Schach(-Matt?)

KOMMENTAR

Von „Ein guter Schachzug“ bis zu „Bringt uns das Projekt Johannis 2.0 näher ans reale Europa?“ reichen die Reaktionen der Bukarester Medien, seit PNL-Chef Crin Antonescu die Regierungskoalition USL erzittern ließ und durchrüttelte, indem er den künftigen Vizepremier und Innenminister Klaus Werner Johannis als „unverhandelbaren“ Kandidaten seiner Partei benannte. Der Noch-Bürgermeister von Hermannstadt (dieser Beitrag musste Montag bei Redaktionsschluss in Bukarest sein) liegt in allen Meinungsforschungen zur Frage, wer Vertrauen genießt, konstant auf Rang zwei und genießt uneingeschränkt den „Deutschenbonus“ aller Rumänen.
Genau das dürfte aber die vorausschauende Panik des allmächtigen Regierungs- und Koalitionspartners PSD ausgelöst haben. Die postkommunistischen rumänischen Sozialdemokraten, die sich herzlich wenig um die europäischen Reaktionen auf ihr Agieren scheren, haben jüngst mit überwältigender Wucht die PNL an die Wand gequetscht, zumal ihr Chef Crin Antonescu monatelang von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen stolperte und sich immer mehr in einem antieuropäischen, chauvinistischen Diskurs verhedderte, der ihm die westeuropäische Salonfähigkeit blockierte.
Damit scheint jetzt durch den Befreiungsschlag Johannis Schluss zu sein, zumal Antonescu auch seinen Falschberater Niels Schnecker in die Wüste geschickt hat und mit populistischer Leichtigkeit den Hals vom Kampf gegen die Rechtsinstitutionen des Staates wendete. Damit blieb der Seniorpartner PSD allein in der Spucknapfecke und als geschmähter Alliierter der Strippenzieher rund um den (noch nicht rechtskräftig) verurteilten Securitatezögling Dan Voiculescu (Deckname: „Felix“).
„Keine Ahnung!“ antwortete Klaus Werner Johannis auf die Frage der Medien, was dieser Dan Voiculescu-„Felix“ auf der Beratung der Koalitionspartner PSD, PNL und PC gesucht habe und hatte damit schlagartig die einflussreichsten Teile der (von „Felix“) noch nicht gekauften Bukarester Medien auf seiner Seite. Indem sein Parteichef Antonescu das PSD-ergebene Untergraberduo Rusanu-Chitoiu kuschen hieß und indem er vorher Innenminister Stroe (wegen dessen allzu großer Nähe zu Regierungschef Ponta) zum Abgang gezwungen hatte, war der Weg für Johannis freigeschaufelt, der jetzt die in allen Meinungsumfragen absackenden Liberalen retten und Antonescu im Spätherbst zur Präsidentschaft verhelfen soll. Selbst Janusschädel B²sescu lobt plötzlich diesen Johannis. Vielleicht, um die PSD einmal mehr zu piesacken und sein angekratztes Saubermannimage aufzupolieren.
Die Politanalysten des ExpertForums sind verhaltener in ihrer Einschätzung des Antonescu-Schachzugs, obwohl sie weiter blicken als die anderen Bukarester Medien. Sie sehen nämlich in Johannis auch denjenigen, der, aussichtsreicher als Antonescu, eventuelle Präsidentschafts-Gegenkandidaten aus dem Feld schlagen kann. Vorschusslorbeeren vergeben sie keine. Sie suchen in seinem bisherigen politischen Agieren nach Anzeichen für das ersehnte Andersdenken (Sorin Ionita), sehen in ihm aber einen zögernden „Merkelianer“. Zurückrudern war in Bukarest noch nie ein Problem.