Von Leben, Liebe und Tod

Ausstellung über die Dichterin Selma Meerbaum eröffnet

Mona Petzek, die Leiterin des Deutschen Kulturzentrums Temeswar, und Helmut Braun, der Kurator der Ausstellung bei der Vernissage.
Foto: Zoltán Pázmány

„Eine junge Frau konnte ihre große Liebe nicht leben. Sie musste sterben, weil sie Jüdin war. 57 Gedichte machen sie unvergesslich. Das kann man wohl über das kurze Leben der Selma Meerbaum als Überschrift schreiben“, so leitete der Kurator Helmut Braun in die Ausstellung „Du, weißt du wie ein Rabe schreit“ ein. Einige der schönsten Gedichte las Helmut Braun dem versammelten Publikum vor.

42 Tafeln erzählen zurzeit im Kunstmuseum Temeswar über das kurze Leben, die große Liebe und den grausamen Tod der jungen Dichterin: Die 1924 in Czernowitz, in der Bukowina, geborene Selma Meerbaum hatte mit 15 Jahren begonnen zu dichten. Heute lesen wir ihre Gedichte, indem wir bereits von ihrem Schicksal wissen, aber Selma konnte natürlich nichts erahnen. Die Gedichte befassen sich mit der Natur, mit der Stadt und mit der Liebe, lassen später auch etwas vom Schicksal der Juden in Czernowitz spüren.

Die Vernissage fand am Freitag, dem 27. Januar, dem Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts, im Kunstmuseum Temeswar statt. Die Besucher konnten nicht nur über das Leben und Schicksal der jungen Dichterin erfahren, sondern auch eine richtige Geschichtsstunde erleben, denn der Kurator der Ausstellung Helmut Braun hat seinen Vortrag auf vielen Details aufgebaut. Helmut Braun ist einer der renommiertesten Kenner der Literaturlandschaft Bukowina. Er war u.a. langjähriger Verleger, Herausgeber und Vertrauter der Lyrikerin Rose Ausländer.

Die Ausstellung ist wohl das wichtigste Ereignis, zu dem das Deutsche Kulturzentrum und das Kunstmuseum Temeswar in diesem Monat einladen. Nur achtzehn Jahre ist Selma Meerbaum geworden. Sie konnte die große Liebe ihres Lebens nicht leben, denn sie fand ein jähes Ende im Zwangsarbeitslager Michailowka. Sie war an Fleckentyphus gestorben, medizinische Hilfe wurde ihr nicht gewährt. Das ist auch eine Form der Vernichtung. Geblieben sind die Gedichte, die in deutscher Sprache verfasst und auf abenteuerliche Weise gerettet worden sind. Selma hatte sie in Schönschrift in ein Album aufgezeichnet, das sie ihrer großen Liebe Lejser Fichman schenken wollte. Heute wird Selma Meerbaum zusammen mit Rose Ausländer und Paul Celan zu den Großen der Literatur der Bukowina gezählt.

Unter dem Titel „Du, weißt du, wie ein Rabe schreit” hatte Helmut Braun im Frühjahr 2013 die Ausstellung konzipiert und gemeinsam mit dem Layouter und Drucker Ralf Liebe gestaltet. Die Ausstellung führt durch das Leben und Werk der Dichterin, offenbart auch deren Lebensraum Czernowitz und die Kultur des osteuropäischen Judentums, berichtet vom Holocaust in Transnistrien und vom Leben und Sterben im Zwangsarbeitslager.

Die Ausstellung umfasst 42 Drucke in Holzrahmen. Hinzu kommen Materialien für Vitrinen wie Bücher, Hörbücher, und Manuskriptblätter. Bei diesem Ereignis handelt es sich um eine Ausstellung des Zentrums für verfolgte Künste, Solingen und der Rose Ausländer Stiftung Köln.

Die Veranstaltung wird in Temeswar vom Deutschen Kulturzentrum mit der Unterstützung des Goethe-Instituts Bukarest, des Instituts für Auslandsbeziehungen Stuttgart und des Kunstmuseums Temeswar organisiert.

Die Ausstellung wird noch bis zum 17. Februar im Kunstmuseum Temeswar zu sehen sein und wird demnächst in weiteren Städten Rumäniens besucht werden können, auf Temeswar folgt Hermannstadt. Man versucht vor allem ein junges Publikum anzusprechen, dem das Schicksal der jung verstorbenen Dichterin besonders nahe gehen kann. „Ich wollte, dass Selma Meerbaum auch in Rumänien bekannt wird, schließlich war sie von Geburt an Rumänin“, hat der Kurator bei der Vernissage erklärt.