Temeswar, damals und heute: Ein Händereichen über das Jahrhundert in Bildern

Von Tabak und Zigaretten zur Kultur – Lifting für ein historisches Industriegebäude

Eine rege Tätigkeit schon im 19. Jahrhundert bis nach dem Jahr 2000 hinaus: Die Tabak- und Zigarettenfabrik in Temeswar war eines der bekanntesten Industriegebäude der Stadt. Foto: Zoltan Pazmany; Postkarte: Sammlung Dr. Thomas Remus Mochnacs

Es war dies die älteste Tabakfabrik auf dem Gebiet des heutigen Rumäniens: 1846 wurde sie in Temeswar noch vor dem Einführen des Tabakmonopols in der damaligen Donaumonarchie errichtet. Wenige Jahrzehnte später neu gebaut, seitdem mehrmals generalüberholt und erweitert. Vor dem Ersten Weltkrieg war sie zur einer der größten Zigarren- und Tabakfabrik der Monarchie aufgewachsene und beschäftigte damals zu 90 Prozent Frauen.

Kurz nach dem Jahr 2000 wurde die Arbeit in der Fabrik eingestellt. 297 Angestellte waren in der Fabrik im Jahr 1850, 2000 um das Jahr 1900, 2004, bei der Schließung dann nur noch 257. Das Gebäude hatte stark unter der Verwahrlosung der letzten 14 Jahre zu leiden. Der Gebäudekomplex ist eine der größten Industrieruinen der Stadt und stellt, was die Fassaden anbelangt, ein Symbol der industriellen Architektur um 1900 dar.

Lange Zeit gab es keinerlei Pläne für das zur Ruine herabgekommene Gebäude, das entscheidend zu einer tristen Landschaft in der Josefstadt beiträgt: massiv und ungebraucht, mit herabfallendem Putz und viel Staub. Als vor einem Jahr die Idee aufgekommen ist, dem Gebäude eine völlig neue Bestimmung zu geben, war die Freude der Temeswarer groß: Hier soll ein riesiger Kulturkomplex entstehen, ein Kulturhub sozusagen, zu den Ausstellungs- und Performance-Räumlichkeiten auch ein Hotel oder ein Youth-Hostel kommen sollte. Auch im Hinblick auf das Kulturhauptstadtjahr ist das ein sinnvolles Projekt.

Punktuell gibt es darin schon Konversionsversuche: Einige Räumlichkeiten dienen heute kulturellen Zwecken und bieten nun den Raum für Ausstellungen, aber auch Performances, was der nichtstaatlichen Kulturorganisation, die sich das englische Kürzel „Misc.“ (von „miscellaneous“ – Diverses) als Name gewählt hat, zu verdanken ist. Allein in diesem Jahr sind die Räumlichkeiten mehrmals genutzt worden, die Kulturliebhaber beginnen sich an eine neue Adresse zu gewöhnen, eine, die bis vor Kurzem eher gemieden wurde. Auch eine Ausstellung, die vom Deutschen Kulturzentrum Temeswar vorgeschlagen wurde, wurde dort untergebracht.

Noch ähnelt die punktuelle Konversion einem Tropfen in einer wüsten Landschaft, hoffen kann man nur, dass dieser Tropfen einen Schneeballeffekt auslöst.