Ce poate Sibiul – das klappt nicht in Kronstadt, noch nicht

Zur Einordnung der Kronstädter Kommunalwahl

Wahlkampf als gemeinschaftsstiftendes Erlebnis: die Kandidaten des Forums inmitten der Helfer vor dem Kronstädter Forumssitz am Tag der Abschlusskundgebung.
Foto: Mihaela Litean

Großflächige Wahlwerbung konnte erst in der letzten Woche des Wahlkampfes mit dem Einverständnis der Eigentümer an gut sichtbaren Stellen der Stadt angebracht werden: u.a. in der Nähe der Bartholomäer Kirche (Foto), in der Waisenhausgasse (Poarta Schei), am Walitsch (Ecke Langgasse/Mittelgasse).
Foto: Thomas Şindilariu

Die Tatsache, dass Kronstadt trotz allem nicht Hermannstadt ist, mag das Einzige sein, was den eingefleischten Coronensier beim Vergleich der Ergebnisse der Kommunalwahl erleichtern mag. Hier rund 8 Prozent, dort gegen 80 Prozent Wählerstimmen für das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien.

Ist es bei solchen Differenzen überhaupt statthaft, von Vergleichen zu sprechen? Hätte man sich demnach nicht besser die Mühen eines Wahlkampfes sparen sollen, seine Kosten, den Organisationsaufwand, die Mobilisierungsbemühungen, die Hintanstellung der Familien, den persönlichen Einsatz bis hin zu erheblichem Schlafverzicht des Wahlkampfteams, um Schummeleien in der Wahlnacht nach Möglichkeit zu verhindern?

In Hermannstadt waren und sind andere Dimensionen möglich als in Kronstadt, für den Moment zumindest. Aller Anfang ist jedoch klein und bescheiden, das wichtigste daran ist jedoch, dass es ihn gibt, den Anfang! Mit einem solchen haben wir es nämlich in Kronstadt durchaus zu tun.

Die Wahlkämpfe unseres Demokratischen Forums zeichneten sich bislang in Kronstadt durch eine gewisse Zurückhaltung aus, die zunächst aus Rücksicht auf die Seriosität des politischen Angebots eingenommen wurde, aber nicht zuletzt auch einem knappen Wahlkampfbudget geschuldet war. Auf dieser Grundlage konnte man die eigene Mitgliedschaft, die, numerisch betrachtet, sich ganz und gar nicht von Hermannstadt unterscheidet, mobilisieren und darüber hinaus eine selekte Wählerschaft zumeist gehobeneren Bildungsstandes erreichen, die einerseits angewidert vom allgemeinen Politikstil in Rumänien, andererseits aus Nostalgie und aus Sympathie für die schrumpfende deutsche Minderheit ihr die Stimme gaben.

Diesmal war alles anders. Es hatten sich jüngere Forumsmitglieder, tragende Figuren im Deutschen Wirtschaftsklub Kronstadt – 2006 auf Initiative des Kronstädter Forums gegründet – zusammen gefunden, die es wissen wollten. Ihr Ansatz erwies sich als der richtige, wenngleich man sich eingestehen muss, dass es aus verschiedenen Gründen, vor allem aber wegen der äußerst knappen Zeit, nicht möglich war, das vorhandene Potenzial voll auszuschöpfen.

Frei von historischen Differenzen zwischen Hermannstadt und Kronstadt, die es nicht nur in Reihen der Sachsen gab und gibt, bewarb man das Hermannstädter Erfolgsmodell effizienter Kommunalverwaltung als entscheidenden wirtschaftlichen Standortfaktor, das tunlichst zu übernehmen sei. Die Verdichtung dieses Ansatzes in der Programmaussage, dass man 20.000 Arbeitsplätze schaffen wolle, die einen Investitionswert von 1 Milliarde Euro darstellten, mag nicht jedermanns Geschmack getroffen haben.

Jedoch anders betrachtet, was ist ein Arbeitsplatz wert, ein sicherer Broterwerb, eine Familienexistenz? Hätte Kronstadt nicht aufgrund seiner Größe, seines hohen Kultur- und Freizeitwertes das Potenzial, es Hermannstadt zumindest gleich zu tun? Das hieße, die Arbeitslosigkeit quasi vollständig zu eliminieren und zu einem Magneten nicht nur für gering qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Umland, sondern auch für hoch qualifizierte Fachleute zu werden, die es durchaus gibt, die sich aber in Anbetracht der Rahmenbedingungen eher für Bukarest, oft für Hermannstadt und viel zu oft fürs Ausland entscheiden.

Das muss nicht auf ewig so bleiben! Aus dem Zentrum Europas werden aus Kostengründen zunehmend Produktion und Entwicklung an die Peripherie verlagert, die Entscheidung, wo genau investiert wird, wird aufgrund der Situation vor Ort entschieden.

