlich auslebte – krassester, aber beiweitem nicht der einzige Fall: Elena Udrea – wie er die Gesetze und Regeln des Rechtsstaats selbstherrlich zertrat – und dabei schaummundig erklärte, Garant des nämlichen Rechtsstaats zu sein! – ihn um keinen Deut besser macht als Iliescu.

Und doch: in beiden Fällen, bei Iliescu wie bei B²sescu, kann man sich nicht deren Agieren vorstellen ohne die Komplizität (Schlagwort: „Pakt des Zusammenlebens“ – „Kohabitation“) der anderen Mächte im Staat und der demokratisch gewählten Institutionen: Abgeordnetenkammer, Senat usw., bis auf die Ebene der Kommunen.

Der Schein trügt: auch Ponta und B²sescu dulden sich gegenseitig, genau wie früher Iliescu und N²stase. Ruhe und Spiel kommen letztlich aufs selbe hinaus: ein Staat der persönlichen Bereicherung derer, die am Fressnapf der Politik sitzen.