Das Bürgerspital (II)

Kronstadt um 1850

Der pensionierte Hauptmann Johann v. Seulen hatte nämlich am 30. April 1819 seinen in der Katharinengasse gelegenen Garten der Kommune zum Ankauf angetragen. indem er behauptete, an diesem Orte käme die vollständige Einrichtung eines Spitales auf 8.000 fl. während man zum Bau eines Krankenhauses in dem Stadthause in der Schwarzgasse 16,000 fl. benötigte. Die Kommunität war für diesen Bau sogleich eingenommen, der Magistrat war dagegen, und brachte abermals das Petkutz´sche Gebäude in Vorschlag. Der Comes, dem man diese Akten zur Entscheidung vorgelegt, lehnte jede Einmischung ab; und so wurden dieselben am 18. Nov. 1819 dem h. Gubernium zur Beschlussfassung unterbreitet. Hierauf tritt abermals eine Pause von 4 Jahren ein. Am 13. Dez. 1823 taucht in der Kommunität ein neuer Plan auf. Sie hatte sich wieder eine neue Stelle für den Spitalsbau ausgesucht, nämlich ein ganz verfallenes Stockhaus bei dem Rossmärkter Tor. Dies war schon der fünfte für das Krankenhaus bestimmte Platz. Um die Kosten des Baues zu decken, schlug die Kommunität die Erhebung von Abgaben für die in Kronstadt konsumierten geistigen Getränke vor (eine Alkoholsteuer!).


Eine zur Untersuchung dieses Ortes entsendete Kommission erklärte ihn für ungeeignet und sprach sich wieder für das Petkutz’sche Haus aus. Die Wahlbürgerschaft wies dieses schon mehrmals in Vorschlag gebrachte Haus anfangs zurück, endlich gab sie sich auch mit diesem zufrieden, indem sie es als provisorisches Spital herzurichten wünschte. Aber auch dies geschah nicht in nächster Zeit. Nun wurden bald von der Kommunität, bald vom h. Gubernium immer neue Vorschläge gemacht, um endlich doch die Mittel zur Gründung des sich immer nötiger erweisenden Spitales herbeizuschaffen. Das h. Gubernium bewilligte zwar die Einführung der Getränketaxe eben so wenig als es gestattete, die bei der ,,Bürger- Holzwirtschaft“ ersparten 12.000 fl. für das Spital zu verwenden; schlug aber vor, zum Zwecke des Spitalsbaues bei allen Bewohnern der Stadt und des Distriktes Geld zu sammeln. Die eingeleitete Sammlung hatte fast gar keinen Erfolg, hierauf bittet die Kommunität um die Genehmigung, die zur Errichtung des Spitales nötigen Ausgaben aus der Allodialkasse (der Stadtkasse) zu decken. Dagegen macht die Hofkanzlei wieder Einwendungen. (Es ist ein höchst unerquickliches Bild der Zerfahrenheit zwischen den einzelnen Behörden, in dem diese aus tausenderlei Bedenken zu keiner Entscheidung gelangen). Mittlerweile geht am Horizonte der zahllosen Pläne für Errichtung eines Spitales ein neuer Stern auf. Am 29. Nov. 1828 waren die Knaben des 31. Linien-Infanterie Regimentes aus dem als Erziehungshaus benutzten Stadthause in der Katharinengasse wegen der damals in Kronstadt aufgetretenen Pest nach Schässburg übersiedelt. Dieses leer gewordene Stadthaus hielt man nun für am meisten geeignet zur Einrichtung eines Spitales, schon deshalb, weil die Adaptierungsarbeiten nicht viele Kosten verursachen würden. Dies war schon der sechste Ort, den man für das Spital gefunden hatte. Eine Kommission (schon wieder!), welche dieses Stadthaus untersuchte, fand darin für 32 Betten Raum und empfahl es zur Herrichtung für ein Spital. Die Kommunität billigte am 26. August 1829 diese Anträge, zog die Herbeischaffung der nötigen Mittel in Betracht, besprach die Art und Weise der Einrichtung des Spitales, die Aufsicht über dasselbe, die Aufnahme und Verpflegung der Kranken. Am 5. Juli 1830 verlangte das Gubernium zuerst einen genauen Kostenüberschlag und einen Ausweis über die Möglichkeit, die Mittel zu beschaffen. Am 5. Januar 1831 erfolgte von Seite des Magistrates und der Kommunität dieser Ausweis, in welchem die Adaptierung des Erziehungshauses zum Spital auf 414 fl. und die Einrichtung auf 1432 fl. veranschlagt wurden. Diese Ausgaben sollten aus der Allodialkasse gedeckt werden. In der Anhoffnung der höheren Bewilligung hatte die Kommunität auch die Aufnahme von Kranken beschlossen, es wurden solche auch in der Tat aufgenommen und zu Beginn 1832 auch der Wollenwebermeister Mich. Schmidt zum Spitalsverwalter ernannt. Das Gubernium gab jedoch in seiner Zuschrift vom 25. April 1832 hiezu seine Einwilligung nicht, indem es mit Rücksicht auf die Bevölkerung von 24.000 Seelen dieses Spital für unzureichend erklärte. Darauf erfolgte von Seite der vielgeärgerten Bürgerschaft unterm 8. Juli 1832 die ebenso einfache, wie vernünftige Antwort, dass selbst ein unzulängliches Spital besser sei, als gar keines. Dies leuchtete auch höheren Ortes ein (!), freilich etwas spät; denn erst am 25. Feb. 1834 erfolgte endlich die Genehmigung zur Benutzung des Erziehungshauses als Spital, bis ein zweckmäßigeres eingerichtet würde. Zugleich wurden aber einige Ausstellungen an Plänen gemacht. Die in der gewünschten Weise veränderten Pläne wurden am 2. Sept. 1835 neuerdings vorgelegt und am 22. Juni 1836 erfolgte endlich die definitive Genehmigung derselben. Nun sollte man denken, dass die Adaptierungsarbeiten des Erziehungshauses zum Spital mit Ernst in Angriff genommen worden wären. Dies geschah aber nicht, es tauchte im Gegenteil im nächsten Jahre am 8. Nov. 1837 plötzlich wieder ein neuer Plan auf, indem die Kommunität den Platz vor dem alten Heiligleichnamsgässer Tor (Katharinentor) zur Errichtung eines Spitales warm empfahl, weil dort so viele Vorteile sich vereinigt fänden wie sonst nirgends. Also hatte man noch einen siebenten Platz (!) für das Spital ausgesucht. Von diesem Orte war übrigens weiter nicht die Rede.
(Wir sehen, wie der Amtsschimmel bis in die höchsten Stellen der damaligen Verwaltung gute und notwendige Lösungen immer wieder torpedierte.)

