„Das Richtige für die Stadt tun“

Erwin Albu wird als Zeidner Bürgermeisterkandidat von der PNL unterstütz t

Kirchturm und Museum der städtischen Traditionen im Zeidner Stadtzentrum Foto: der Verfasser

Erwin Albu im Gespräch mit Premierminister Ludovic Orban während dessen Kronstadt-Besuches Foto: privat

Ein radikaler Wandel und seine Erklärung


Der nicht nur auf lokaler Ebene bekannte Bürgeraktivist Erwin Albu tritt nun als Kandidat einer großen Partei, der Nationalliberalen Partei (PNL), für das Amt des Bürgermeisters seiner Heimatstadt Zeiden auf. Er selber trat recht erfolgreich 2012 als unabhängiger Kandidat ins Rennen um das Bürgermeisteramt und verlor knapp vor dem PNL-Kandidaten C²t²lin Muntean. Im Vorfeld der letzten Kommunalwahlen gründete er eine lokale Partei, die „Union für Zeiden“ (UPC) und kritisierte das Verhalten der großen Parteien. Dieselbe PNL zog es vor, nach dem überraschenden Rücktritt ihres Zeidner Bürgermeisters, mit den Sozialdemokraten eine Vereinbarung zu treffen, um Mihai Câmpeanu (PSD) mit allen Bürgermeistervollmachten zu akzeptieren, nur um damit Albus Wahl zu verhindern. Im Stadtrat Zeiden hat nämlich die PNL mit acht Plätzen die relative Mehrheit, vor den Sozialdemokraten und Liberaldemokraten (je vier Plätze) und der Wahlallianz UPC  - Deutsches Forum Zeiden (drei Plätze, wobei Octavian Bogdan das Forum vertritt). Heute ist Albu in besten Beziehungen zur selben PNL, tritt auf Pressekonferenzen mit deren Kronstädter Filiale-Chef auf, kann sogar mit Parteichef und Premierminister Ludovic Orban, während dessen Kronstadt-Besuch ein diskretes, ungestörtes Gespräch führen. Der einstige Bürgeraktivist, dessen Proteste ihm auch nicht geringe Strafgelder einbrachten, ist selber Teil des Systems geworden, das er früher abgelehnt hatte.


Das sei in der Tat ein Widerspruch, gibt Albu zu. Er sei aber froh, dass es dazu gekommen ist. Als Politiker habe man die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen und umzusetzen; als Bürgeraktivist sei man bemüht zu kämpfen, damit diese Entscheidungen hoffentlich in dem gewünschten Sinn beeinflusst werden. Albu hat die Lager gewechselt, könnte man ihm vorwerfen. Das sei nicht so, denn seine Ziele, seine Bestrebungen für seine Stadt, für die Mitbürger, für die Gesellschaft hätten sich nicht geändert. Er führe denselben Kampf fort, nur mit anderen Mitteln und nutze dabei die Vorteile, die eben die Unterstützung einer wichtigen Partei bieten kann. Ausschlaggebend sei „das Richtige zu tun“. Und wenn es nicht anders geht, dann werde er nicht zögern, gegebe-nenfalls wieder als Aktivist zu handeln.


Die Annäherung und die Zusammenarbeit mit PNL Kronstadt sei vor allem während der Präsidentenwahl vorangekommen, da PNL und UPC die Wiederwahl von Klaus Johannis zum Ziel hatten. Er habe auch die Kronstädter Vertreter der gegenwärtigen Regierungspartei von den meisten seiner Projekte überzeugen können, sagt er. Andrerseits ist sein Vertrauen in die PNL gewachsen, so dass in Zeiden, eine Zusammenarbeit zwischen dieser Partei und UPC als Lokalpartei denkbar sei, ähnlich wie in Hermannstadt, wo PNL und Forum gut zusammenarbeiten können. PNL unterstützt seine Kandidatur als Bürgermeister; das Deutsche Forum Zeiden (dessen Mitglied Albu wei-terhin ist) tut dasselbe, verzichtet also, laut Albu, auf einen eigenen Kandidaten. Ob die Allianz UPC – Deutsches Forum verlängert wird, wie die Kandidatenlisten auf dem Wahlzettel aussehen werden, dazu seien die letzten Entscheidungen noch nicht gefallen. Albu bezeichnet sein Verhältnis zu Forum, Zeidner Heimatortsgemeinschaft, evangelische Kirche als „sehr gut“ und versichert, dass er seine siebenbürgisch-sächsische Herkunft nicht vergessen werde  und für die Interessen und Werte dieser Minderheit stehe. Mit einem Wort: „Wir haben zusammengefunden“, sagt Albu und erklärt das mit mehr Verständnis füreinander und seiner-seits, warum nicht, mit mehr Erfahrung, mehr Vernunft, was ja die Jahre mit sich bringen.


