Von Beruf Tierpräparator

Gheorghe Lazăr verwandelt tote Tiere in Trophäen

So sieht es manchmal in der Werkstatt von Gheorghe Lazăr aus: Bis der Kunde die Trophäe abholt, wird sie aufgehängt.

Mit Brille und Arbeitsschürze: Gheorghe Lazăr ist von Beruf Tierpräparator.

Mit lebendigen Tieren arbeitet Gheorghe Lazăr nicht. Erst nach deren Tod macht sich der 54-Jährige ans Werk. Er präpariert Rehe, Wildkatzen, Fasane, Wiesel. In seinen Händen verwandelt sich das Wild, das er von den Jägern bekommt, in imposante Trophäen. Haustiere stopft er nicht aus. Er findet es abscheulich, wie sich manche Menschen dadurch trösten lassen.

 

Ein großer Auerhahn steht mit ausgebreiteten Flügeln auf dem Metallständer neben seinem Arbeitstisch, so, als ob er jeden Augenblick wegfliegen würde. Kleine Nadeln halten seine Federn gerade, die im warmen Zimmerlicht glänzen. Der Tierpräparator zupft ab und zu an den rötlich-braunen Brustfedern, um sie herzurichten. „Die Auerhahnjagd ist sehr anspruchsvoll. Auerhahnen können nur in der Balzzeit gejagt werden“, sagt Gheorghe Lazăr, der selbst Jäger ist. Während der Balz beginnt der Auerhahn zu singen und gerade dann kann sich der Jäger immer näher pirschen, weil der Vogel nichts mehr hört. Auch im Volksmund heißt es: „Blind und terrisch wie ein Auerhahn“.

 

Taxidermie als zweiter Job

Vor mehr als zehn Jahren fand Gheorghe Lazăr zur Taxidermie. Damals wagte er einen ersten Versuch, ein Tier auszustopfen, einen Fasan. Das fertige Präparat war aber alles andere als das Tier, das es lebend gewesen war. Trotz des misslungenen Versuchs ließ sich Lazăr nicht entmutigen, sondern begann, sich mehr Kenntnisse über die Tierpräparierung anzueignen. „Ich war und bin ein Autodidakt. Ich habe mir viele Tricks bei Jagdausstellungen in Deutschland abgeguckt“, verrät er. In seinem Zimmer liegen überall Gegenstände herum, die er für die Bearbeitung der leblosen Tierkörper einsetzt. Es ist ein langer Weg vom toten Körper bis zum fertigen Modell. Eine grüne Bohrmaschine, ein paar harte Drahtbürsten, eine Maschine zur Hautverdünnung, Klammern, Nadeln und ganz viele Fachzeitschriften hat Gheorghe Lazăr in seinem Arbeitszimmer. In einer Ecke steht ein Eisschrank. „Glauben Sie mir, der Eisschrank da ist voll. Ich komme einfach nicht dazu, die Tiere, die ich selbst gejagt habe, auszustopfen“, sagt der Mann.

Hauptberuflich ist der Absolvent des Temeswarer Industrielyzeums für Maschinenbau (heute: Henri Coandă) als Techniker an der TU Politehnica tätig. Wenn er nachmittags nach Hause kommt, dann widmet er sich voll und ganz seinem zweiten Job, der Taxidermie. Seine Beschäftigung ist allerdings kein Nebenjob, der ihm nur wenige Stunden von seiner Freizeit raubt, sagt Laz²r, denn vor allem diese Arbeit bringt ihm das meiste Geld ein. In einem Drei-Zimmer-Appartement aus dem Giroker Viertel hat er sich eine Werkstatt eingerichtet. Gheorghe Lazăr hat seine eigene Firma und dazu auch eine Webseite, impaieri.ro, über die ihn Kunden aus ganz Rumänien finden können. Interessenten gibt es genug, denn jeden Tag hat Lazăr alle Hände voll zu tun. „Ich habe drei volle Eisschränke“, sagt er. Ganz genau kann er nicht sagen, von wie vielen Kunden er zur Zeit Anfragen entgegengenommen hat. Die meisten seiner Klienten sind Jäger, selten wird er von Privatpersonen oder Museumsleitern angesprochen. Einst verkaufte er einige Tiere an das Theater in Temeswar – zur Gestaltung des Bühnenbilds für eine Aufführung.

