Autobiografische Geschichten, illustriert

Ausstellung der neuen deutschen Comic-Kultur in Kronstadt

Poster der Wanderausstellung

Paargespräche: „Jean-Paul Sartre & Simone de Beauvoir. Romantik im Kühlschrank.“ von Line Hoven und Jochen Schmidt

26 Schüler von der Kunstschule Kronstadt haben tolle Geschichten auf Schabkarton gekratzt. Foto: Orsolya Balint

Tim und Struppi, Asterix und Obelix, Lucky Luke, Donald Duck, Batman, Tarzan aber auch Max und Moritz sind einige der wohl beliebtesten Comics der Geschichte. Doch gibt es durch-aus auch Comics für Erwachsene, in denen Geschichten zu unterschiedlichen Themen und in ganz verschiedenen Stilen dargestellt sind. Dabei spielt die deutsche Comic-Kultur aufgrund ihrer Vielfalt und der individuellen Bild- und Erzählsprache eine bedeutende Rolle auf internationaler Ebene, wo sie sich wachsender Anerkennung erfreut.

Auch in Kronstadt kamen zahlreiche Interessierte am vergangenen Donnerstag, um die neue deutsche Comic-Kultur zu bewundern. Von Kindern zu Senioren, aber hauptsächlich Jugendliche haben sich beim Multikulturellen Zentrum der Transilvania-Universität bei der Eröffnung der Wanderausstellung des Goethe-Instituts „Comics, Manga & Co. – Die neue deutsche Comic-Kultur“ an Illustrationen erfreut. Diese sind in vielen Arten, Techniken, Erzähl- und Publikationsformen gestaltet und handeln von Biografie, Familiengeschichten, Alltag der Jugendlichen, bis hin zu Ereignissen aus der DDR, oder Gesellschaftskritik.

Die Ausstellung vereint zwei Generationen von deutschen Comic-Zeichner/innen. Einerseits die Comic-Avantgarde „die der Herausbildung einer eigenständigen deutschen Comic-Kultur den Weg ebnete, sowie eine Generation von jüngeren Comic-Zeichnern und –Zeichnerinnen, deren Publikationen neue ästhetische und erzählerische Aspekte auszeichnen“, wie im Katalog der Ausstellung erklärt wird.

Eine der 13 Künstlerinnen und Künstler, deren Werke ausgestellt sind, Illustratorin Line Hoven, war anwesend bei der Vernissage und hat einen Überblick zu den Exponaten und deren Autoren gegeben.

Die Geschichte der deutschen Comics

Deutsche Comics gibt es schon seit Wilhelm Busch, doch ist Deutschland erst seit 1990 wieder auf der Weltkarte der Bildergeschichten verzeichnet. Die avantgardistischen Künstler wandten sich ab von  klassischen amerikanischen und französischen Sprech- und Denkblasen und vereinten traditionelle Formen mit den neuen Impulsen aus der ehemaligen DDR. Heute gelten Comics als Literatur und sind in Buchhandlungen, auf Messen, bei Festivals und auch online zugänglich. Comic-Kultur wurde seit einigen Jahren als Studiengang an den Kunsthochschulen in Deutschland eingeführt.

Es unterrichten unter anderen die avantgardistischen Zeichnerinnen und Zeichner von damals, wie Anke Feuchtenberger, Henning Wagenbreht, Hendrik Dorgathen, oder Hans-Georg Barber alias Atak. Sie fördern die neue Generation, sich beim Erzählen in Bildern frei auszudrücken, keine Grenzen zu setzen. Das Spektrum der angegangenen Themen und Stile ist dementsprechend sehr breit, wobei neben den fiktiven Welten auch viele Geschichten aufkommen, die autobiographischen Charakter haben.

Persönliche Geschichten mit dem Cutter kratzen

Für die Comic-Zeichnerin und Illustratorin Line Hoven bietet sich Familie als Inspirationsquelle. Ihre schwarz-weißen Illustrationen, deren Stil unverkennbar ist, zeigen autobiografische Geschichten in denen sie Beziehungen zwischen Menschen nachgeht, Menschen die ihre Identität bestimmt haben.

Dabei geht die Künstlerin bei ihrer „Schnüffelei an meiner Familie“ von Bruchstücken  von Erinnerungen wie Geruch oder Gefühl aus, die sie auf schwarzen Schabkarton kratzt. Über ihre Arbeiten, die unter anderen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die ZEIT, wie auch in bedeutenden Comic-Publikationen wie Orang, Strapazin oder Der Bunte Hund veröffentlicht wurden sprach sie bei der Vernissage in Kronstadt.

Die Kratztechnik, die sie anwendet und an den klassischen Holzstich erinnert, durften Lyzeaner der Kunstschule im Rahmen eines Workshops von Hoven lernen. Mit Cuttern gestalteten die Kronstädter Jugendlichen Phantasiewelten auf Schabkarton.

Die preisgekrönte Illustratorin, die zahlreiche Werkstätten und Seminare bietet, bildet als Professorin eine neue Generation von Zeichnern aus. Zurzeit arbeitet sie gemeinsam mit ihrem jahrelangen Arbeitspartner Schriftsteller Jochen Schmidt an der Reihe „Paargespräche“, das berühmte Paare wie Batman & Robin, Simone de Beauvoir & Jean-Paul Sartre, Miss Piggy & Kermit, Tarzan & Jane zeigt.

Die vom Goethe-Institut in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kulturzentrum Kronstadt und dem Multikulturellen Zentrum der Transilvania-Uni veranstaltete Ausstellung wandert seit knapp neun Jahren in Städte, wo Deutsche Kulturzentren tätig sind. In Kronstadt war die Ausstellung schon im Jahr 2011 zu sehen, heuer ist sie wochentags von 12 bis 19 Uhr bis Ende des Monats offen für das Publikum, wobei der Eintritt frei ist.  Rumänische Comics sind eher im Online-Bereich zu finden und werden seit 2013 beim Hermannstädter Internationalen Comics-Festival vorgestellt.