Stammzellen-Einlagerung in Temeswar

Prof.Dr. med. Margit Şerban ist wieder mal Vorreiterin

Margit Şerban hat vor einigen Jahren das Zentrum für Stammzellentransplantation in Temeswar gegründet. Ihre Arbeit im Bereich der Medizin wird immer wieder anerkannt – 2012 erhielt sie eine Auszeichnung von der Europäischen Gesellschaft für Knochenmarktransplantation. Foto: Zoltán Pázmány

Lange Zeit landete die Plazenta und die Nabelschnur im Krankenhausmüll – heutzutage können diese Leben retten, indem sie schwere Krankheiten heilen helfen. Die Stammzellen, die kurz nach der Geburt entnommen werden, können später zur Heilung vieler schwerer Krankheiten dienen. Und an Stammzellen forschen Wissenschaftler schon seit Jahren. Den Wissenschaftlern ist es neulich in den USA erstmals gelungen, mit Hilfe der Klon-Technik menschliche embryonale Stammzellen herzustellen. Diese Forschung soll die regenerative Medizin voranbringen, Krankheiten wie Parkinson, zum Beispiel, mit Hilfe von Stammzellen heilen.

In Rumänien ist die Einlagerung der Stammzellen bei der Geburt eines Babys bereits zu einer Maßnahme geworden, die als Gesundheitsvorsorge für das Kind gilt. Immer mehr Eltern lassen bei der Geburt ihres Kindes Stammzellen aus dem Nabelschnurblut tieffrieren. Diese Zellen werden in speziellen Banken eingelagert und sollen künftig, im Notfall einer schweren Krankheit, transplantiert werden.

Den Eltern fehlen jedoch noch viele Informationen zum Vorgang. Sie müssten wissen, dass diese Zellen nur bei bestimmten Krankheiten einsetzbar sind und dass die Chancen, dass sie tatsächlich für den Spender hilfreich sind, bloß um rund ein Prozent herum liegen. Die Entnahme von Stammzellen, die Tests und die Einlagerung in einer Stammzellenbank kosten zwischen 1000 und 1300 Euro. Weiters muss jährlich eine Debotgebühr beglichen werden, so dass sichoftmals auch die Frage stellt, dass aus einer biologischen Lebensvorsorge für die jeweiligen Stammzellbanken ein erfolgreiches Geschäft geworden ist.

Stammzellen als Knochenmarkersatz

Die embryonalen Stammzellen ließ auch die Temeswarerin Mihaela Banu für ihre Tochter Alexia tiefgefrieren. „Als meine erste Tochter fünf Jahre alt war, hegten die Ärzte infolge mehrerer Test den Verdacht, dass sie an Leukämie leidet. Gott sei Dank war dies jedoch nur ein falscher Alarm“, erzählt die 37-jährige Mutter. „Bei der zweiten Geburt wollte ich kein Risiko mehr eingehen und ließ die Stammzellen aus dem Nabelschnurblut meiner Tochters einlagern. Vielleicht werden sie ihr mal helfen oder auch ihrer älteren Schwester, wer weiß“, führt sie weiter aus.

2008 gab es in Temeswar/Timişoara kein Stammzellendepot, so dass die Zellen von einer Bank in Klausenburg/Cluj-Napoca entnommen wurden und im slovakischen Preßburg/Bratislava eingelagert wurden. 1000 Euro kostete damals die Entnahme, der Transport, die Tests und die Einlagerung der Zellen. Jährlich muss sie nun etwa 30 Euro für die Lagerung bezahlen. Die Einlagerung wird gewöhnlich auf 20 Jahre garantiert.

Die Meinungsunterschiede haben einen wissenschaftlichen Hintergrund. Das so genannte Nabelschnurblut enthält Stammzellen, die heute vor allem die Therapie von Krebspatienten ermöglichen. Sie sorgen für die Bildung neuer Blutzellen. Eine Aufgabe, die eigentlich das Knochenmark erfüllt. Das allerdings wird während der Chemotherapie oft so stark beschädigt, dass dem Patienten mit gespendetem Mark oder mit Nabelschnurblut ausgeholfen werden muss.

