Zeitungspremiere in Temeswar

Das Wochenblatt „Temeswarer Nachrichten“ erschien vor 250 Jahren/ Zensor war ein…Jesuitenpater

Die Seidenstreaße aus der Gründerzeit der Temeswaren Nachrichten gibt es heute noch in Temeswar: unter dem Namen Mătăsarilor Foto: Zoltán Pázmány

 Der Abzug der Türken aus der Festung Temeswar 1716 und der triumphale Einzug der siegreichen österreichischen Heere des „Edlen Ritters“, des Prinzen Eugen von Savoyen, sorgte in Temeswar und im ganzen Banat, das nach dem Türkenjoch von 164 Jahren in einem desolaten Zustand war, für riesigen Nachholbedarf aber auch für  eine enorme Aufbruchsstimmung. Wie man es auch heute sieht, ein Zeichen wurde schon im Jahr 1718 gesetzt: Als erstes wurde vor den Toren, in der Temeswarer Vorstadt, der  heutigen Fabrikstadt, bekanntlich die Bierbrauerei errichtet. Ein Meilenstein in der Geschichte und im Werdegang der Begastadt? Wenigstens ein starkes Stadtsymbol über Jahrhunderte hinaus und sogar ein Symbol für die Anfänge der Industrie auf dem heutigen Gebiete Rumäniens.  Mit der Kultur, mitunter auch mit der Presse, tat es sich die militärische k.u.k. Verwaltung des Banats vielschwerer. Die Militörs hatten es damit nicht so eilig. Das Banater Pressewesen machte seine Anfänge bekanntlich erst 55 Jahre später, 1771, und zwar mit der ersten Zeitung des Banats „Temeswarer Nachrichten“ im Jahr 1771. Der Temeswarer Schriftsteller Franz Liebhard, ein guter Kenner der Stadtgeschichte und besonders ihres kulturellen Werdens, widmete diesem Kapitel des Pressewesens seinen interessanten Beitrag „Temeswarer Nachrichten 1771 – die erste Zeitung des Banats“. Er verbindet diese Anfänge mit dem aus Preußisch-Schlesien stammenden Matthäus Joseph Heimerl: Dieser war der erste Buchdrucker, dem es im Banat des 18. Jahrhunderts gelungen ist, eine eigene Werkstatt zu errichten. Laut Franz Liebhard gab es vor ihm auch einige missglückte Versuche: 1766 sollte das Angebot des Ofner Buchdruckers Anton Koth von der Administration zurückgewiesen worden sein. Zur selben Zeit verwarf der Magistrat auch das Gesuch eines Druckers aus Hermannstadt. Abgewiesen wurde dieser, weil er „unter Lutheranern und Calvinern in Siebenbürgen serviert“ hätte. Und man könne nie wissen“ was er im Schilde führe“. 1769 war es aber Heimerl gelungen, in einem Kameralgebäude der Vorstadt Fabrik, „ im alten Seidenhaus“, eine Buchdruckerei in Betrieb zu setzen. Das Haus nannte man später „alte aerarische Buchdruckerey“. Nach der Banater Reise von Kaiser Joseph 1768 hat der Wiener Hof der Landesadministration auch Instruktionen für die Errichtung einer Druckerei erlassen. So wurde Heimerl, der als „anständiger Offerent“ vom Wiener Hof angesehen wurde, auch von der Landesadministration als Buchdrucker auserwählt. Heimerl soll 1771 zum „Privilegierten Administrationsdrucker“ ernannt worden sein. Im gleichen Jahr brachte er dann sein Wochenblatt „Temeswarer Nachrichten“ heraus. Es war die erste Zeitung des Banats und zugleich auch die älteste Zeitung, die auf dem heutigen Gebiet Rumäniens gedruckt wurde. Das Wochenblatt erschien erstmals am 18. April 1771. Es war ein Donnerstag, und der Donnerstag blieb auch weiterhin der Erscheinungstag. Vor Jahren wurden die ersten Nummern der „Temeswarer Nachrichten“ vom Wiener Forscher Josef Wüst im Hofkammerarchiv von Wien entdeckt. Wie lange dieses Wochenblatt in Temeswar erschien, blieb unklar. Aufgrund der aufgefundenen Exemplare kann das Erscheinen der „Temeswarer Nachrichten“ bis zum 11. Juni 1771 verfolgt und nachgewiesen werden. Der Schriftsteller Gottfried von Bretschneider, der damals im Dienst der Banater Landesadministration stand, berichtet 1777 dem Berliner Buchhändler Nicolai, dass es in Temeswar in dieser Zeit außer Theater auch Journale gegeben hätte. Er konnte sich dabei nur auf die „Temeswarer Nachrichten“ beziehen, eine zweite und dritte Zeitung wurde erst 1782 bzw. 1783 erwähnt. Franz Liebhard vertritt die Meinung, dass man bei der ersten Banater Zeitung von einer Erscheinungsdauer von zumindest sechs Jahren ausgehen müsste. Eine interessante Begleiterscheinung: Das Wochenblatt hatte laut Franz Liebhard auch einen Zensor! Das Blatt stand unter Jesuitenzensur. Als Zensor wurde vom Magistrat der ehemalige Jesuitenprior Ernst Neumann, ab 1779 weltlicher Geistlicher und Pfarrer in der Temeswarer Festung, bestellt. Eine kuriose Situation: Bis zu Heimerls Tod war der Jesuitenpater Zensor seiner Zeitung. Als Heimerl am 10.Mai 1785 starb, wurde der „k. k.Banatische Administrations-Buchdrucker“, Herausgeber, Redakteur und Drucker der ersten Banater Zeitung von dem vorgenannten Geistlichen beerdigt. Dem Buchdrucker Heimerl soll es übrigens in Temeswar nicht schlecht gegangen sein: Vor seinem Tode besaß Heimerl in der Festung ein stattliches Haus mit der Nr. 156 , in der Nähe des damaligen. Judenviertels , im geschätzten Wert von 3500 Gulden.

Fortsetzung folgt

(Gekürzt und angepasst, aus Franz Liebhard, Banater Mosaik, Beiträge zur Kulturgeschichte“, Kriterion Verlag Bukarest 1976)