 

Moderne Zeiten, moderne Techniken

An der Wand über dem Arbeitstisch hängt ein ausgestopfter Otter – ein prächtiges Exemplar, findet der Tierpräparator. „Ich könnte nie eine Katze oder einen Hund präparieren. Ich finde es viel zu übertrieben, wenn Menschen ihr totes Haustier ausstopfen lassen. Ich könnte mir das nicht antun“, sagt Gheorghe Lazăr, der einen Jagdhund besitzt. Einmal gab er jedoch nach und nahm einen etwas besonderen Auftrag aus Kronstadt/Braşov entgegen. Es ging um einen Wellensittich, einen Großen Alexander, der einem Kind gehörte. Doch als das tote Tier in Temeswar ankam, hatte es keine Federn mehr. „Ich musste den Vogel wegwerfen“, sagt Gheorghe Lazăr. Das Kind konnte er am Telefon beruhigen. „Ich sagte ihm, dass ich den Vogel in einem Blumengarten beerdigt habe“, erinnert er sich lächelnd.

Schon antike Kulturen haben tote Lebewesen konserviert. Bekannt sind vor allem die Menschen- und Katzen-Mumifizierungen der alten Ägypter. Auslöser für modernere Präparationstechniken waren die Forschungsreisen von James Cook im 18. Jahrhundert und die Expedition von Charles Darwin auf die Galapagos-Inseln Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Forscher wollten die mitgebrachten Tiere auch nach deren Tod untersuchen können - und gaben sie in die Hände von Präparatoren. Diese wurden dann mit Baumwolle oder Stroh ausgestopft.

Die Technik des Tierpräparierens entwickelte sich auch in Rumänien. Früher wurden die Tiere mit Sägespänen gefüllt, heute werden sogenannte Dermoplastiken angefertigt. Ein Freund aus Deutschland schickt dem Tierpräparator die künstlichen Körper, die dieser aus einem Katalog vorbestellt hat. Über die fertige Form, die in verschiedenen Maßen erhältlich ist, kommt dann die Tierhaut. Gheorghe Lazăr reist ein paar Mal im Jahr zu Jagdausstellungen nach Österreich oder Deutschland. Da gibt es oft Live-Schaus für Tierpräparierungen. „Ich habe mal einen Deutschen gefragt, wie er arbeitet, doch er wollte mir nichts verraten. Es sei ein Berufsgeheimnis, sagte er zu mir“, erinnert sich Lazăr. „Gestohlen“ hat er trotzdem die eine oder andere Technik. So zum Beispiel lernte er, dass man das Tier, bevor man es präpariert, problemlos waschen kann, denn es wird gar nicht beschädigt.

 

Schwierigkeiten gemeistert

1996 erhielt er den Auftrag, ein Wildschwein zu präparieren. Es war das erste Mal, dass er ein Tier mit einer so dicken Haut ausstopfen musste. „Ich wollte mich selbst übertreffen“, erinnert sich Lazăr. Der Erfolg gab ihm Mut, weiterzumachen. Zu den schwierigsten Exemplaren, die Gheorghe Lazăr im Laufe der Jahre präparieren musste, gehört ein Teppich aus Bärenfell, mit Kopf und Tatzen. Ein weiteres Präparat, das ihm Schwierigkeiten bereitete, war ein Mufflon - ein Wildschaf mit dickem Fell. Er schaffte es immer wieder, die Schwierigkeiten zu meistern und präsentierte seine Tierpräparate sogar auf Fachausstellungen.

Einen außergewöhnlichen Auftrag, den er schließlich nicht entgegennahm, war ein Krokodil. Der einstige Besitzer des Continental-Hotels kam mit dem riesigen Reptil im Kofferraum seines Wagens zu Gheorghe Lazăr. „Ich konnte den Krokodil nicht ausstopfen, weil er ein paar Meter lang war. Wo passt schon ein so großes Tier in mein Arbeitszimmer rein?“, sagt Lazăr.

Der Tierpräparator aus Temeswar ist der einzige in Rumänien, der ein eigenes Unternehmen zu diesem Zweck eröffnet hat. Er ist aber gewiss landesweit nicht der einzige, der sich mit der Taxidermie beschäftigt. Gheorghe Lazăr ist sich sicher, dass er dieser Leidenschaft von jetzt an noch viele Jahre nachgehen wird. Ein aussterbender Beruf? Auf keinen Fall, meint Gheorghe Lazăr. „Im Westen gibt es eine ganze Industrie der Tierpräparierung“, sagt Gheoghe Lazăr und holt zwei Zeitschriften vom Regal herunter. „Schauen Sie nur, wie viele Modelle, Plastiken und sonstige Accessoires es in Amerika und Deutschland gibt“, sagt der Tierpräparator und lässt seinen Finger über die Seite gleiten. Die Preise, die er für seine Präparate verlangt, sind etwa ein Drittel der Preise aus Westeuropa. Eine ausgestopfte Trophäe kann einige 100 Lei bis zu einigen Hundert Euro kosten, je nachdem, wie anspruchsvoll die Arbeit ist.