Der erste rumänische Raumfahrer

Der Lebenslauf von Dumitru-Dorin Prunariu in einem Buch von Annie Muscă

Dumitru Prunariu bei einer Autogrammstunde im Vorjahr in einer Kronstädter Buchhandlung. Foto: Ralf Sudrigian

Am 14. Mai 1981 startete vom Kosmodrom Baikonur das Raumschiff Soyuz 40 mit dem sowjetischen Raumfahrer Leonid Popow als Kommandanten und dem Rumänen Dumitru Prunariu als Kopiloten. Nach acht in der Raumstation Saljut 6 zusammen mit den Raumfahrern Wladimir Kowaljonok und und Viktor Sawinych verbrachten Tagen, kehrt die sowjetisch-rumänische Mannschaft erfolgreich zur Erde zurück. Rumänien konnte stolz auf seinen ersten Raumfahrer sein – der am 27. September 1952 in Kronstadt geborene Dumitru-Dorin Prunariu.

In der von Annie Muscă verfassten Biografie „Dumitru-Dorin Prunariu – Biografia unui cosmonaut“(Verlag Adevărul Holding, 2012, Bukarest) erfährt der Leser auch wissenschaftlich-technische Details dieses Flugs und seiner Vorbereitungen. Für einen breiteren Leserkreis ist jedoch die persönliche Geschichte des ersten Raumfahrers, seine Kindheit, sein Familien-Umfeld und seine Post-Astronauten-Laufbahn wahrscheinlich von noch größerem Interesse. Es ist ja bekannt, dass Prunariu seine Erfolge nicht entsprechend unter Ceauşescu feiern durfte, da er mit seiner historischen Leistung sogar den kommunistischen Staatschef, zumindest zeitweilig, in den Schatten stellen konnte. Als es um den Buchumschlag des gemeinsam mit Alexandru Stark 1982 erschienenen Bandes „La cinci minute după Cosmos“ ging, konnte kein Foto mit Prunariu erscheinen. Der Propaganda-Chef jener Zeit, Eugen Florescu, begründete es einfach: es müssten Ceauşescu-Fotos gebracht werden. Aber wenn der „Genosse“ („Tovarăşul“) erscheine, dann müssten auch Breschnjew-Bilder ins Buch kommen. Und das würde Ceauşescu gar nicht passen. Also keiner von beiden und keine Fotos überhaupt. Für den Buchumschlag wurde dann ein von Prunariu im Weltall geknipster Sonnenaufgang gewählt.

Solche und ähnliche Details lockern das Buch auf, machen es leicht lesbar. Wo Prunariu direkt zu Wort kommt, wird das mit Abschnitten in Kursivschrift hervorgehoben. Interessant sind außer den frühen Kindheitserinnerungen in einem Kronstadt, das noch Oraşul Stalin hieß, auch die Zeit in dem Gagarin-Trainingszentrum, 40km südöstlich von Moskau, praktisch ein militärisches Sperrgebiet mit strikten Regeln, aber auch die internationale Laufbahn von Prunariu. 2004 wurde er zum Botschafter Rumäniens in Russland ernannt; Präsident Băsescu ruft ihn überraschend nach nur einem Jahr zurück, angeblich, weil er einen erfahrenen Karrierediplomaten in der russischen Hauptstadt brauchen würde und weil ihm Einzelheiten zum Transnistrien-Problem fehlten... Heute ist der erste und einzige rumänische Raumfahrer Ehrenmitglied der Rumänischen Akademie. Seit 2011 ist er Vorsitzender des Vereins der Weltall-Forscher, ein Verein der 350 Astronauten aus 35 Staaten zusammenbringt.In der Zeitspanne 2010-2012 war Prunariu auch Vorsitzender des UN-Ausschusses für friedliche Nutzung des extra-atmosphärischen Raumes.

In dem reich bebilderten rund 300 Seiten starken Band sind auch die Erinnerungen an den Raumfahrtpionier Hermann Oberth sehr interessant. Die Bekanntschaft zwischen Prunariu und Oberth wurde über den ehemaligen KR-Redakteuren Hans Barth, der bedeutendste Oberth-Biograf, vermittelt. Die beiden haben sich mehrmals getroffen. Das erste Mal 1982 in Moskau, bei einer Tagung anlässlich des 25-Jahre-Jubiläums seit dem Start des ersten künstlichen Satelliten. Prunariu, in rumänischer Fliegeruniform, sprach über seinen Raumflug, ging aber auch auf die Pionierleistungen des in Siebenbürgen geborenen Oberth ein. Es gab Gemurmel im Saal – für die meisten der Anwesenden war es eine Überraschung – denn Oberth galt allgemein als deutscher Wissenschaftler. Prunariu erinnert sich: „Dann erhob sich Hermann Oberth von seinem Platz im Saal, kam zu mir auf die Bühne, schüttelte mir die Hand und sagte mir auf rumänisch: ‘Vă mulţumesc, domnule căpitan!’. In jenem Augenblick wurde es sehr ruhig im Saal. Alle hatten verstanden, dass meine Behauptungen der Wahrheit entsprachen und dass der deutsche Wissenschaftler eigentlich ein Siebenbürger Sachse war.“ Prunariu war maßgeblich nach 1989 beteiligt, mit Hilfe von Hans Barth und dem Mediascher Bürgermeister Dionisie Bucur, im ehemaligen Mediascher Haus der Familie Oberth ein Gedenkhaus für den siebenbürgischen Raumpionier einzurichten. Es wurde 1994 zum 100. Geburtstag von Oberth feierlich eröffnet.