Stammzellen sind keine Allheilmittel

Dass die Stammzellen im Falle einer schweren Krankheit eingesetzt werden können, diese Wirkung wurde bereits nachgewiesen. „Die Eltern müssen jedoch keine Illusionen kaufen – die Einfrierung von Stammzellen gibt keine Garantie für einer Wunderheilung“, sagt die Leiterin des Zentrums für Stammzellentransplantation Temeswar, Prof. Dr. med. Margit Şerban, Fachärztin für Hämophilie. Die Fachärztin weist auf die Benutzung der Stammzellen in der regenerativen Medizin hin, die die Basis einer modernen Heil-Prozedur bedeutet. „Es mangelt aber noch an Informationen. Denn auch wenn die Wirkung dieser Zellen nachgewiesen wurde, sind die Stammzellen aber nur bei etwa einem Prozent der Spender auch anwendbar und bei Familienmitgliedern sogar noch seltener. Wenn die Zellen eines Körpers einmal krank sind, dann kann man sie nicht mit den selben Zellen behandeln. Die können selber Träger einer schweren Krankheit sein“, sagt die Fachärztin [erban. „Bei einer Leukämieerkrankung, zum Beispiel, können die eigenen Stammzellen nicht verwendet werden, da sie die Krankheit oft in sich tragen. Früher oder später würde der Patient erneut erkranken“, sagt Prof. Dr. Şerban. Die Lösung in dieser Situation ist die Benutzung von kompatiblen Stammzellen aus einer öffentlichen Bank. „Die privaten Stammzellenbanken heben die Zellen nur für dem Spender auf – das kann aber dem Spender meistens nicht sehr viel helfen“, fügt die Ärztin hinzu.  Ihrer Meinung nach ist die bessere Lösung die Gründung öffentlicher Stammzellenbanken, mit klaren Übersichten und der jederzeitigen Möglichkeit, auf diese Zurückzugreifen und kompatible Stammzellen abzurufen. In diese Richtung sollte auch das Netzwerk der „Stam-Cell-Bank“ genannten Institutionen entwickelt werden, zu denen sich jetzt die Stam-Cell-Bank Timişoara gesellt hat.

Immer mehr Stammzellenbanken werden in Rumänien gegründet, so dass auch Spekulanten auf dem Stammzellenmarkt erschienen sind. Man fürchtet, dass die Banken aus den Ängsten der Eltern ein Geschäft machen. Denn die Einlagerung der Zellen in den jeweiligen Banken ist für das Einkommen einer gewöhnlichen Familie in Rumänien ziemlich kostspielig. Doch wenn es um das Leben ihres Kindes geht, machen die Eltern alles, um sie zu beschützen.

Forschungen in der Stammzelltherapie

Große Fortschritte in der Stammzelltherapie sind in den kommenden Jahren zu erwarten. Multiple Sklerose oder Rheuma sollen mit dem eingelagerten Blut zu heilen sein. Wie sich alles entwickeln wird, ist noch ungewiss. Doch eines wissen die Eltern – sie wollen alle Risiken für ihre Kinder vermeiden. „Wir entnehmen jede Woche bei der Geburt von Kindern in Temeswar solche Zellen“, sagt die Frauenärztin Cătălina Miculiţă. „Wir als Frauenärzte wissen nicht vieles darüber, zumal das auch nicht unsere Hauptaufgabe ist. Wir wurden von den Fachärzten und Vertretern der Stammzellenbanken trainiert und entnehmen bei der Geburt das Blut aus Plazenta und Nabelschnur“, sagt die junge Ärztin. „Natürlich bedeutet die Einlagerung dieser Zellen keine Garantie für die Gesundheit in Falle einer schweren Krankheit. Doch als künftige Mutter würde ich es mir auf keinen Fall verzeihen, wenn was passiert und ich meinem Kind diese Chance vorenthalten habe“, sagt die Frauenärztin Miculiţă.