Temeswar Kulturhauptstadt 2021

Kandidatur wird morgen offiziell bekannt gegeben

Der Temeswarer Domplatz wird ab 2013 saniert

Die Innenstadt soll künftig Fußgängerzone werden. Die Mărăşeşti-Straße wurde bereits in diesem Jahr für den Autoverkehr gesperrt.

Der Opernplatz ist Teil eines Modernisierungsplans.

Das Banater Museum ist derzeit noch eine Baustelle. Soll jedoch 2021 eines der kulturellen und geschichtlichen Höhepunkte der Stadt werden.

Seit einem Jahr wird darüber gesprochen, nun wird es offiziell: Die Stadt Temeswar/Timişoara gibt ihre Kandidatur für den Titel „Europäische Kulturhauptstadt 2021“ bekannt. Der 20. Dezember – das Symboldatum für Temeswar als erste vom Kommunismus befreite Stadt – wurde speziell für diesen Anlass ausgewählt. Morgen werden mehrere Veranstaltungen stattfinden und Persönlichkeiten werden in der Stadt an der Bega anwesend sein, darunter die Vertretung der Europäischen Kommission in Bukarest, der Slowenische Botschafter (da die slowenische Stadt Maribor in diesem Jahr Europäische Kulturhauptstadt war), Leiter der Rumänischen Kulturinstitute im Ausland sowie Bürgermeister aus der Region und der Partnerstädte von Temewar. Dabei werden verschiedene Künstler die Kandidatur der Stadt unterstützen und am Donnerstagabend ein Konzert halten. Als Symbolband der Stadt gilt die Rockgruppe Phoenix, die gleichzeitig auch das 50-jährige Jubiläum durch ein Konzert feiern wird. Das Konzert am Opernplatz beginnt um 20 Uhr und wird solange dauern, „wie das Publikum möchte“, sagte vor Kurzem Bandleader Nicu Covaci. Auf der Bühne am Opernplatz werden somit verschiedene Bandmitglieder, die im Laufe der Zeit Teil von Phoenix waren, auftreten. Auch andere rumänische Künstler werden zusammen mit Phoenix performen, darunter: Gheorghe Zamfir, Grigore Le{e und Mihaela Mihai. Mike Stern und Trilok Gurtu. „Balkan Union with Csaba Toth Bagi, Mike Stern & Trilok Gurtu“ ist ein Projekt des Musikers Csaba Toth Bagi. Die Veranstaltungen werden vom Temeswarer Bürgermeisteramt zusammen mit dem Förderverein „Temeswar Europäische Kulturhauptstadt“ in die Wege geleitet.

Vom historischen Hintergrund zur Multikulturalität, von der geografischen Lage im Westrumänien zu den Premieren der Stadt: Alles gilt als Vorteile für die Kandidatur der Stadt als Europäische Kulturhauptstadt. Doch was glauben Temeswarer wirklich, wenn sie nicht mit dem Herzen entscheiden müssen? Die BZ wollte von den gebürtigen und Wahl-Temeswarern wissen, ob Temeswar den Titel „Kulturhauptstadt Europas“ verdient, ob die Stadt dafür vorbereitet ist und was sie noch dafür machen müsste. Die Umfrage führten Andreea Oance und Robert Tari durch.

Sandra Banciu (18): „Die Stadt hat viele Intellektuelle und es gibt viele Lokale, wo das Lesen und die Kultur gefördert werden. Die Jugendlichen bis 20 müssten mehr lesen und sich mehr über das politische Geschehen im Land und über allgemeine Probleme informieren. Sie müssten wesentlich mehr für ihre eigene Kultur machen. Ich glaube nicht, dass wir genug Interesse für Kultur aufbringen. Wir erfüllen nicht einmal das Mindestmaß und das bringt Temeswar nicht wirklich voran.“

