Stürmchen, keine Stürme

Verschlungen und geheimnisvoll sind die Wege des Herrn im rumänischen Parlament, in der Regierung und innerhalb der Parteien. Parteilein entstehen rund um geschaßte Herren aus der Regierungspartei, die größte der regierenden Parteien, die PSD, wird angenagt, den Abfall übernimmt die aufstrebende Oppositionspartei PNL und die entstehenden Parteilein eines Vanghelie und eines Geoana, alles strebt nach dem Titel „neu“ in der Parteienlandschaft und ist trotzdem bloß das Alte in neuem Pelz. Der alte Flügel der neuen Gorghiu-PNL, die abregierte und durch Wahl abgestrafte PDL, strebt geifernd der Regierungsübernahme entgegen, die PSD ficht einen innerparteilichen Bürgerkrieg aus – in dem Maße, wie ihre Mitglieder noch vollberechtigt Bürger sind und nicht im Gefängnis landeten – und wartet auf den endgültigen politischen Tod ihres Chefs, der in den vergangenen drei Monaten zweimal am Rand des Exitus war (Präsidentschaftswahl und Plagiatsverfügung) und sich nun abzappelt, erst 2016 (in anderthalb Jahren sind die nächsten Parlaments- und Kommunalwahlen) zu gehen, „ehrenhaft“, wie er (und nur er) vermeint.

Victoria Nuland hat in Bukarest kein Machtwort gesprochen und auch kein bei ihr übliches saftiges „Fuck the EU!“ von sich gegeben. Doch haben scheinbar alle ihre unausgesprochene Botschaft verstanden: verhaltet euch mal gefälligst ruhig bis zu euren Parlaments- und unseren Präsidentschaftswahlen! Kümmert euch lieber um das, was an den Ostgrenzen der Nato passiert, ansonsten: kusch! Keine politischen Krisen, keine Skandale mehr, keine Schaumschlägerei. Nach Außen, wogender Frieden.

Folglich dürfen wir wohl davon ausgehen, dass in den kommenden Monaten alle „neuen“ Parteien sich in kleinen „konstruktiven“ Gefechten zerreiben werden, dass aller Lärm nur dafür da sein wird, sich in Erinnerung zu halten, dass im Konsens (Regierung-Präsidialamt) und zur Vorbereitung von 2016 ein neues Wahlgesetz entsteht, dass in der verworrenen internationalen Situation (mit dem nun zusätzlichen Problem Griechenland) im rumänischen Inland balkanisch geprägte Ruhe herrschen wird.

Währenddessen schlägt die Antikorruptionsbehörde weiterhin munter zu, schüttert die Reihen der Parlaments- und Regionalpolitiker aus, läßt Städte ohne Bürgermeister, köpft Straßenbaufirmen und sperrt Ex-Minister ein (bin gespannt, wann es das erste flagranti gegen einen amtierenden Minister geben wird!) und beweist aus Leibeskräften, dass Ex-Präsident Traian Basescu keineswegs der Garant der Rechtsstaatlichkeit in Rumänien war, sondern eher ein beiderseits eigennütziger Schutzwall der Justiz. Aber dies nur aufgrund eines im nachträglichen Betrachten immer klarer sich abzeichnenden Deals: ihr lasst mich in Ruhe meine Gschäfterl drehen, ich halte für euch meinen breiten Rücken hin! Dass sich nun, kaum sechs Wochen, seit er Cotroceni verlassen hat, die Justizschlingen um ihm und seine Familie zu winden beginnen, kann kein Zufall sein.

Mal sehen, wie lange der Meister byzantinischer Drehs es noch schafft, sich rauszuwinden.