Hier vor allem liegt der Schwachpunkt der bisherigen Kommunalpolitiker in Kronstadt. Umsonst gibt es in Kronstadt eine beträchtliche deutsche Sprachkompetenz, wenn sich die Kommunalpolitiker gegenseitig zerfleischen und blockieren. Statt Standortpolitik zu betreiben, werden Immobiliengeschäfte gedreht, in denen es um die Umwandlung historischer Kronstädter Industrieareale, etwa Scherg/Carpatex, Schiel/Hidromecanica, Tractorul oder der ehemaligen Raffinerie, in groß angelegte Einkaufszentren geht, wo doch bereits schon für die bestehenden Shopping-Malls kaum Mieter für die Geschäftsflächen zu finden sind! Wenn man die bisherigen Kommunalpolitiker gleich welcher Couleur so weiter machen lässt wie bisher, kann es gut sein, dass Kraft Foods nicht der letzte Arbeitgeber gewesen sein wird, der Kronstadt den Rücken gekehrt hat.

Es wird für die nun gewählten Vertreter des Forums im Kreis- und Stadtrat keine leichte Aufgabe werden, als Kraft des Ausgleiches und der Vernunft zu wirken, zu sach- und problemorientierter Politik zu mahnen. Dafür bedürfen sie in erster Linie der vollen Unterstützung aus den eigenen Reihen, aus den Reihen der Forumsmitglieder, der Kirchengemeinden etc., denn nur so können sie für diese auch etwas erreichen.

Noch ein Wort zur Einordnung des Wahlergebnisses. Die Ausgangslage war eine ganz andere als etwa 2000 in Hermannstadt. Damals herrschte nach dem Scheitern der Demokratischen Konvention generell ein Gefühl der Ausweglosigkeit in der Bevölkerung vor, das in Hermannstadt durch schwache Leistungen des Bürgermeisteramtes verstärkt wurde. In den Augen der Kronstädter Wähler ist George Scripcaru (PDL) ein erfolgreicher Bürgermeister, dasselbe gilt für Aristotel Căncescu (USL/PNL) auf Kreisebene.

Die Fatalität der bestehenden Pattsituation wird zwar generell beklagt, das Erkennen des politischen Angebots des Forums als tatsächliche Alternative hat sich jedoch noch nicht in ausreichendem Maße durchgesetzt. Bemerkenswert diesbezüglich ist jedoch, dass das Forum in allen Stadtteilen und in allen Wahlbezirken mindestens 5 Prozent erhalten hat – eine einzige, vielleicht viel sagende Ausnahme gab es diesbezüglich nur zu verzeichnen: ein Wahlbezirk im Triaj hatte nur 0,7 Prozent für das Forum zu bieten. Das bedeutet, dass die Grundpositionen, für die das Forum in der Kommunalwahl eingetreten ist, bei Neu- und Altkronstädtern gleichermaßen angekommen sind – ein Verdienst, das eindeutig dem Engagement des Wahlkampfteams des Forums zu verdanken ist.

Man war sich nicht zu schade, das politische Angebot, für das man eintreten wollte, zu den Menschen in die Blockviertel zu tragen. Unkonventionelles Auftreten durch den Einsatz von Werbefahrrädern oder Blaskapellen – bald als Geheimwaffen des Forums apostrophiert – taten ein Übriges. Die historische Struktur der Stadt lässt sich ein Stück weit noch erkennen in den teilweise jenseits der 10 Prozent liegenden Wahlergebnisse etwa in der Inneren Stadt oder der Oberen Vorstadt – Ironie der Geschichte, just gegenüber dem Sitz der ehemaligen Securitate in der Angergasse, wo man sich einst abmühte, an vermeintlichen deutschen Nationalisten („problema naţionalişti germani“) möglichst drastische Exempel zu statuieren, wurde mit 17 Prozent das beste Ergebnis des Forums auf dem gesamten Stadtgebiet erzielt.

Es bleibt somit erstens festzustellen, dass die Präsenz der deutschen Minderheit und ihr Kulturerbe zu einem Faktor geworden sind, der in der gesamten Stadt wahrgenommen und geschätzt wird. Zweitens und anders als zu Beginn des Wahlkampfes forumsintern befürchtet sind bei einem entschlossen geführten Wahlkampf die zahlreichen Kronstädter mit Moldauer Wurzeln keine unerreichbaren Wähler.

Das Demokratische Forum der Deutschen ist mit 7,5 Prozent die drittstärkste politische Kraft Kronstadts geworden. Bei etwas mehr Geschlossenheit und Unterstützung hätte es für ein drittes Mandat reichen können. Denn unter den kleinen Parteien im Stadtrat, die nun ebenfalls je zwei Stadträte stellen, hat das Forum auf die populistische PP-DD einen Vorsprung von 2 Prozent und den Ungarnverband gar von 2,3 Prozent erzielen können. Fazit, ein Ergebnis, das für die deutsche Minderheit als einer Kraft, die gestalten möchte, zu einer Normalität werden sollte, ein Ergebnis, das zu Leistung verpflichtet, aber auch ein Ergebnis, aus dem man spätestens bei der nächsten Kommunalwahl mehr machen kann.