„Sie hießen Krachtus, Samson und Kirschenheuter“

Vor 250 Jahren wurde das Dorf Albrechtsflor angesiedelt

So war´s vor der Wende im Schwabendörfchen Albrechtsflor: Die Oma macht sich gut gelaunt auf den Weg zum Konsum. Foto: Horst Samson

„Gut Marjet, Vetter Kloos, da kumm ich nackich un bloos!“ – So hieß es in der herzhaften banatschwäbischen Mundart bzw. in einem typischen „Buwestickl“ aus Albrechtsflor. Es sagt Vieles über Land und Leute: Albrechtsflor oder Kleintermin (rum. Teremia Mic², ung. Kis-Teremi), 60 km von Temeswar  eng an der serbischen Grenze, liegt zwischen Großsanktnikolaus und Hatzfeld  und ist mit Nero in der drei Kilometer entfernten Winzergemeinde Marienfeld eingemeindet. Die deutsche Ansiedlung erfolgte 1770, also vor 250 Jahren, mit dem sogenannten Zweiten Schwabenzug. Schon im 15. Jahrhundert gab es hier das Gut Teremi, von den zwei Besitzern hieß einer Kaspar Teremi. Der Ort verödete völlig in der Zeit der Türkenherrschaft, auf der Mercy-Landkarte von 1723war der Ort als Prädium (Weideland) eingetragen.  Carl Samuel Neumann Edler von Buchholt  leitete die deutsche Ansiedlung und legte in dieser Gegend zwei Dörfer an, Albrechtsflur und Marienfeld. Der Ort wurde mit  ursprünglich 78 deutschen Familien, genau 80 Hausplätzen und drei schönen Gassen (Erschtgass, Mitterscht- und Hinerschtgass) angelegt. Ursprünglich hieß Albrechtsflur nach Herzog Albert von Sachsen-Teschen, dem Schwiegersohn von Maria Theresia. Die Siedler kamen aus dem Elsass, aus Lothringen, Westfalen, es waren auch Franzosen darunter, die völlig eingedeutscht wurden. Die „Ersten“ hießen u.a. Krachtus, Syler, Samson, Kirschenheuter  und Mathes. Aus vorgenanntem Ortsnamen wurde allmählich Albrechtsflor. Den Einheimischen blieb bis heute sogar eher das Kleintermin im Kopf: „Mir sin Kleenderminer!“ sagen die Nachfahren gerne heute noch. Der Ort war und blieb eines der kleinsten Dörfer der Banater Schwaben (höchste Einwohnerzahl war 1930 zirka 1260 Personen, heute leben hier 640 Bewohner, fast mehrheitlich Rumänen) -  isoliert, weitab von den Verkehrsstraßen, ohne Bahnhof, ohne feste Straßen, aber mit schönen schwäbischen Bauernhäusern und Wirtschaften, mit fleißigen, lebensfrohen Menschen, deren größter Stolz immer ihre Wirtschaft, ihr reicher Hausgarten und „die schönsten Mädchen der ganzen Gegend“ (so hieß es früher unter den Banater Schwaben)  waren. Gemüsebau war großgeschrieben, ab 1970 lieferte man die besten Tomaten in großen Mengen für den Export, selbstverständlich auch der Weinbau in traditioneller Konkurrenz mit den „Marjafeldern“: Vor 1945 gab es im Ort sage und schreibe 21 große Weinkeller! Die Schwaben aus Albrechtsflor (sie wanderten  spät, die meisten erst nach 1990, aus), hatten in der gesamten Ortsgeschichte kein leichtes Schicksal, wegen den Weltkriegen, der Enteignung, Russlanddeportation und vor allem wegen der Verschleppung in die B²r²gansteppe.Veranschaulicht wird es u.a. durch das Schicksal eines seiner bekanntesten Dorfsöhne: Der Dichter und Journalist Horst Samson, heute in Neuberg, Deutschland,  wurde 1954 im Salcâmi (B²r²gan) geboren, und wuchs ab 1956 im Heimatdorf auf.

Nach einer historischen Pechsträhne sozusagen erfuhr das Schwabendörfchen dann doch noch ein kleines (aber wohl etwas zu spätes) Glück:  Albrechtsflor sollte eines der Banater Unglücksdörfer werden, die der wahnwitzigen Systematisierungspolitik von Nicolae Ceaușescu zum Opfer fallen sollten. Durch die Revolution von 1989 wurde dieses Unglück dann doch verhindert. Fünf vor zwölf.