Über die Geschichte der Jazzmusik

Deutsche Jazzmusiker im Banat der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts

„Die Geschichte des Jazz. Breviarium“ („Istoria Jazz-ului. Breviar“) heißt das jüngste Buch des bekannten Temeswarer Jazzmusikers Johnny Bota, das bei der Jazzpreisgala 2011 in Bukarest mit dem Preis für Publizistik ausgezeichnet wurde. Johnny Botas etwa 300-Seiten starkes Werk über die Jazzgeschichte erschien 2010 im Marmaroschsigeter Valea-Verde-Verlag. Es ist bereits sein drittes Buch, nachdem 2008 „Glossarium der Jazzbegriffe“ („Glosar al termenilor de jazz“) bzw. „Die Geige im modernen Jazz“ („Vioara în jazul modern“) im Temeswarer Brumar-Verlag veröffentlicht wurden. Dem Letzteren liegt seine Doktorarbeit zugrunde, die er an der Gheorghe-Dima-Musikhochschule in Klausenburg/Cluj Napoca vorgelegt hat.

„Das Jazzbuch füllt eine Sparte“, sagt der Autor, auf dessen Initiative 2005 die Richard-Oschanitzky-Musikfakultät an der Tibiscus-Universität in Temeswar zustande kam. Es war die erste Jazzfakultät in Rumänien, die aber nach zwei Absolventengenerationen 2010 geschlossen wurde. Sein neuestes Buch verfasste Bota für seine seinerzeitigen Studenten. Nun wird über das Rumänische Kulturinstitut an der Übertragung seines Buches ins Englische gearbeitet, die anschließend in New York vorgestellt werden soll.

Jazz im Banat

„Die Musik ist ein Vorwand, ein Mittel, Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen“, so Johnny Bota. Sie sei kennzeichnend für den multikulturellen und multiethnischen Raum des Banats im 20. Jahrhundert. Ein umfangreiches Kapitel widmet Bota in seinem Buch dem Jazz im Banat und Banater Jazzmusikern. Die Anfänge der hiesigen Musikerziehung und -kultur sind auf die österreichisch-ungarische Tradition zurückzuführen. Musiziert wurde viel daheim, so gab es in jedem Haushalt, ob schwäbisch, ungarisch, serbisch oder slowakisch, mindestens ein Musikinstrument.

Bekannte Jazzmusiker und Bands, Lokale und Restaurants, wo diese ab der Zwischenkriegszeit aufgetreten sind, werden von Johnny Bota angeführt. Die wohl älteste Jazzband der 50er Jahre hieß „LogaRitm“, Schüler des C.D.Loga-Lyzeums, darunter Jakob Willkomm (Trompete), Victor Popovici (Akkordeon), Jean Zărcula (Klavier) und Carol Metelka (Saxofon, Klarinette). Der erste private Jazzclub in der Stadt an der Bega wurde beim Sitz des ARLUS, dem Rumänischen Verein für Beziehungen mit der Sowjetunion, vom leidenschaftlichen Gitarristen und bekannten Psychiater, Universitätsprofessor Edouard Pamfil, unterstützt von Bebe Jivănescu und Stefan Pethö, gegründet. Der bedeutendste Temeswarer Jazzmusiker überhaupt sei Richard Oschanitzky (1939-1979).

Zur Musikergeneration der 60er und 70er Jahre zählen Paul Weiner (Klavier), Puba Hromadka, Eugen Gondi (Schlagzeug), Dan Ionescu (Gitarre), Toni Kühn (Gitarre, Klavier) und Liviu Butoi (Saxophon, Flöte). Letzterer betrieb auch jahrelang einen der bekanntesten privaten Temeswarer Jazzclubs, Jazz Club Pod 16. Einige dieser Musiker sind in den 80er Jahren in westeuropäische Länder ausgewandert: Paul Weiner und Puba Hromadka nach Deutschland, Eugen Gondi in die Niederlande und Dan Ionescu nach Kanada. In Temeswar traten sie in Restaurants wie Lloyd, Palace, Cina, Central und nicht zuletzt auf der von der Elite besuchten Flora-Terasse auf. Gespielt wurden Tanzmusik, Jazz und latein-amerikanische Rhythmen.

Blues- und Jazzmusikfestivals, Jazz-Fernseh- und -Rundfunksendungen nehmen ebenfalls ihren Platz in Botas Buch ein. Die Temeswarer Blues- und Jazzgala feierte vor zwei Jahren ihren 20. Geburtstag und das Jazzfestival in Wolfsberg/Gărâna besteht inzwischen seit 15 Jahren.

Zwei Musiker-Generationen

Aus einfachen Verhältnissen stammend, lernte der Temeswarer Johnny Bota schon als Kind Geige spielen. Davor aber besuchte er einen deutschen Kindergarten, Grundschule und Gymnasium, so dass es keine Besonderheit ist, dass der rumänische Musiker auch Deutsch spricht. Er lernte weiter an der hiesigen Musikschule, dem jetzigen Ion-Vidu-Nationalkollegium für Kunst. Während seines Violinstudiums (1976-1980) am Klausenburger Konservatorium spielte er in der progressiven Rockband „Experimental Quintett“ mit. So entstanden die ersten Kontakte zum Jazz, die von der Band gespielte Musik pendelte zwischen Rock und Jazz. In dieser Zeit kam es auch zu den ersten Teilnahmen am Jazzfestival in Hermannstadt/Sibiu.

Nach Hochschulabschluss kehrte Bota als Lehrer ans Ion-Vidu-Musiklyzeum zurück, wo er 25 Jahre lang unterrichtete. Seine Schwester ist auch heute noch als Violinlehrerin hier tätig. Seit 1991 tritt Johnny Bota als Geiger des Banatul-Philharmonieorchesters vor das rumänische und ausländische Publikum. Unter anderen gründete er in Temeswar die Gitarreabteilung an der Musikhochschule der West-Universität. Bota ist Mitbegründer der bekannten Temeswarer Bega-Blues-Band (BBB), die vor einigen Jahren ihr zwanzigjähriges Jubiläum feierte. Mit der BBB spielte er auch 2003 bei der Eröffnungsfeier des Deutschen Kulturzentrums Temeswar sowie im Ausland unter anderen in Deutschland, Österreich, Ungarn, Polen, Portugal, Frankreich, Italien, Taiwan, Süd Korea usw.

Botas Sohn Saşa nahm nach Abschluss des Ion-Vidu-Musiklyzeums an einem Masterkurs in Kronstadt/Brasov teil. Seine Musikstudien vervollständigte er mit einem Masterstudiengang an der Escuela Superior de Musica „Reina Sofia“ in Madrid und anschließend am Mozarteum in Salzburg. Zurzeit spielt Saşa Bota mit der Camerata in Salzburg und tritt gelegentlich auch in Rumänien auf, u.a. beim George-Enescu-Festival im Herbst 2011.