Bestraft und bedroht


Erwin Albu (Jahrgang 1979) erfüllt zurzeit die Aufgaben eines stellvertretenden Bürgermeisters. Er ist viel unterwegs in Zeiden, trifft Leute, spricht mit ihnen, hört ihnen zu, greift persönlich ein. So zum Beispiel bei einer Baustelle, wo Nachbarn und Freunde die Folgen eines Brandes an einem Wohnhaus beseitigen. Oder indem er drei Personen tadelt, weil sie ihren Unrat einfach auf der Straße hinterlassen. Dass es dabei zu einer Auseinandersetzung kam und er sogar mit einem Messer bedroht wird, schüchtert ihn nicht ein. Ängstlich war er nie, als Draufgänger hält er sich nun eher zurück.
Seine Mitarbeiter im Bürgermeisteramt kennen ihn als anspruchsvoll und kritisch, kommen mit ihm als Vorgesetzten nun aber besser aus als zur Zeit, wo Albu die lautstarke kompromisslose Opposition verkörperte. 
Der Vizebürgermeister hat, wie anfangs erwähnt, noch Strafgelder zu begleichen, die ihm bei diversen älteren Protestaktionen von der Polizei aufgebrummt wurden. Dafür wird die Hälfte seines Vizebürgermeister-Gehalts abgezweigt – eine Tatsache, mit der er sich noch längere Zeit abzufinden hat. Über die vielen Arbeitsstunden im Dienste der Gemeinschaft, die er ebenfalls zu leisten hat, muss das Bürgermeisteramt noch entscheiden, wie das geschehen soll. 

Zum Teil ist diese „Strafmaßnahme“ bereits verjährt; außerdem ist Erwin Albu nicht der Beamte, der nach dem Achtstundenprogramm Feierabend macht; er ist oft von früh morgens bis spät abends für Zeidner Belange auf den Beinen, was auch viele auf facebook gepostete Videosequenzen seiner Helmkamera während seiner Radtouren dokumentieren. Außergewöhnlich, einmalig und den Rathaus-Juristen Kopfzerbrechen bereitend war das Angebot mancher Unterstützer von Albu, sich freiwillig und stellvertretend für ihn zu den vorgeschriebenen Arbeitsstunden im Dienste der Gemeinschaft zu stellen.


