Zum Online-Unterricht gezwungen

Probleme, Fragen, Sinnhaftigkeit

Unterricht aus dem Wohnzimmer. Symbolfoto: Zoltán Pázmány

Unterschiedlich sehen Lehrer, Schüler und Eltern den Online-Unterricht, der derzeit gezwungenermaßen durch den Coronavirus Einzug in das rumänische Bildungssystem gehalten hat. Die Anpassungsweise, eine unterschiedliche technische Ausstattung, der Unterschied zwischen Stadt und Land – all dies hat den Lernprozess beeinflusst. Wichtig war, dass die Schüler überhaupt beschäftigt wurden und nicht komplett vom Lernen abgekommen sind, hieß es vielrorts. Was sonst noch zu diesem System kursiert, machen einige Stimmen aus deutschen Schulen/ Abteilungen (oder deren Umfeld) im Banat deutlich.

Lorette Cherăscu, Deutschleherein am Nikolaus Lenau-Lyzeum in Temeswar: Die Online-Schule war eine Herausforderung für mich: Nicht nur musste ich technische Handgriffe erlernen, um auf unserer Schulplattform "de10" richtige Unterrichtseinheiten zu erstellen, Arbeitsblätter hochzuladen, Filme und Audiodateien hinzuzufügen, wobei ich mich unsicher und überfordert fühlte, sondern ich musste mich auch mit Videokonferenzen anfreunden, bei denen nicht bei allen Schülern die Kamera funktionierte. Ich war an manchen Tagen sogar 10 Stunden lang vor dem Laptop, habe viel telefoniert, mich beraten lassen und anderen Kollegen und Schülern geholfen, sodass wir gemeinsam gelernt haben, wie man mit der ganzen Technik umgeht, was mich aber auch viel mehr ermüdet hat als regulärer Schulunterricht vor einer Klasse. Wenn ich jetzt aber auf diese drei Wochen zurückblicke, sehe ich auf jeden Fall auch das Positive, wie viel ich dazu gelernt habe, wie sehr ich mich entwickelt habe, wie flexibler ich im Unterricht geworden bin. Was fehlt, ist eben die persönliche Nähe zu den Schülern, ihre echte Mimik und Gestik, nicht hinter einem Monitor versteckt, das zeitgleiche Feedback, die Zusammenarbeit. Ob diese Online-Schule inhaltlich für das Fach etwas bringt, hängt selbstverständlich auch vom Unterrichtsfach ab. Wenn es in Deutsch leichter ist, die Schüler allein ein Buch zu Hause lesen zu lassen, kann ich es mir in naturwissenschaftlichen Fächern schon schwerer vorstellen, dass nur Alleinstudium viel weiterhilft; auch hängt es von der Persönlichkeit und Lerntechnik des jeweiligen Schülers ab.

Claudia Pela-Bähr, Fachlehrerin Deutsch-Fremdsprache am William Shakespeare-Lyzeum in Temeswar.

Schule online. Für viele von uns ist das eine Herausforderung, die wir angenommen haben. Die Idee ist gut, aber das Ergebnis war nicht das, was wir erwartet haben. Ohne eine einheitliche Plattform hat jeder Lehrer die benutzt, mit der er irgendwie vertraut war. Schüler, deren Eltern zu Hause waren, haben ihre Aufgaben brav gemacht, andere, die unbeaufsichtigt waren, haben das getan, worauf sie Lust hatten, aber keine Aufgaben. In Großstädten, wo fast jeder Schüler einen Rechner und Internetanschluss hat, funktioniert das irgendwie mit Ach und Krach, aber auf dem Dorf haben nur wenige Schüler die gleichen Bedingungen wie die Stadtkinder und damit auch weniger Chancen auf Online-Unterricht. In Zukunft werden wir bestimmt mehr Wert auf e-learning legen und höchstwahrscheinlich werden wir Lehrer uns alle fortbilden und auch eine einheitliche Plattform finden müssen, damit wir ein Chaos vermeiden und alle Schüler die gleichen Chancen haben.

Alexia Bagiu, Banater Kolleg (Abteilung Deutsch Muttersprache), Temeswar: Schule von Zuhause ist für die, die in der Stadt leben, einfacher, aber für Kinder vom Dorf hingegen deutlich schwieriger, denn nicht jeder hat die technischen Möglichkeiten, um aus der Ferne  Hausaufgaben zu machen und zu versenden. Dadurch, dass wir an unserer Schule Lektionen Online in Word oder PDF bekommen, oder man uns im Video-Chat die Lektionen erklärt, lernen wir auch viel über eine sinnvolle Nutzung des Internets.

Izabella Vogel, Adam-Müller-Guttenbrunn-Lyzeum, Neurad: In einigen Schulen glaubt man,  dass Telefonkonversationen den Schülern in Bezug auf die Bedingungen, unter denen wir uns gerade befinden, zugute kommen. Keiner aber berücksichtigt die benachteiligten Kinder aus Dörfern oder Gemeinden, die kein Internet zur Verfügung haben. Diese Diskrepanz führt somit zur sozialen Isolation und stellt einen Rückschlag in der Schule für diese Kinder dar.

Codruța-Daniela Țîrnea, Mutter eines Viertklässlers aus dem Nikolaus-Lenau-Lyzeum: Die Lenau-Schule hat sich sehr schnell und sehr gut auf die neuen Bedingungen eingestellt. Mein Sohn hat mit seiner Grundschullehrerin jeden Tag von 9-12,30, manchmal gar bis 13 Uhr Unterricht. Nicht nur die Hauptfächer, sondern auch Fächer, die nicht als so wichtig betrachtet werden, wurden unterrichtet. Ich denke, wie gut der Unterricht aus der Ferne läuft, hängt von der Schule, den Lehrern, den Schülern und auch von den Eltern ab.

Redaktion des Beitrags: Siegfried Thiel