„Was mir besonders gefällt, ist, dass die Phantasie der Kinder keine Grenzen kennt“.

Interview mit der Regisseurin Eva Lábadi-Megyes, der Leiterin des Fantasia-Theaters

Statt eines gläsernen Schuhs verlor das Mäuse-Aschenputtel sein Schuhmobil. Aber darin passt auch nur die Erwählte des Prinzen. Fotos: Dragos Dumitru.

Den Namen Eva Lábadi-Megyes kennen die kleinsten Theaterbesucher und ihre Eltern am besten, denn seit Jahren ist sie für die Puppenspiele bekannt, bei denen sie selbst die Puppen oder Regie führt oder auch beides meistert. Vor Kurzem hat sie in Hermannstadt mit „Aschenputtel – nur ein Märchen?“ großen Erfolg gehabt, die Vorstellung soll im Frühjahr 2020 auch in Temeswar zu sehen sein. Über ihre neuesten Projekte sprach Eva Lábadi-Megyes mit der Redakteurin [tefana Ciortea-Neam]iu.

In dieser Version von Aschenputtel kommen Mäuse und ein fliegendes Schuhmobil vor. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

„Aschenputtel“ war für mich eine große Herausforderung. Adrian Tibu, der Intendant des Theaters, ist vor einem Jahr mit diesem Vorschlag auf mich zugekommen. Es war eine Herausforderung, weil es mir sehr schwer fällt, ein so bekanntes Märchen zu bearbeiten und weil die Botschaft an die Kinder aus dem 21. Jahrhundert gelangen soll.

Die Forschungsarbeiten zum klassischen Märchen – bekanntlich war es anfangs ein Gruselmärchen, das später bearbeitet und mit anderen Märchen zusammen gesammelt wurde – haben mir sehr gefallen. Danach habe ich mir die Frage gestellt, welches das niedlichste Tier ist, das den Kindern gefällt. So bin ich auf die Mäuse gekommen. Der Bezug zum Märchen war bereits da, denn die Mäuse werden unter dem Stab der Fee in Pferde verwandelt. Und weil die Märchengestalten Mäuse sind, bin ich auf die Fledermaus-Fee gekommen, die als Punkerin angezogen ist und anstatt eines Zauberstabs einen Mechaniker-Schlüssel von 16 mm hat, mit dem sie das Schuhmobil anfertigt. Der Schuh war auch ein großes Problem, denn die Puppen sind sehr klein und ein sehr kleiner Schuh wäre wenig sichtbar für das Publikum gewesen. Aber unsere Märchenversion spielt auf dem Dachboden des Hermannstädter Gong-Theaters, wo viele Sachen deponiert sind, und so bin ich auf die Idee gekommen, dort könnte auch ein Paar Theaterschuhe liegen und die Fee dieses Schuhmobil für Aschenputtel erbauen.

So habe ich die Geschichte weitergesponnen, dass der Ball im Bruckenthal-Schloss stattfindet, wo Prinz Magnus III. wohnt. Aber unsere Idee, die des Bühnenbildners Dio Zoltán und meine, war, dass wir die Kinder auch an das Museum annähern sollen. Vielleicht werden wir dieses Projekt in Zukunft weiterführen, so dass wir im Stück Teile des Museums präsentieren, so dass die Kinder, wenn sie ins Museum gehen, diese wiedererkennen.

Sie sprachen über das Kind des 21. Jahrhunderts. Was erregt sein Interesse, wie muss ein Märchen umgemodelt werden, damit man es ihm schmackhaft macht?

Ich bin 1987 ans Temeswarer Puppenheater aufgenommen worden, habe dort bis 1997 gearbeitet, die Aufführungen in diesen zehn Jahren hatten einen gewissen Rhythmus, der daran erinnert, die Babys gewiegt werden. Denselben Rhythmus habe ich elf Jahre später vorgefunden, als ich die Intendanz übernommen habe, aber er schien mir zu langsam und hatte keinen Bezug mehr zum Rhythmus der Kinder von heute. Ich fragte mich, was man machen muss. Es gibt kein ungehorsames Publikum, sondern nur Vorstellungen, die keinen Kommunikationsweg mit dem Publikum gefunden haben. Der Rhythmus der Vorstellungen, die neuen Ideen, die Dinge, mit denen die Kinder von heute bewandert sind – das alles spielt eine Rolle. Das Klassische an dem Märchen muss klassisch bleiben, damit das Kind die Wurzeln kennenlernt, aber es gibt die Möglichkeit, in gewissen Grenzen einige Änderungen vorzunehmen.

Sie sprechen somit von einem Kern des Märchens, der ein Evergreen ist. Welches ist dieser im Falle von „Aschenputtel“?