Dana Popescu (44): „Es ist ein relatives Problem. Ich glaube, man müsse sich mit anderen Städten vergleichen, die kandidieren wollen. Ich wünsche mir sehr, dass Temeswar eine Chance hat, weil ich die Stadt liebe. Selbst wenn Temeswar noch nicht bereit ist, könnte diese Kandidatur dazu beitragen, dass sich in der Stadt was tut. Die Stadt müsste sich mehr den europäischen Städten angleichen. Ich glaube, dass ihr Erscheinungsbild viele Touristen abschreckt. Was vom Bürgermeister abhängt, aber nicht nur, ist die Restaurierung der alten Gebäude. Die Bürger müssten lernen, die Stadt sauber zu halten. Ich glaube, dass die Menschen aus Temeswar diesen Titel verdienen würden. Nein, ich glaube nicht, dass genug getan wird. Es gibt Menschen, für die Kultur wichtig ist, und diese Menschen machen auch etwas für sie.“

Livia Blezneac (24): „Nein, weil die Stadtmitte und die Gebäude furchtbar ausschauen. Alles müsste renoviert werden. Sie haben ein solides Projekt begonnen, aber man müsste noch mehr tun. Kulturell glaube ich, dass die Stadt noch viel nachzuholen hat. In erster Linie braucht Temeswar deutlich mehr Kulturprojekte. Es müsste auf seine Gebäude im Zentrum aufpassen. Man sollte aber auch nicht die anderen Häuser vernachlässigen, die geschichtlich weniger relevant sind. Es hat noch viel zu tun.“

Alexandra (36): „Subjektiv betrachtet, möchte ich, dass Temeswar Kulturhauptstadt Europas wird. Die Stadt würde es auch zurecht verdienen, aufgrund ihrer Geschichte. Dabei sollte man sich nicht nur auf die Geschichte der Stadt beziehen, sondern auch auf die Geschichte der Region. Ich hoffe, dass die Evaluierung korrekt von statten gehen wird, weil Temeswar nicht der einzige Konkurrent sein wird. Und den Titel verdienen auch andere Städte Rumäniens. Man muss das Bewusstsein der Bevölkerung für die geschichtlichen und kulturellen Werte der Stadt wecken. Ich glaube, dass die Menschen nur sehr wenig darüber wissen. Ich glaube, dass man sich meist auf die gegenwärtige Lage beschränkt. Wenn man Temeswar in seiner jetzigen Lage betrachtet, liegt Temeswar hinter anderen Städten. Kulturell und geschichtlich liegt es vor den besagten Städten. Im Vergleich zu Bukarest und Klausenburg wird die Kultur in Temeswar weniger gefördert. Selbst Kulturvertreter werden kaum mediatisiert.“

Ovidiu Vâtcă (31):„Heute ist Temeswar noch nicht bereit. Aber ich glaube, dass das eine gute Gelegenheit darstellt, Gelder zu beziehen. Damit wird die Stadt hoffentlich was Vernünftiges anstellen. Sie muss genau das machen, was Hermannstadt gemacht hat. Temeswar sollte sich Ideen abgucken, ansonsten bin ich mir sicher, dass fähige Leute im Rathaus sitzen, die gute Ideen haben. Nein. Es kann immer mehr gemacht werden. Es wartet jede Menge Arbeit auf die Stadt, aber wenn wir es mit anderen rumänischen Städten vergleichen, dann glaube ich, dass wir eigentlich nicht schlecht dastehen.

Simona Gânga (23): „Ich glaube, dass Temeswar noch viele Punkte zu bewältigen hat, ehe sie Kulturhauptstadt Europas werden kann. Es bräuchte mindestens noch zwei Jahre, um einigermaßen bereit zu sein. Man muss etwas unternehmen, um das Problem der Straßenhunde zu lösen. Auch die Integration der Roma scheint noch ein Problem zu sein. Mehrere Kulturveranstaltungen müsste die Stadt organisieren.“

Fabiana Fiesmann (20):„Nein, weil die Infrastruktur fehlt, weil viele Gebäude renovierungsbedürftig sind. Wir bräuchten mehr Grünflächen, mehr Radwege. Man müsste eine Lösung für das Problem der Straßenhunde finden. Sie müssen sterilisiert und mehr Hundeheime gegründet werden. Man sollte für Obdachlose Container einrichten, wo sie ein würdiges Leben führen können. Dafür müssten sie arbeiten und die Stadt müsste ihnen einen Job anbieten.“

