Begeisterungssturm für „Taraf de Caliu“

Traditionelle Musik aus Clejani ist auch in Kronstadt sehr gefragt

Eine mitreißende Atmosphäre herrschte beim Konzert des „Taraf de Caliu“ bei Visssual. Foto: Inmotion Studio

Mit seiner ansteckenden Energie und den flinken Fingern, in denen der Geigenbogen zu tanzen scheint, hat Gheorge Anghel „Caliu“ zusammen mit seinem „Taraf de Caliu“ aus dem Dorf Clejani, etwa vierzig Kilometer südlich von Bukarest, ein begeisterndes Konzert im Kronstädter Visssual-Kulturzentrum geboten. Rund 350 Zuschauer, hauptsächlich junge Leute, tanzten mehr als zwei Stunden lang am Freitagabend beim Anhören der traditionellen Musik aus der Walachei und der Lieder mit balkanischen und orientalischen Folkloreeinflüssen. Die hervorragenden Musiker haben mit ihrem authentischen Auftritt  richtig Show gemacht.
„Taraf de Caliu“ ist eigentlich der weltberühmte „Taraf de Haidouks“, der Anfang der 90er Jahre Westeuropa und dann die ganze Welt mit seinen erfrischenden Klängen, seiner Präsenz, Vitalität und Echtheit erobert hat. Seit ihr ehemalige Manager verstorben ist, hat die Band das Recht auf den Markennamen verloren und tritt nun unter dem neuen Label auf. Seit etwa vier Jahren spielt und singt „Taraf de Caliu“ mehr in Rumänien, wo es mittlerweile auch berühmt geworden und sehr gefragt ist. Das Konzert in Kronstadt war ausverkauft. „Die Rumänen kennen und lieben unsere Musik jetzt auch. Ich freue mich so sehr, dass wir wieder zu Hause spielen können“, sagt Caliu mit einem warmen Lächeln. Denn Anfang der 90er Jahre war die Musik der Roma aus Clejani hierzulande nur für die Bewohner aus der südlichen Gegend und für Musikethnologen bekannt und interessant, das internationale Publikum jedoch war hingerissen, die 14 Haidouken in den größten Konzertsälen der Welt zu erleben. Tokyo, Singapur, Paris, New York, Los Angeles, Istanbul oder London haben sie mit offenen Armen empfangen. 2002 wurden die Haidouken mit dem BBC World Musik Award für beste Band aus Europa und dem Nahen Osten belohnt.
Heute reißen sieben Musiker mit Geigen, Zymbal, Bass, Akkordeon und Stimme mit ihren Tönen, der unbändigen Energie und Spielfreude die  Zuschauer in ihren Bann. Es sind Gründer des Taraf de Haidouks, und zwei deren Söhne, die das Metier übernommen haben.
„Taraf“ bedeutet soviel wie Orchester, „Haidouken“ führt auf die gleichnamigen Freiheitskämpfer des 18. Jahrhunderts an, Räuber die, wie Robin Hood, die Reichen ausplünderten und die Beute unter den Bedürftigen aufteilten.


„Ich träume von einer Schule für Taraf-Musik“
Caliu träumt von einer Schule, wo nur Taraf-Musik unterrichtet wird, wo die Kinder im Dorf, sowie auch andere Interessenten die traditionelle Musik aus der Walachei erlernen, so wie sie seit Jahrhunderten überliefert wurde. Es ist eine Musik, die von den Freuden und Leiden der Menschen handelt. Wie alle Berufsmusiker aus Clejani, hat auch Caliu das Geigenspiel von seinen Vorfahren erlernt und gibt sie den Jüngsten im Dorf weiter, aber meist mit der Bedingung, dass sie nicht zu „Manele“ (eine kommerzielle Art traditioneller rumänischer Liedformen, die aus der balkanischen Lautenspielermusik entstanden ist und türkische Wurzeln aufweist) übergehen. „Überall auf der Welt lieben Leute unsere Musik, so wie sie seit Generationen ist. Das soll so bleiben“, sagt der Meister des Bogenstrichs mit Entschlossenheit.
Die traditionelle Musik aus Clejani sei ein unermesslicher Schatz, erklärte Musikethnologin Speran-]a R˛dulescu, die die bei Hochzeiten, Taufen, Begräbnissen mit ihren Instrumenten auftretenden Männer aus Clejani, wo die Straßen ungeteert waren und die Leute in armseligen Hütten lebten, noch während des Kommunismus entdeckte.
Da sie alles „nach dem Gehör“ spielen und nichts in Partituren festgehalten wird, bleibt ihr Abdruck nur auf den CD-Aufnahmen oder in Filmen wie „Le Concert“ / Das Konzert (2009) von Radu Mih˛ileanu, oder in „The Man Who Cried“/ Der Mann der weinte (2000), in denen sie unter anderen mit Johnny Depp aufgetreten sind. Dieses Jahr soll ein neues Album mit „reiner traditioneller Musik aus der Walachei“ erscheinen, sagt ihre Managerin Larisa Perde, von „Vinyl, Rum, Tapas & Wine“. Es wäre schade, wenn diese reiche, wundervolle Musik und mit ihr zusammen eine ganze Welt verloren ginge, durch das steigende Interesse der neuen Generation für Manele. Eine Taraf-Musikschule könnte in dieser Hinsicht wie ein wahres Wunder wirken. Bis zu der Verwirklichung dieses Traums allerdings, hat „Taraf de Caliu“ schon zahlreiche anstehende Termine für Konzerte im In- und Ausland, auf das es sich schon freut.