c) Eröffnung des Notspitales.
Am 22. Januar 1839 entschloss man sich endlich zur Ausführung der Adaptierungsarbeiten im Erziehungshause zu schreiten; ja, bevor diese in Angriff genommen wurden, eröffnete man daselbst das Krankenhaus schon am 1. Nov. 1839. Man hatte in 4 Zimmern 32 Betten (das entspricht 8 Betten pro Zimmer, in unseren heutigen staatlichen Krankenhäusern ist das immer noch der Standard) hergerichtet; die ärztliche Behandlung besorgte der jüngere Physicus (Stadtarzt). Die tägliche Verpflegung eines Kranken samt Arznei wurde für die 3 ersten Monate mit 1 - 2 kr. berechnet vom 1. Feb. 1840 an sollten die Arzneimittel für jeden Kranken von ihm oder seinen Angehörigen bezahlt werden; die Verpflegsgebühr aber wurde auf 8 kr. festgesetzt. Die Einrichtungen wurden jedoch in diesem provisorischen Spital auf das notwendigste beschränkt.

c) Abraham’ s Stiftungsurkunde.
Inzwischen traten die Bestrebungen wegen Errichtung eines definitiven Krankenhauses in eine neue Phase. Am 8. April 1839 hatte nämlich der Handelsmann und frühere Direktor der Stadtkapelle, Sam. Abraham, († am 23. April 1848), eine Stiftungsurkunde aufgesetzt, in welcher er alle seine Liegenschaften zu Gunsten eines zu errichtenden Krankenhauses unter gewissen Bedingungen bestimmte, wodurch endlich die Kommune zu einem ordentlichen Spital gelangte. Wie Abraham dazu kam, diese Urkunde auszustellen, teilten Jos. Barbenius und. Balth. Decker am 18. April 1839 in der Kommunität mit. Als diese beiden Männer vor einiger Zeit gehört hatten, dass Sam. Abraham sein in der Katharinengasse gelegenes Haus verkaufen wollt, erfuhren sie auf ihre nähern Erkundigungen, dass er außer diesem Hause auch alle seine andern Grundstücke für 14.000 fl. zu veräußern beabsichtige. Da nun dieses Haus ganz besonders zu einem Krankenhaus sich eigne, hatten sie im Namen der Kommune, obwohl ohne Ermächtigung dazu, für dasselbe und die andern Liegenschaften dem Eigentümer 10.000 fl. geboten. Er sei darauf nicht eingegangen, aber einige Wochen später habe er aus eigenem Antriebe ihnen den Vorschlag gemacht, er wolle alle seine Realitäten der Kommune überlassen, jedoch nur zum Zweck der Errichtung eines Krankenhauses, wenn ihm dafür 2.000 fl. gleich bar ausgezahlt und ihm ferner bis an sein Lebensende eine jährliche Rente von 800 fl. zugesichert würden. (Dieser Vorschlag war für die Stadt sehr günstig, da Abraham 1848, also 9 Jahre nach dem Abschluss starb, waren diese Raten zu 800 fl nur für diese Jahre zu zahlen, das heißt, dass die gesamte Erbschaft nur 2.000 +9 x 800 = 9.200 fl, also weniger als die angebotenen 10.000 fl gekostet hat.) Nun seien wieder einige Wochen vergangen, bis Abraham seine Bedingungen in einer Stiftungsurkunde genau niedergelegt und ihnen dieselbe am 12. April 1839 eingehändigt habe.