Cristian (27):„Man müsste besonders im Studentenviertel Werbung für Kultur machen. Man müsste Attitüde zeigen. Temeswar ist noch nicht bereit. Klausenburg ist eher auf den Titel vorbereitet. Leider. Die Menschen müssten erzogen werden, ihre Denkweise müsste man ändern. Und das müssten die Medien tun.“

Radu (50):„Selbstverständlich. Ich habe viel darüber gelesen und ich bin mir sicher, dass die Stadt mehr als bereit ist. Die Menschen hier sind sehr ehrgeizig und belesen. Die Stadt ist bereit, sie besitzt alles, was sie braucht. Genau wie Hermannstadt. Wieso sollte Temeswar nicht bereit sein?“

Laurel Mureşan (47):„Wir müssten den Wert unserer Denkmäler stärker hervorheben. Wir müssen mehr Wert auf Sauberkeit legen. Deswegen genießen wir im Ausland einen schlechten Ruf. Und wir müssen gastfreundlicher werden und zwar in allen Punkten. Ungeachtet dessen, ob es darum geht, dass wir uns auf der Straße zivilisierter verhalten, beim Parken oder beim Autofahren. Im Ausland respektieren sich die Leute mehr und gehen freundlicher miteinander um. Hier bei uns wird man sofort aus dem Restaurant hinausgeekelt, sobald man die Rechnung bezahlt hat. Im Ausland wurde mir nach dem Essen noch die Hand geschüttelt und man hat mich gebeten, ich soll ihr Lokal noch einmal besuchen. Man muss noch sehr viel machen. Ich wünsche es mir sehr und es würde mir sehr gefallen, wenn Temeswar den Titel erhalten würde. Wenn es ginge, sogar schneller.“

Daniel (39): „Ja, es war auch an der Zeit. Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass es Temeswar schaffen wird. In erster Linie sollte man die Altstadt renovieren. Sowohl den Domplatz, als auch sämtliche Plätze in der Innentstadt. Es wäre ideal, wenn man daraus eine Fußgängerzone machen würde, so wie in den großen Hauptstädten. Ich glaube nicht, dass man genug für die Kultur unternimmt. Man muss vieles verbessern. Wir hoffen, dass mit der neuen Stadtverwaltung der Fokus auf Kultur fällt.“

Alex Joni: „Ob Temeswar es verdient? Natürlich. Wir haben zahlreiche Sachen in der Stadt auf die wir ganz stolz sind. Sicher wurden die meisten dieser Dinge von den Bewohner der Stadt vor mehreren Jahren gemacht, darunter Österreich-Ungarn, Schwaben, Serben, Bulgaren. Ist Temeswar für diesen Titel vorbereitet? Natürlich nicht. Nicht derzeit. Die Infrastruktur im  Bereich der Öffentlichen Verkehrsmittel ist mangelhaft, der Verkehr durch die Stadt ist schwierig. Wenn ich von der kulturellen Seite betrachten muss, dann muss ich zugeben dass die Stadt hier mehrere Vorteile hat, trotzdem mangelt es an richtige Konzertsäle und Eventlocations“.

Laura Erusencu (29): „Ich bin eine gebürtige Bukaresterin, doch habe mich vom ersten Augenblick als ich nach Temewar gekommen bin in diese Stadt verliebt. Für Hermannstadt wurde in Rekordzeit Wunder geschaffen. Wenn es um Fonds, die von der Europäischen Union kommen, geht, dann soll man alles machen um davon zu profitieren. Mit etwas Arbeit, glaube ich fest daran, dass Temeswar es schaffen kann und die Stadt es auch verdient Europäische Kulturhauptstadt 2021 werden kann“.

Ramona Băluţescu (39): „Temeswar bedeutete vor Jahren Kultur und Vorschritt. Leider muss ich zugeben, dass dies schon Lange nur eine Erinnerung an das was einst diese Stadt gewesen ist, geblieben ist. Wir können und dürfen nicht nur in der Vergangenheit leben. Die Stadt ist nicht mehr nur aus Temeswarer gebildet, sondern auch aus Leuten, die aus anderen Regionen des Landes kommen. Diese haben leider keinen Identitätsgefühl für die Stadt“.