Es ist das Märchen an und für sich. Es ist die Botschaft, dass die Liebe und das Selbstvertrauen die Bösartigkeit und den Neid bezwingen. Was wir unterstreichen wollten, ist, dass man an Märchen glauben soll. Das Kind identifiziert sich mit Aschenputtel, der Hauptfigur, und erkennt die Boshaftigkeiten der anderen. Es gibt in der Aufführung eine schwere, dramatische Szene, was man auch an den Reaktionen des Publikums ablesen konnte: Während sich die Stiefschwestern auf den Ball vorbereiten, erscheint Aschenputtel mit einem schönen, weißen Kleidchen, das sie von ihrer Mutter geerbt hatte. Die Stiefschwestern werden wütend, reißen das Kleid in Stücke und lachen über Aschenputtel, das nun nackt und grau dasteht. Die Mutter spricht nun zu Aschenputtel – der Schauspieler Jenö Major hat himmlisch interpretiert: „Schau in den Spiegel, wer du bist. Du bist nur eine graue Maus, grau wie die Asche, ein Aschenputtel“. Aschenputtel bleibt schließlich allein zu Hause, übernimmt diesen hässlichen Namen und singt. Mir haben die Reaktionen der Kinder gut gefallen, die der Mutter zugerufen haben: „Böse! Hässliche! Du terrorisiert sie! Was machst du?“ Wenn Aschenputtel zu singen beginnt, stellen sich die Kinder Fragen. Kinder sind sehr intelligent, intuitiv, überraschen uns. Was mir besonders gefällt, ist, dass die Phantasie der Kinder keine Grenzen kennt.

Wie war die Zusammenarbeit mit dem Theater „Gong“?

Ich habe alle vier Jahre die Chance geht, mit ihnen zu arbeiten. Die Puppenspieler sind absolut sensationell, sie haben Disziplin und Respekt vor sich selbst, den Kollegen, dem Beruf und dem Publikum gegenüber. Es war traumhaft, mit ihnen zu arbeiten. Ich habe in meiner gesamten über 30jährigen Erfahrung noch nie ein solches Team getroffen.

Wann wird das Temeswarer Publikum die Aufführung erleben?

In Temeswar werden wir die Vorrstellung wahrscheinlich im Frühjahr aufführen, in der Woche, die man „Schule anders“ nennt. Vielleicht wird bis dann auch eine rumänische Version existieren. Wahrscheinlich werden wir im AMG-Haus auftreten, so wir wir das auch bei den anderen Auftritten des Gong-Theaters gemacht haben. Es ist der ideale Ort dafür.

Sie haben eine langjährige Zusammenarbeit mit dem Deutschen Staatstheater in Temeswar gehabt. Bitte sagen Sie uns, welche Ihre Zukunftsprojekte in Temeswar im allgemeinen sind und welche speziell mit dem DSTT?

Ich habe eine sehr gute Zusammenarbeit mit Frau Ildikó Jarcsek Zamfirescu gehabt, die ich sehr bewundert habe. Sie hat mir 1995, nachdem ich in Galatz den Preis bekommen habe (den Preis für Regiedebüt beim Internationalen Theaterfestival „Gulliver“ – N. Red.), die Chance gegeben, „Doktor Faustus“ nach Marlowe für Kinder zu inszenieren, das Bühnenbild zeichnete Ioan Trif. Es folgte mein Rezital im Saal des DSTT. Als Lucian Vărsandan als Intendant eingesezt wurde, hatten wir erneut eine schöne Zusammenarbeit, mit der Vorstellung „Der Zauberer von Oz“, die mir sehr ans Herz gelegen war. Ich möchte die Beziehung zum DSTT erneuern und ich würde gern mit jungen Leuten aus dem Ensemble arbeiten. Ich kann noch nichts darüber sagen, weil noch nichts Festes da ist.

Und Vorschläge für das Jahr 2021, wenn Temeswar Kulturhauptstadt Europas wird?

Ich habe eine Idee für ein Projekt, aber den Vorschlag habe ich den Organisatoren noch nicht unterbreitet. Es geht um „Die Schöne und das Biest“, ein Schattenspiel in einem Temeswarer Bühnenbild, das schon zur Zeit meiner Intendanz am Temeswarer Puppentheater „Merlin“ verwirklicht wurde, die Bühnenbildgestaltung war von Baiku Attila. Mit dieser Vorstellung haben wir damals Lobby für Temeswar, das für den Titel kandidierte, in den Partnerstädten gemacht. Diese Vorstellung würde ich gern mit meiner eigenen Theaterkompanie „Fantasia“ wiederaufnehmen und neu und anders darstellen.