In dieser vom 8. April 1839 ausgestellten, von den Pfarrern aller Konfessionen in Kronstadt, den beiden Physici und dem Stadtwundarzt als Zeugen gefertigten Stiftungsurkunde nennt nach einer die Beweggründe dieser Stiftung erörternden Einleitung, Abraham folgende Güter und Grundstücke auf Kronstädter Gemarkung, die in das Eigentum der Kommune übergehen sollen:
1) Den Lustgarten in der oberen Vorstadt. zunächst dem Rossmärkter Stadttor, samt Wohngebäuden, Brunnen, Schopfen, Lusthäusern und einer Waschanstalt
2) Die ehemalige Wachsbleiche in der Vorstadt Blumenau mit einem einstöckigen Hause samt Garten, Scheune und Schopfen
3) Den Meierhof am Mühlenberg (auf dem Mühlenberg befinden sich heute Gebäude der Universität „Transilvania“), der Wachsbleiche gegenüber, in der Vorstadt Blumenau, samt Wohnhaus, Scheune, Stallung, dem Viehstall, Wagen, Ackergeräten und dem oberen Teil des Mühlberges von 5 Joch Ackerland und Gartengrund
4) Die Wiese zwischen dem Meierhof und der ehemaligen Wachsbleiche
5) Vier Joch Ackerland im Siebendörfer (heute „S˛cele“) Feld,
6) Drei Joch Ackerland im Mittelfeld
7) Drei Joch Ackerland im Neustädter Feld.

Die Bedingungen, unter denen Abraham diese Güter und Grundstücke in das Eigentum der Kommune überlässt, sind folgende:
1)Das Krankenhaus soll in dem Lustgarten vor dem Rossmärkter Tor erbaut und weder dieses noch die andern Grundstücke je zu einem andern Zwecke verwendet werden.
2) Die übrigen Liegenschaften sollen entweder verpachtet oder unter die Verwaltung des Krankenhauses gestellt, deren Einkünfte und Erträgnisse aber für mittellose und hilfsbedürftige Kranke im Krankenhaus verwendet werden.
3) Die Stadt Kronstadt, hat an Sam. Abraham die von ihm seit seiner Besitznahme auf Erbauung, Verbesserung und Erweiterung der obbeschriebenen Grundstücke verwendeten Unkosten per 2.000 fl. sogleich bei deren Übergabe bar auszuzahlen, überdies ihm lebenslänglich jährlich 800 fl. in halbjährigen Raten im Vorhinein, am 1. Nov. und am 1. Mai jeden Jahres, an seinem jeweiligen Aufenthaltsort innerhalb der Österreichischen Staaten kostenfrei auszuzahlen.
4.) Falls die Gemeinde Kronstadt diese Bedingungen nicht erfüllen und diese Güter und Grundstücke entweder teilweise oder im Ganzen zu einem andern Zwecke, als zu dem ihrer ausdrücklichen Widmung verwenden, oder ganz und gar vertauschen oder verkaufen sollte, so sei sie verpflichtet, dem Stifter und nach dessen Tode seinen gesetzlichen Erben, selbst im entferntesten Grade und in den entferntesten Zeiten eine Ablösungssumme von 10.000 fl. zu zahlen und solche dann als beliebiges Eigentum zu verwenden.
5) Im Falle der Annahme der Stiftung soll dem Stifter darüber eine von Magistrat und Kommunität im Namen der Gemeinde Kronstadt ausgestellte bestimmte Erklärung und Versicherung ausgestellt werden.
 

(Fortsetzung folgt)