Zeidner Prioritäten


Von den zahlreichen Fragen, die in Zeiden auf Antworten warten und die bereits vor der Coronavirus-Pandemie zur Debatte standen, erwähnt Erwin Albu einige, die mehr oder weniger auch den Umweltschutz betreffen. Außer Arbeitsplätze, Unterricht, Gesundheit ist dieses Kapitel hervorragend wichtig in Sachen Lebensqualität dieser Burzenländer Stadt. Da wäre die Notwendigkeit einer Umgehungsstraße erstrangig. Die DN 1 führt mitten durch Zeiden, wobei allerdings der Lkw-Verkehr über die Neugasse abgewickelt wird. Abgase, Lärm, Schäden an den alten Häusern sind die Folge. Die erforderliche Machbarkeitsstudie für das Umgehungsstraßen-Projekt muss erneuert werden. Bereits 2009 gerieten die Kosten dieser Studie in einen Bereich von Millionen Euro. Die neue Studie, für deren Ausarbeitung noch kein Angebot erhalten werden konnte, fällt bedeutend teurer aus, was sich Zeiden, mit einem Gesamthaushalt, von rund 13 Millionen Euro/Jahr schlicht nicht leisten kann, ohne hohe Verschuldungen einzugehen. Albus Gegenkandidat will daher auch nur nach einem Referendum diesen Weg einschlagen und nicht allein einen diesbezüglichen Stadtratsbeschluss akzeptieren. Erwin Albu hofft auf eine Lösung, ähnlich wie sie für Neustadt und Rosenau gelten könnte, wo die Umgehung  dieser Ortschaften als Teil der zukünftigen Autobahnstrecke Predeal – Kronstadt entsteht. Wenn die Autobahn/Schnellbahn Hermannstadt – Kronstadt näher rückt, könnte deren Teil um Zeiden dieses Problem lösen. Hinzu kommt  noch die Anbindung an den zukünftigen Flughafen bei Weidenbach. Albu hofft auf Abberufung von EU-Mitteln, wobei auch Umweltschutzargumente vorgebracht werden könnten, sowie auf Regierungsgelder. Das angesprochene Referendum würde Albu als Bürgermeister eher in Bezug auf die Zukunft des Waldbades nutzen. Jeder Zeidner sollte sich äußern, wie mit diesem Problem umgegangen werden sollte, d.h. Prozess mit dem Käufer oder sich mit diesem an einen Tisch setzen und in offenen und konstruktiven Gesprächen nach einer gemeinsamen Lösung suchen. Wichtig sei für Zeiden, den beliebten Schulfestplatz als grüne Fläche zu erhalten und nicht in einen Baugrund zu verwandeln. Gegen die Zuteilung dieses Platzes (6 Hektar groß) als Baugrund für Wohnungen junger Familien hatte im Stadtrat seinerzeit UPC gestimmt mit dem Argument, es handle sich eher um „Machenschaften“ für die politische Klientel. Fehlende Transparenz, da die Zahl der Anträge nicht bekannt gegeben wurde, sowie die Tatsache, dass diese Flächen, wie es die Praxis bewies, sehr schnell, obwohl gesetzwidrig, veräußert werden, so dass nicht jene, die den Grund bebauen, auch jene sind, denen die Flächen zugesprochen wurden, waren dafür solide Argumente.


Eine große Herausforderung für die Zeidner Stadtverwaltung ist die Art und Weise, wie die Zeidner Wälder bewirtschaftet werden. Die Waldfläche beträgt fast 6000 Hektar. Rund 5000 davon sind im Besitz der Stadt und werden von deren eigenen Forstregie verwaltet. Albu sagt, dass es in Zeiden einen jährlich Bedarf an Bauholz und Brennholz zwischen 8000 und 10.000 Kubikmeter gibt, der auch gedeckt werden sollte, selbst wenn es auch Befürworter eines totalen Abholzungsverbot gibt.


Inzwischen hat Albu, der sich schon 2010 aktiv und erfolgreich für einen effektiven Waldschutz eingesetzt hatte, die von Fachleuten argumentierte Notwendigkeit vom Ausbau der Forststraßen-Infrastruktur anerkannt und akzeptiert. Oberstes Gebot bleibt eine nachhaltige Bewirtschaftung, durch die der Wald auch Einträge bringt, die für Kostenpunkte wie Verwaltung und Wache benötigt werden. Das neuste Problem entstand, als Romsilva als Verwalter der staatlichen Zeidner Wälder (einige Hunderte Hektar) bekannt gab, Abholzungen zu planen. Das vorgesehene Gebiet liegt links des Schulfestplatzes und nahe an dem Zeidner Stadtrand. Gegen solche Absichten wurde protestiert; Erwin Albu setzte sich anfangs erfolgreich für einen Tausch von Waldflächen ein, im Sinne, dass für die zur Abholzung vorgesehene Fläche eine andere im Besitz der Stadt befindliche Fläche angeboten wird. Das schien zu klappen, auch dank politischer Interventionen. Als aber bekannt wurde, dass Romsilva bereits eine Verpachtung der ursprünglichen Waldfläche unternimmt und die zu fällenden Bäume markiert wurden, war es für Albu zu viel. Wenn dort ein einziger Baum gefällt werde, dann trete er als Vizebürgermeister und Stadtrat zurück, kündigte er an. Dann werde er nicht zögern, wieder als Bürgeraktivist zu agieren. 
Vorläufig deutet aber vieles darauf hin, dass er eher Zeidner Bürgermeister werden könnte und von diesem Amt aus hoffentlich auch das Richtige für die Stadt berücksichtigen und umsetzen wird.